Wer am Dienstagvormittag in und um Weinsberg (Kreis Heilbronn) mit dem Auto unterwegs war, musste nicht nur Geduld und Sitzfleisch sondern auch ordentlich Zeit mitbringen. Der Schemelsbergtunnel, die Umgehung der Stadt, ist gesperrt. Die Folge: mehr Verkehr, der durch die Stadt und dort vor allem durch die Hauptstraße fließt. Damit nicht genug: In der Nacht hat es auf der A81, die direkt an Weinsberg vorbeiführt, einen schweren Lkw-Unfall gegeben. Die Autobahn war bis in den Morgen in Richtung Stuttgart gesperrt - das Verkehrschaos in Weinsberg vorprogrammiert. Immer wieder ist Weinsberg vom Verkehr geplagt, da die Stadt bei einer Sperrung des Tunnels oder einem Stau auf den umliegenden Autobahnen auf der Hauptausweich-Strecke liegt. Die Meinungen über die Staus und den vielen Verkehr dort gehen auseinander.
Im Januar soll der Schemelsbergtunnel für längere Zeit gesperrt werden - mal wieder. Schon davor kommen viele Fragen im Rathaus auf. Doch Bürgermeisterin Birgit Hannemann (CDU) bleibt zuversichtlich, dass es 2025 kein solches Verkehrschaos in Weinsberg geben wird wie am Dienstag.
Andere Kundschaft, andere Meinung
Die Hauptstraße ist eine der wichtigen Durchgangstrassen - hier schlängelt sich der Verkehr durch. Ob dortige Händlerinnen und Händler die Staus - wie am Dienstagmorgen - als Vor- oder Nachteil sehen, scheint auf die Art ihrer Kundschaft anzukommen. So berichtet beispielsweise Silke Bendschneider-Zurbel, die beim Modehaus Strobel arbeitet, dass sich gerade ein gesperrter Schemelsbergtunnel positiv auf das Geschäft auswirken kann. Denn dann müssen die Leute durch die Stadt und zwangsläufig an dem Geschäft vorbei. So seien schon neue Kundinnen und Kunden auf den Laden aufmerksam geworden, woraus zum Teil sogar Stammkundschaft geworden sei, berichtet Bendschneider-Zurbel.
Ähnlich sieht es Sabine Duyar in einem Versicherungs-Büro schräg gegenüber. Wenn die Leute mal durch die Stadt und dann noch vor ihrem Schaufenster stehen bleiben müssen, sei das kostenlose Werbung für das Unternehmen.
Arbeiten an der Fahrbahn bis in den Nachmittag 400 Liter Diesel bei Lkw-Unfall auf der A81 bei Untergruppenbach ausgelaufen
Auf der A81 in Richtung Stuttgart ist es am frühen Dienstagmorgen bei Untergruppenbach zu einem schweren Unfall gekommen. Der Verkehr staut sich weiterhin.
Aufreger ist der Verkehr dagegen bei der Bäckerei Hönnige wenige Häuser weiter. Die Angestellte Monika Sprenger sagt, für das Geschäft ist ein solches Verkehrschaos wie am Dienstag schlecht. Die Bäckerei profitiere vor allem von Laufkundschaft, von Leuten, die auf dem Weg zur Arbeit mal eben noch kurz beim Bäcker halten. Die nächsten Parkplätze sind ein gutes Stück entfernt "und für eine Brezel fährt ja keiner da hoch auf den Parkplatz", berichtet Sprenger aus ihrer Erfahrung.
Bürgerinnen und Bürger sind genervt
Die Meinung der Bürgerinnen und Bürger Weinsbergs ist dagegen relativ eindeutig: Die Leute sind genervt. Zum vielen Verkehr und den fast schon regelmäßigen Staus kämen auch noch schlechte Straßen hinzu, sagt Hans-Jürgen Stegeman dem SWR. Er wohnt in der Haller Straße, der Verlängerung der Hauptstraße, und bekommt dadurch alles mit, was an Verkehr durch Weinsberg fließt. Wenn die Autos nicht stehen, dann rattern sie über den - aus seiner Sicht - schlechten Straßenbelag. "Im Sommer versteht man auf dem Balkon sein eigenes Wort nicht mehr", erklärt Stegeman.
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Während das Modehaus den Verkehr durchaus positiv bewertet, hat Silke Bendschneider-Zurbel durchaus auch die Sicht als Weinsberger Bürgerin auf das Geschehen - und kennt die Nachteile. "Es nervt einfach", sagt sie - immer wieder Umleitungen fahren zu müssen oder in der eigenen Stadt 45 Minuten zu brauchen, um von der einen auf die andere Seite zu kommen: "eine Zumutung".
Schemelsbergtunnel für ein Jahr gesperrt: Bürgermeisterin bleibt zuversichtlich
Im Nächsten Jahr soll der Schemelsbergtunnel dann komplett gesperrt sein, um beispielsweise neue Rettungswege zu installieren. Viele stellen sich in Weinsberg schon jetzt die Frage, wie das werden wird. Bürgermeisterin Birgit Hannemann ist optimistisch, dass es nicht so schlimm werden wird, wie am Dienstag. So ein Chaos habe sie in ihrer bislang einjährigen Amtszeit noch nicht erlebt.
Rettungsstollen in BW werden nachgerüstet Fluchtweg für den Schemelsbergtunnel: Mehr Sicherheit für den Extremfall
Als einer der letzten Bundesstraßentunnel im Land bekommt der Schemelsbergtunnel einen Rettungsstollen. Er dient als Fluchtmöglichkeit, um sich auch vor Rauch zu schützen.
Für die Bauarbeiten im Schemelsbergtunnel im kommenden Jahr sind bereits Umleitungs- und Ausweichsstrecken vorbereitet. Beispielsweise Abbiegespuren verlängert oder auch Ampelschaltungen angepasst, um mehr Platz für Autos zu schaffen und den Verkehr am Fließen zu halten.
Dennoch kommen auch schon jetzt Beschwerden aus der Bürgerschaft bei Hannemann an und auch im kommenden Jahr glaubt sie, "da wird sicherlich der Beschwerde-Mail-Kasten volllaufen". Situationen wie beim Unfall zeigten aber auch, wie sehr der Tunnel die Stadt entlaste, wenn er eben funktioniert, weshalb sie die Baumaßnahmen im kommenden Jahr positiv sieht.