Schwäbisch Haller Ärztin sagt: Nein

Telefonische Krankmeldung: Melden sich jetzt alle krank?

Stand
Autor/in
Jan Arnecke

Die Freude bei den Ärzten ist groß: Ab sofort dürfen sie wieder Patienten am Telefon krankschreiben. Ruft das Betrüger auf den Plan? Aus Schwäbisch Hall heißt es: Nein.

Sie hatten wohl Erfolg, die niedergelassenen Ärzte in Deutschland. Denn am Donnerstag fiel die Entscheidung der Bundesregierung: Die telefonische Krankschreibung ist wieder möglich. Und das fast zwei Monate früher als geplant. Aber was bedeutet das jetzt? Werden sich "schwarze Schafe" nun andauernd bequem von zu Hause aus krankschreiben lassen, ohne den Arzt besuchen zu müssen? Dr. Elisabeth Koerber-Kröll aus der Kreisärzteschaft Schwäbisch Hall glaubt nicht, dass das zu einem großen Problem werden könnte.

Ein paar "schwarze Schafe" gibt es immer

Natürlich werde es Menschen geben, die versuchen werden, diese Möglichkeit auszunutzen. Aber, so Koerber-Kröll im SWR-Interview: "Man kennt ja seine Pappenheimer". Von einem Misstrauen gegenüber den Patientinnen und Patienten will sie aber nicht sprechen - Ausnahmen gebe es aber immer.

Ich würde mal nicht von einem Misstrauen gegenüber Patienten ausgehen wollen.

Die könne man dann auch mal einbestellen, wenn man sich als Arzt oder Ärztin unsicher sei. Für Arbeitgeber, die vermuten, ein Angestellter könne sich zu Unrecht krankgemeldet haben, besteht auch immer noch die Möglichkeit, denjenigen beim medizinischen Dienst vorzustellen, weist Koerber-Kröll hin.

Wie sehen das die Menschen in Heilbronn? Eine Zusammenfassung von SWR-Reporterin Lena Bergmann:

Nicht jeder kann sich am Telefon krankmelden

Die telefonische Krankschreibung ist außerdem nicht für jeden und jede, in jeder Situation und mit jedem Krankheitsbild möglich. Es heißt, die telefonische Krankschreibung soll für alle Krankheitsbilder mit "absehbar nicht schwerem Verlauf" gelten, vorausgesetzt, die Patienten sind der Arztpraxis bekannt. Ein Neupatient kann davon also keinen Gebrauch machen, ebenso wenig könnten die, die die Regelung ausnutzen wollen, andauernd einen anderen Arzt anrufen, um wieder eine Krankmeldung zu bekommen.

Regelung sollte erst Ende Januar erneuert werden

Am 1. April 2023 war die Regelung zur telefonischen Krankschreibung ausgelaufen. Angesichts hoher Infektionszahlen forderte der Hausärzteverband schon Ende November eine schnelle Rückkehr der Regelung. Zunächst wollte die Bundesregierung darüber nicht vor Ende Januar entscheiden, hat wohl aber dem Druck der Ärzte nachgegeben und die Entscheidung auf den 7. Dezember vorgezogen.

Telefonische Krankschreibung wurde längst "illegal" praktiziert

Gerade bei bekannten Patienten also bietet eine telefonische Krankschreibung viele Vorteile und Erleichterungen im Praxisalltag, erklärt Koerber-Kröll. Wenn ein solcher Patient oder eine solche Patientin die Symptome glaubhaft schilderte, hatte ihre Praxis auch schon im November am Telefon Krankschreibungen ausgestellt.

Angesichts überlasteter Arztpraxen sei es kaum mehr anders gegangen, so die Ärztin gegenüber dem SWR. Es sei ja auch paradox, so Koerber-Kröll, dass sie zuletzt Patienten telemedizinisch habe beraten können, sie für die Krankschreibung dann aber habe einbestellen müssen. Das ging auch zulasten schwererer Fälle, für die im Praxisalltag dann weniger Zeit blieb.

Fachkräftemangel könnte problematisch werden

Derzeit ist die Erkältungswelle in vollem Gange - wie jedes Jahr und nicht außergewöhnlich stark, so die Haller Ärztin Koerber-Kröll. Dennoch sind jetzt viele Patientinnen und Patienten in den Praxen. Zu dieser zusätzlichen Belastung im Winter kommt dann noch das allseits bekannte Problem: Fachkräftemangel. Auch der könnte künftig zu einem Problem für die Arztpraxen werden, wenn die Zahl der Patientinnen und Patienten weiter zu- und die Zahl der Angestellten abnimmt.

Dass mit der Wiedereinführung der telefonischen Krankschreibung nun "legalisiert" wurde, was aus der Not heraus de facto schon längst praktiziert worden war, sei überfällig, so die Ärztin. Das würde nicht nur den Praxisalltag erleichtern, sondern auch das Gewissen, meint Koerber-Kröll.

Weil man ja weiß, dass man sich dann wieder auf völlig legalem Boden bewegt. Bisher war das so eine zweischneidige Sache.

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