Klettern die Temperaturen morgens schon nach oben, ist es den Schulen im Land freigestellt, Hitzefrei zu verkünden. In Baden-Württemberg machen einige Schulen bereits davon Gebrauch - so zum Beispiel das katholische Bildungszentrum St. Kilian in Heilbronn. Andere wiederum verzichten darauf.
Was viele Schülerinnen und Schüler aber freut, "geht oftmals zu Lasten des Unterrichts", so die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Einer der Gründe für Hitzefrei seien vor allem die baulichen Missstände an den Schulen, sagte der Heilbronner Kreisvorstand Harald Schröder dem SWR.
GEW: Schulen oft in baulich schlechtem Zustand
Voraussetzung für einen hitzefreien Tag ist am Heilbronner Bildungszentrum St. Kilian, dass um 10 Uhr 25 Grad im Schatten gemessen werden, sagt Andrea Trunzer, Schulleiterin der Grundschule. Der landesweite Richtwert liegt bei 25 Grad um 11 Uhr. Ob es dann wirklich Hitzefrei gibt, liege ganz im Ermessen der jeweiligen Schule, erklärt Volker Dörfler vom Staatlichen Schulamt Heilbronn.
Und - Hitzefrei sei auch abhängig vom baulichen Zustand des Schulgebäudes, ergänzt seine Kollegin Bettina Hey vom Schulamt in Künzelsau (Hohenlohekreis). Gerade deshalb fordert GEW-Kreisvorstand Harald Schröder aus Weinsberg (Kreis Heilbronn), endlich an vielen Schulen im Land die notwendigen Sanierungsarbeiten voranzubringen. Das müsse angegangen werden, sagte er. Wenn diese baulichen Voraussetzungen endlich geschaffen würden, müsse auch nicht mehr so oft Hitzefrei gegeben werden.
Landes-GEW bemängelt "milliardenschweren Sanierungsstau an Schulen"
Die Landes-GEW gibt Schröder Recht: "Wir haben bundesweit einen milliardenschweren Sanierungsstau an Schulen", so Geschäftsführer Matthias Schneider auf SWR-Anfrage. Vor allem bedarf es einer Reform der Schuldenbremse, um notwendige Investitionen anpacken zu können. "Nicht schließende Fenster, keine oder defekte Beschattungsmöglichkeiten, etc. sind Beispiele aus Schulen, von denen wir immer hören", sagte Schneider.
Ohne Unterstützung durch die Landesregierung werde das mit dem Ende des Sanierungsstaus nichts werden, betonte auch GEW-Landeschefin Monika Stein im SWR. Es könne nicht sein, dass es davon abhänge, "ob die Kommune arm oder reich ist, ob ein Kind sicher lernen kann oder nicht", sagte sie.
Ganztagsbetreuung muss gewährleistet sein
An der Elly-Heuss-Knapp Gemeinschaftsschule in Heilbronn ist Hitzefrei keine Option. Nicht, weil es dort nicht auch heiß wäre - gerade in den provisorischen Container-Klassenzimmern ist es immer sehr warm, monierten Schülerinnen und Schüler schon im vergangenen Sommer.
Da die Schule eine Gesamtschule ist, muss sie aber eine ganztägige Betreuung bis zum Nachmittag gewährleisten. Darauf müssen sich Eltern verlassen können, so Schulleiterin Dorothea Piontek. Dennoch versuche man, bei Hitze individuelle Lösungen mit den Eltern zu finden, sodass das jeweilige Kind früher heim könne.
Schwitzen in der Oberstufe
Hitzefrei gibt es laut GEW nicht für berufliche Schulen, ebenso wenig für die gymnasiale Oberstufe. In weiterführenden Schulen, zum Beispiel im Main-Tauber-Kreis, wird oft ganz darauf verzichtet. Zusätzliche Fehlstunden wären schließlich bei ohnehin dünner Personaldecke ein heißes Thema, müssen die Einrichtungen doch Schülerinnen und Schüler zum jeweiligen Abschluss führen. So sind zum Beispiel am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium in Heilbronn derzeit mündliche Abitur-Prüfungen.
Im katholischen Bildungszentrum St. Kilian in Heilbronn "gibt es eine tolle Sache", verrät Schulleiterin Andrea Trunzer. Denn per Lautsprecher wird in der Grundschule verkündet: "Hitzefrei! Und die Schulleitung spricht dann - und dann ist ein Jubel im ganzen Haus zu hören."
Schulleiterin: Kein Kind wird vor die Schultür gesetzt
Die Schülerinnen und Schüler freut es, einfach früher heimzudürfen. Eltern hingegen erfahren oftmals sehr kurzfristig per Schul-Messenger oder E-Mail von der Tatsache, dass die Kinder früher heimkommen. "Eine Herausforderung", sagt eine Mama aus Heilbronn, "die es zu meistern gilt".
Früher Feierabend machen muss allerdings niemand, beruhigt Schulleiterin Andrea Trunzer in Heilbronn: "Wer sein Kind nicht früher abholen kann, der darf sich sicher sein, dass sein Kind bis zum normalen Betreuungsende versorgt ist."