Die Weinbranche in Württemberg steckt in der Krise: Der Weinabsatz ist rückläufig, die Produktionskosten sind hoch, billige Weine aus dem Ausland machen Konkurrenz. In Weinsberg (Kreis Heilbronn) haben sich am Mittwoch Weingärtner zur 71. Württembergischen Weinbautagung getroffen, um nach Lösungen zu suchen.
Mehr Wein in den Export?
Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) will mehr Württemberger Wein im Ausland verkaufen. Es brauche hier neue Exportstrategien. Aktuell werde unter einem Prozent exportiert, so der Minister. Er forderte zudem Verbraucher auf, bewusst mehr heimischen Wein zu kaufen. Mittlerweile sei nicht einmal mehr jede zweite Weinflasche, die getrunken werde, aus Deutschland, so Hauk.
Die Weinbranche stehe vor größten Herausforderungen, so der Minister. Und das nicht aus eigenem Verschulden. "Der Weinabsatz ist drastisch gesunken zum einen, zum anderen haben sich die Kosten explosionsartig entwickelt in den letzten zwei bis drei Jahren", betont Peter Hauk.
Was hilft aus der Krise?
Die Stimmung beim Weinbautag in Weinsberg war spürbar gedrückt. Was hilft aus der Krise? Weniger produzieren, Flächen stilllegen, mehr Export, Kosten senken - all das wird intensiv diskutiert. Fest steht: Die Zukunft des Weinbaus zu sichern - das wird keine leichte Aufgabe in den nächsten Jahren.
Pro-Kopf-Weinkonsum sinkt
Es sind gleich mehrere Entwicklungen, die den heimischen Weingärtnerinnen und Weingärtnern enorme Probleme machen. So wird zum einen weniger Wein konsumiert: Pro Kopf ist im vergangenen Weinwirtschaftsjahr laut Deutschem Weininstitut (DWI) ungefähr eine Flasche Wein pro Person weniger getrunken worden. Der durchschnittliche Weinkonsum sank im Jahresvergleich von 19,9 auf 19,2 Liter. Das vergangene Weinwirtschaftsjahr ging von August 2022 bis Ende Juli 2023.
Das Geld sitzt bei Verbrauchern in Inflationszeiten nicht mehr so locker. Hinzu kommt der Trend, dass auch aus Gesundheitsaspekten heraus weniger Alkohol getrunken wird, vor allem von jüngeren Menschen. Alkoholfreie Weine liegen hingegen im Trend. Das Angebot in diesem Segment wächst.
Überschüssiger Wein und hohe Kosten
Der Absatz von deutschem Wein ist zuletzt um gut zehn Prozent eingebrochen. Verbraucherinnen und Verbraucher hatten im Handel viel häufiger zu günstigen Weinen aus dem Ausland gegriffen. Im November machte die Nachricht Schlagzeilen, dass auch Württemberger Winzer einen Teil ihres gelagerten, überschüssigen Rotweins zu Industriealkohol brennen lassen, aus dem etwa Desinfektionsmittel hergestellt werden kann. Finanziell ist das aber nicht lukrativ. Die Betriebskosten für die Weinbaubetriebe sind unverändert hoch, was etwa Materialien, Flaschen, Kartonagen, Pflanzenschutzmittel, Energie oder Treibstoffe betrifft.
Viel Arbeit, wenig Gewinn
Weingärtner Siegfried Schmidt aus Obersulm-Weiler (Kreis Heilbronn) ist seit Jahrzehnten mit Leidenschaft Weingärtner. Er bewirtschaftet gut fünf Hektar Rebflächen. Die Trauben liefert er an die Genossenschaft ab. Was er an Traubengeld ausbezahlt bekommt, sei die vergangenen Jahre aber immer weniger geworden, so Schmidt. Bis alle Ausgaben und Kosten gedeckt sind, bliebe ihm als Weingärtner "nicht mehr viel unterm Strich" übrig.
Der Strukturwandel wird inzwischen sprichwörtlich in den Weinbergen auch rund um Obersulm-Weiler sichtbar. Es gibt immer mehr einzelnen Parzellen, die brach liegen und teils versteppen. Herausgerissene Rebstöcke liegen zum Teil noch aufeinandergestapelt am Rand. Der Weinbauverband Württemberg rechnet bis 2030 mit einem "signifikanten Rückgang" der Rebflächen.
Schwere Situation für Weingärtner
Weingärtner Schmidt hat etwa mitbekommen, dass ein junger Kollege einen Betrieb mit 20 Hektar aufgegeben hat. Er habe versucht, die Weinberge wieder zu verpachten - diese am Markt unterzubringen, sei aber aktuell schwierig. "Jeder sagt, ich bin mal vorsichtig", so Schmidt. Er selbst hat im vergangenen Jahr allerdings noch einen eigenen Weinberg neu bepflanzt. Die Kosten allein dafür lagen bei rund 40.000 Euro. "Diesen Betrag muss ich aber erst mal wieder erwirtschaften."
Siegfried Schmidt ist froh, dass er neben Wein auch noch Streuobstwiesen hat. Er stellt auch selbst Schnaps her, den er vor Ort verkauft. Außerdem hat er seit vielen Jahren einen Job bei einem Autobauer, der das Haupteinkommen der Familie sichert. Den Rebschnitt und die Arbeiten im Weinberg stemmt Schmidt zusammen mit seiner Frau oder mit Kräften aus der Familie.
Mehr Bewusstsein für heimischen Wein
Was aus der Krise helfen würde? Weingärtner Schmidt hat da auch kein Patentrezept parat. Allerdings würde er sich wünschen, dass die Menschen viel bewusster in Geschäften oder im Handel zu heimischem Wein greifen. "Schützen durch Nützen", so sein Motto. Wenn mehr regionaler statt ausländischem Wein verkauft werde, dann gehe es den heimischen Weinerzeugern vielleicht auch mal wieder besser, so seine Hoffnung.