So manche Mühle blickt auf eine jahrhundertealte Geschichte zurück. Darunter leidet auch die Vorstellung vom Beruf des Müllers und der Müllerin. Viele hätten noch das historische Bild vom Müller mit der Zipfelmütze, der schwere Säcke schleppen muss, im Kopf, sagt Christopher Rubin, Vorsitzender des Baden-Württembergischen Müllerbundes. Dabei sei der Beruf des "Verfahrenstechnologen in der Mühlen- und Getreidewirtschaft", wie es mittlerweile heißt, modern. Zum Deutschen Mühlentag erhofft sich Rubin mehr Aufmerksamkeit für das Berufsfeld - auch wenn bei den Aktionen vor allem die romantische Vorstellung des Müllerhandwerks bedient wird und weniger der moderne Großbetrieb.
Zum Deutschen Mühlentag dominiert die historische Mühlenromantik
In Heilbronn-Franken bieten einige Mühlen am Pfingstmontag besondere Aktionen. Zum Beispiel die Stimpfacher Mühle (Kreis Schwäbisch Hall), die mittlerweile 888 Jahre alt ist. Im Jahr 1136 wurde sie erstmals als Ellwanger Lehen erwähnt. Am Pfingstmontag hat die Mühle von 11 bis 17 Uhr die Tore geöffnet. Beim Schausägen können Besucherinnen und Besucher erleben, wie Bretter aus einem Baumstamm gesägt werden. Parallel dazu gibt es Vorführungen zum Thema Wasserkraft: Mit einer sogenannten Wasserkraftschnecke wird erneuerbare Energie erzeugt, die ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Wasserkraftschnecke nennt man eine Wasserkraftmaschine, die potenzielle Energie in mechanische Energie verwandelt, die dann meist zum Antrieb eines elektrischen Generators genutzt wird.
Raußmühle: Neues Rad für alte Mühle
Bei der Raußmühle in Eppingen (Kreis Heilbronn) sind Besichtigungen von 13 bis 18 Uhr möglich. Zu sehen ist unter anderem ein nagelneues Holzmühlrad, gezimmert nach historischem Vorbild. Frank Dähling, Besitzer der Raußmühle, und der dazugehörige Förderverein hatten das Projekt in Angriff genommen - ein Risiko, denn es gab keine genauen Baupläne. Rund 20.000 Euro hat das neue "alte" Mühlrad gekostet. Was jetzt noch fehlt: das Wasser für den Betrieb.
In Oberrot (Kreis Schwäbisch Hall) ist das Sägmühlmuseum von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Das Kleinmuseum besteht neben der Sägemühle auch aus dem Müllerhäuschen, das originalgetreu eingerichtet ist. Außerdem gibt es Veranstaltungen im Hohenloher Freilandmuseum Wackershofen (ebenfalls Kreis Schwäbisch Hall).
Moderne Mühlen: Die Anforderungen steigen
Große industrielle Mühlen sind beim Mühlentag im Land kaum vertreten, erklärt Christopher Rubin vom Müllerbund. Die Vorschriften seien hier einfach zu streng, um Besuchergruppen spontan einen Blick hinter die Kulissen zu bieten. Insofern sehe er den Deutschen Mühlentag auch etwas zwiegespalten: Einerseits stehen die Mühlen endlich mal im Mittelpunkt, andererseits fehlt die Möglichkeit, den Beruf in seiner aktuellen Form zu präsentieren.
Dabei sind die Herausforderungen groß: Zur immer schwieriger werdenden Nachwuchssuche kommen noch die steigenden Ansprüche der industriellen Bäckereien hinzu, schildert Rubin. Mehl ist ein Naturprodukt, das allein schon wegen des Wetters gewissen Schwankungen unterliegt. Gleichzeitig muss am Ende ein genormtes, qualitativ hochwertiges Industrieprodukt entstehen. In manchen Jahren mache der Rohstoff es einem nicht gerade einfach.
Dazu kommen immer strengere Verordnungen, beispielsweise beim Pflanzenschutz. Oder auch der Vorratsschutz, wenn es darum ginge, gelagertes Getreide oder Mehl vor Insekten oder Mäusen zu schützen.
Und auch der Konsument selbst sei anspruchsvoller geworden. Rubin berichtet, wie heutzutage Kundinnen und Kunden einen Sack Mehl zurückbringen würden, sobald sie darin eine Motte fänden. Seine Großmutter dagegen hat das Mehl einfach vor der Bearbeitung durchgesiebt. Doch Zeiten und Befindlichkeiten hätten sich geändert.