In der Pogromnacht vor 84 Jahren wurden im damaligen "Dritten Reich" auf Anweisung der NS-Machthaber jüdische Geschäfte zerstört, Synagogen niedergebrannt und Juden misshandelt und getötet. Um an die Verbrechen zu erinnern, fanden dazu wie in anderen Bundesländern auch in Baden-Württemberg Gedenkveranstaltungen statt.
Die Geschehnisse und Hintergründe des 9. November 1939 fasst dieser Beitrag von SWR Wissen zusammen:
Nationalsozialismus Reichspogromnacht 1938 – Fanal des größten Verbrechens der Geschichte
Am 9. November 1938 zettelten die Nationalsozialisten die sogenannte "Kristallnacht" an: einen angeblich spontanen Gewaltausbruch gegen jüdische Menschen und Geschäfte.
Bodenseeregion
In Gedenken an die Opfer kam die Synagogengemeinde Konstanz am Mittwochvormittag zu einer öffentlichen Gedenkstunde auf dem jüdischen Friedhof zusammen. Am 9. November 1938 wurde durch die SS die Synagoge in Konstanz niedergebrannt. In Bad Buchau und in Laupheim (beide Kreis Biberach) fanden am Abend auf dem jüdischen Friedhof Gedenkfeiern statt.
Erinnerung an die Opfer der Nationalsozialisten Reichspogromnacht: Mahnwachen in der Region
In der Region Bodensee-Oberschwaben wird der Opfer der Reichspogromnacht der Nationalsozialisten am 9. November 1938 gedacht. Unter anderem im Kreis Biberach und in Konstanz finden Gedenkfeiern statt.
Stuttgart und Umgebung
Mit Friedensgebeten, geführten Rundgängen und Mahnwachen erinnerten Menschen in der Region Stuttgart an das Verbrechen an den Juden. Im Stuttgarter Westen gab es einen geführten Rundgang, auf dem Arsenalplatz in Ludwigsburg wurde das Schicksal des jüdischen Viehhändlers Harry Kahn aus Baisingen bei Rottenburg (Kreis Tübingen) aus zwei Perspektiven nachgezeichnet. In Göppingen folgte auf ein ökumenisches Friedensgebet in der evangelischen Stadtkirche eine Gedenkfeier auf dem Synagogenplatz.
Bei einer Gedenkfeier der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg in der Stuttgarter Synagoge bezeichnete Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU), den 9. November 1938 als eine der dunkelsten und beschämendsten Momente in der deutschen Geschichte. Mit Blick in die Gegenwart zeigte sich Strobl dankbar, "dass wir heute jüdisches Leben und jüdische Kultur in Deutschland erleben dürfen." Das sei nicht selbstverständlich.
Südbaden
Auch in Südbaden wurde der Opfer gedacht. In einer Gedenkfeier haben zum Beispiel Vertreterinnen und Vertreter der Stadt Waldshut-Tiengen gemeinsam mit den katholischen und evangelischen Kirchengemeinden an die Opfer des Nazi-Terrors erinnert.
In Lörrach fand eine Mahnwache auf dem Neuen Markt statt. In Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) wurde ein Kranz an der Gedenktafel für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft niedergelegt.
In der Nacht vom 9. auf 10. November Menschen in Südbaden gedenken der Reichspogromnacht
In Südbaden gedenken Menschen der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938. In dieser Nacht riefen Nationalsozialisten dazu auf, Juden zu misshandeln und zu töten.
Region Ulm
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft Ulm/Neu-Ulm hatte zu einer musikalisch begleiteten Gedenkveranstaltung in Ulm eingeladen. In Schwäbisch Gmünd (Ostalbkreis) wurde an den Gmünder Rechtsanwalt David Heimann erinnert. Er verlor seine Zulassung, wurde in Dachau inhaftiert und konnte 1941 gerade noch in die USA emigrieren.
In Aalen (Ostalbkreis) hatte das "Netzwerk für Demokratie" bereits Dienstagabend zu einer Mahnwache für die ins Vernichtungslager Treblinka verschleppte Fanny Kahn geladen. Ebenfalls am Dienstag erinnerte die Stadt Heidenheim zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern am Gedenkstein in den Georg-Elser-Anlagen im Teilort Schnaitheim an den Widerstandskämpfer aus Königsbronn.
Heilbronn
In Heilbronn fand am Abend unter dem Motto "Wider das Vergessen" eine Gedenkfeier auf den Max-Beermann-Platz statt. Geplant waren unter anderem ein gemeinsamer Gang zum Synagogengedenkstein, an dem ein Kranz niedergelegt werden sollte. Auch in Crailsheim (Kreis Schwäbisch Hall) und Schwäbisch Hall gab es Gedenkveranstaltungen.
Tübingen
Auch Tübinger Institutionen, Vereine und Personen gedachten der Geschichte der Tübinger Juden und ihrer Synagoge mit einem Veranstaltungsprogramm. Zur Erinnerung an dieses Geschehen gestalteten zum Beispiel die Stadt Tübingen, die Geschichtswerkstatt und weitere Kooperationspartner eine Gedenkveranstaltung. In der Alten Synagoge Hechingen wurde bei einen Klavierabend der Lebensweg einer jüdischen Familie nachgezeichnet.
Hechinger Synagoge völlig zerstört Gedenken an Juden wegen Reichspogromnacht
Am 9. November jährte sich die Reichspogromnacht zum 84. Mal. Auch in Hechingen und Tübingen brannten Synagogen ab oder wurden zerstört. Viele Menschen erinnerten der Geschichte.
Pogromnacht: Gedenken auch in Berlin
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat am Jahrestag der Pogromnacht von 1938 zu einem konsequenten Kampf gegen den Antisemitismus in Deutschland aufgerufen. "Die Nacht des 9. November 1938 bleibt für immer eine Nacht der Schande für unser Land", sagte sie im Bundestag. Diese Nacht sei der Auftrag, dass sich so etwas nie wiederholen dürfe.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei einer Gedenkveranstaltung zum 9. November im Schloss Bellevue erklärt, der heutige Tag werde für immer an den "Zivilisationsbruch des Holocausts" erinnern.
Über die Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier berichtet SWR-Hauptstadtkorrespondent Dietrich Karl Mäurer im Audio: