Mehr als dreieinhalb Jahre nach dem ersten Lockdown machen die Folgen der Corona-Pandemie den Friseuren immer noch schwer zu schaffen. Das spürt auch Volker Baumann aus Tauberbischofsheim (Main-Tauber-Kreis). Er hat sich der "Initiative Friseure für Gerechtigkeit" angeschlossen und tritt als Musterkläger in Baden-Württemberg auf. Insgesamt seien es momentan schwierige Zeiten im Friseurhandwerk, man trage einen "Sorgen-Rucksack" mit sich herum, sagt Baumann und verweist auf gestiegene Energiepreise, Inflation, ein verändertes Kundenverhalten und die Tariflohnerhöhung - viele Betriebe seien am Limit.
Michaela Hammer, Obermeisterin der Friseurinnung Main-Tauber-Kreis, spricht von einer "existenzbedrohenden Lage" bei einigen. Viele müssten ihre staatlichen Corona-Hilfen vollständig zurückbezahlen, weil ihr Widerspruch jetzt abgelehnt wurde. Auch die Friseurin aus Grünsfeld (Main-Tauber-Kreis) will vor dem Verwaltungsgericht klagen.
Tag- und Nachtarbeit wurde zum Verhängnis
9.000 Euro Corona-Soforthilfe hat der Tauberbischofsheimer Friseur bekommen, das war der Maximalbetrag für Solo-Selbstständige und kleine Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten. Die Beträge waren gestaffelt: Größere Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitenden erhielten bis zu 30.000 Euro. Dass er das Geld nun komplett zurückzahlen soll, will Baumann nicht hinnehmen: "Es hat damals geheißen, diese einmalige Zahlung müsse nicht zurückgezahlt werden."
Doch die Corona-Soforthilfe wurde für die drei Monate nach Antragstellung gezahlt, nicht nach Lockdown-Beginn. Das ist der Knackpunkt. Da sei die falsche Zeit betrachtet worden, meint Michaela Hammer. Dass die Friseure in den ersten Wochen nach Wiedereröffnung fast Tag und Nacht gearbeitet hätten, um allen Kunden gerecht zu werden, sei ihnen im Nachhinein zum Verhängnis geworden. "Es wäre fair gewesen, es auf das ganze Jahr zu berechnen", sagt die Friseurin.
Einige ihrer Kolleginnen und Kollegen stünden mit dem Rücken zur Wand, seien am Limit, wüssten nicht, wie sie die Rückzahlungen leisten sollen, berichtet die Innungsobermeisterin. Denn ohnehin leide die Friseurbranche noch stark unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Die Intervalle für Friseurbesuche seien größer geworden, Frauen würden verstärkt auf Farbe verzichten, Männer hätten sich teilweise Haarschneider gekauft und kämen gar nicht mehr. Gleichzeitig seien die Ausgaben gestiegen, beispielsweise durch den erhöhten Tariflohn. "Um gut existieren zu können, müssten wir all die Kosten auf den Kunden umlegen", sagt sie. Aber: Ist der Kunde bereit, für den Friseurbesuch tiefer in die Tasche zu greifen?
Auch bei Michaela Hammer kam dieser Tage ein gelber Brief an - eine förmliche Zustellung. Auch ihr Widerspruch gegen die Corona-Rückzahlung ist abgelehnt worden. Doch die Grünsfelderin kämpft weiter, geht den Klageweg: "Wenn wir uns nie wehren, dann kriegen wir auch nie Aufmerksamkeit von der Politik". Ihr Kollege aus Tauberbischofsheim, Volker Baumann, ist vom Erfolg überzeugt. Schließlich hätten Unternehmer in anderen Bundesländern wie beispielsweise in Nordrhein-Westfalen vor Gericht bereits Recht bekommen.