In den Flüssen und Bächen in Baden-Württemberg sind fast überall Medikamentenrückstände nachzuweisen. Höhere Konzentrationen gibt es zum Beispiel von Diclofenac oder Röntgenkontrastmitteln. Landesumweltministerin Theka Walker (Grüne) will deshalb Kläranlagen aufrüsten, damit diese mehr solcher Stoffe herausfiltern können. Bislang sind in Baden-Württemberg 25 Klärwerke mit einer entsprechenden vierten Reinigungsstufe ausgestattet, weitere 27 befinden sich im Bau oder sind in Planung. Unter den ersten 15 war die Kläranlage in Öhringen (Hohenlohekreis).
Einmal jährlich werden zehn typische Medikamentenrückstände im Abwasser rund um Öhringen gemessen. Im Schnitt gelingt es, 90 Prozent der Medikamentenrückstände aus dem Abwasser zu filtern, sagt Monika Pfau von der Stadt. Die moderne Pulveraktivkohle-Absorptionsanlage ging 2016 in Betrieb. Seitdem gehört die Kläranlage laut Stadt zu den zehn besten im Land.
Universität Stuttgart: Neue Filterung in Öhringen läuft sehr stabil
Das Kompetenzzentrum Spurenstoffe BW (KomS) an der Universität Stuttgart unterstützt und berät Kommunen. Aufgabe ist es auch zu überwachen, ob die eingesetzte Technik stabil läuft. In Öhringen sei der Betrieb sehr stabil, sagt die Leiterin des Zentrums Marie Launay zu den Erfahrungen.
Sinnvoll sind solche Anlagen vor allem dann, wenn relativ große Klärwerke in kleine Gewässer einleiten. So wie zum Beispiel im Fall der Ohrn, die durch Öhringen fließt.
Bundesweites Interesse am Wasserfilter für Medikamente
Regelmäßig kommen seit der Inbetriebnahme Gruppen aus ganz Deutschland nach Öhringen, die sich die Spurenstoffelimination erklären lassen. Meist von Gemeinden, die überlegen, sich auch so eine Anlage anzuschaffen, sagt Stadtsprecherin Pfau. Die Investitionen sind mitunter beträchtlich, in Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis) waren es zuletzt fast 31 Millionen Euro für den Bau einer vierten Reinigungsstufe. Die größte Anlage dieser Art im Land steht zurzeit in Karlsruhe und hat rund 70 Millionen Euro gekostet.
Prinzipiell könne eine vierte Reinigungsstufe in jeder Kläranlage eingesetzt werden, sagt Marie Launay. Der Einbau ist noch freiwillig. Sie rechnet aber damit, dass die EU diesen vor allem bei großen Klärwerken in Zukunft verpflichtend macht. Wobei es nicht wirtschaftlich sei, jede Kläranlage aufzurüsten, so Launay. Deshalb habe die Landesregierung in Baden-Württemberg 125, der insgesamt knapp 900 Kläranlagen dafür priorisiert.