Beim Sportfachhändler-Verbund INTERSPORT aus Heilbronn sieht man chinesische Online-Shops wie Temu oder SHEIN als "Bedrohung", wie es Vorstandsvorsitzender Alexander von Preen formuliert. Sein Vorwurf dabei: Die Shops führen Produkte in den europäischen Binnenmarkt ein, die weder den Qualitäts- noch Umweltstandards entsprechen. Von Preen wirft der Politik vor, den Binnenmarkt nicht ausreichend zu schützen.
Auch aktuell ist die Shopping-Plattform Temu im Visier der Bundesregierung. Der Vorwurf: Manipulative Kaufanreize, beispielsweise durch Rabatt-Countdowns oder "Glücksräder", die vermeintlich hohe Rabatte und Schnäppchen suggerieren würden. Der Verbraucherschutz warnt ebenfalls.
Kontrollen übernimmt die Marktüberwachungsbehörde
Gibt es einen entsprechenden Verdacht, dass eine eingeführte Ware nicht den EU-Vorschriften entspricht, hält der Zoll die Sendung an und informiert die für Baden-Württemberg zuständige Marktüberwachungsbehörde. Hier wird geprüft, ob die verdächtigen Produkte die notwendigen Kriterien erfüllen.
In einer Stellungnahme heißt es hier, dass "Produkte, die über Online-Marktplätze vertrieben werden, höhere Mängelquoten aufweisen als bei Waren, die im Präsenzhandel angeboten werden." Allerdings gibt es keine eigene Statistik, ob Waren beispielsweise von Temu häufiger vertreten sind. Kontrolliert werden außerdem nur Stichproben.
Viele Mängel - und auch Fälschungen
Die Mängelliste ist lang: Laserschutzbrillen, bei denen die Messungen zeigen, dass sie gar nicht vor Laserlicht schützen. Kletterseile und Karabiner ohne Prüfnachweise. Elektrogeräte ohne passenden Stromanschluss, Modeschmuck, der zu viel Blei oder Kadmium enthält. Oder die formalen Anforderungen werden nicht erfüllt: Keine Anleitung in deutscher Sprache, fehlende Angaben über den Hersteller oder einen Ansprechpartner - oder die angegeben Daten sind schlicht und ergreifend falsch.
Für INTERSPORT geht es dabei um Produkte aus dem gesamten Sortiment: Plagiate von Schuhen oder Kleidungsstücke, die mit Farben behandelt wurden, die nicht den europäischen Standards entsprechen. Auch qualitativ minderwertige Sportgeräte sind dabei. Für den Kunden sei nicht immer ersichtlich, dass es sich um eine Fälschung handelt. Das stelle sich dann heraus, wenn das Produkt hierzulande umgetauscht werden soll, berichtet von Preen.
Temu betont eigene Kontrollen
Bei der europäischen Pressestelle von Temu heißt es, es gebe umfangreiche Kontrollen, um die EU-Vorschriften zu erfüllen. Das beginne bei der Überprüfung der Verkäufer, die Vereinbarungen zur Produktsicherheit unterzeichnen müssen. Außerdem müssen die Verkäufer für ihre Produkte Prüfberichte und Zertifizierungen einreichen. Es gebe auch Stichproben, um zu kontrollieren, ob die physische Beschaffenheit der Produkte tatsächlich mit den Angaben übereinstimmt.
Bestehe der Verdacht, dass die Produkte die Anforderungen nicht erfüllen, entferne man diese aus dem Shop, heißt es von Temu. Dazu arbeite man auch mit den Behörden und Verbrauchergruppen zusammen. Eine Sperrliste soll verhindern, dass problematische Verkäufer erneut auf der Plattform auftauchen.
Verbraucherzentrale: Beschwerden ähneln sich
Bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg beobachtet man sehr viele Beschwerden über chinesische Shops, die sich ähneln. Zwar gibt Oliver Butler von der Verbraucherzentrale zu bedenken: Günstig heiße nicht automatisch, dass ein Produkt auch schlecht sei. Aber auf Verkaufsplattformen wie Temu, wo es verschiedenste Verkäufer gibt - wie es auch bei Amazon oder Alibaba der Fall ist, sei verstärkt zu beobachten, dass neben falschen Beschriftungen und Beschreibungen Kennzeichnungen fehlen oder gefälscht seien.
Neue Produktsicherheitsverordnung soll helfen
Eine Verbesserung sei in Sicht, heißt es von der Marktüberwachungsbehörde. Ende des Jahres tritt nach einer Übergangszeit eine neue Produktsicherheitsverordnung in Kraft. Dann gelten neue Kriterien, ob ein Produkt als sicher gilt und es gibt auch zusätzliche Pflichten für den Hersteller. Trotzdem heißt es aber: Wichtig seien vor allem Kontrollen - die allerdings sehr aufwendig sind.
Für den INTERSPORT-CEO ist das jedoch zu wenig - und kommt auch zu spät. Durch die ungeheure Anzahl an verschickten Paketen zähle jeder Monat, um den Schaden für den Einzelhandel und auch für den Konsumenten zu begrenzen.