Frauen darin bestärken, als Unternehmerinnen erfolgreich tätig zu sein: Das ist das Ziel der Frauenwirtschaftstage Bodensee-Oberschwaben, bei denen zwischen 10. und 21. Oktober eine ganze Reihe von Veranstaltungen organisiert werden. Als eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen im Land und Paradebeispiel für erfolgreiche Frauen in der Wirtschaft gilt Antje von Dewitz, Chefin des Outdoor-Herstellers Vaude in Tettnang-Obereisenbach (Bodenseekreis).
Vaude-Chefin Antje von Dewitz: Chefin ohne Chefbüro
Zur Arbeit kommt sie täglich mit dem Fahrrad. Chefbüro? Fehlanzeige! Antje von Dewitz schnappt sich ihr Notebook, nimmt im Großraum an einem freien Schreibtisch Platz. Sie sei zwar die "Frontfrau" im Unternehmen. Aber, so die 52-Jährige: "Wir sind ein Team. Alles, was wir leisten, machen wir gemeinsam." Und zu leisten gab es in den zurückliegenden Jahren einiges bei Vaude: Umsatz hoch um 30 Prozent, Schadstoffemissionen senken um wiederum 30 Prozent - Antje von Dewitz hat sich das Ziel der Nachhaltigkeit ganz oben auf die Fahnen ihrer Unternehmensphilosophie geschrieben.
Seit 2008 steht sie an der Spitze von Vaude - einem Unternehmen, das Rucksäcke, Schlafsäcke, Wandertaschen und Outdoor-Jacken europaweit auf den Markt bringt. Antje von Dewitz nimmt eine Tasche vom Regal, betastet das Material fast schon liebevoll: "Alles abbaubare Materialien", betont sie und erzählt, wie ihr Team jahrelang daran gearbeitet hat, die Produkte von herkömmlichen Kunststoffen auf nachhaltige Basisstoffe umzustellen. Einfach sei das nicht gewesen, meint sie. Aber: "Der Erfolg gibt uns nun recht."
Antje von Dewitz im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Stefan Eich:
Fleisch gibt es in der Kantine nur ein Mal in der Woche
Dass Ausrüstung, mit der die Kundinnen und Kunden die Natur erkunden wollen, auch naturverträglich hergestellt wird, liegt bei Antje von Dewitz in der DNA. Ursprünglich, verrät sie, habe sie eigentlich einen Job in einer Umweltorganisation angepeilt. Dann übernahm sie aber doch den Betrieb, den ihr Vater aufgebaut hatte. Das war 2008. Heute pflegt sie ein Verhältnis auf Augenhöhe mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Alle duzen sich. Manche bringen ihre Kleinen in den Betriebskindergarten, nur einen Steinwurf vom Arbeitsplatz entfernt. Man trifft sich zur Mittagszeit in der Kantine: Nur mittwochs gibt es Gerichte mit Fleisch. Ansonsten isst man bei Vaude vegetarisch.
Und noch eines ist Antje von Dewitz eine Herzensangelegenheit: Die Integration von Flüchtlingen. Aufgehorcht hat sie, als Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel vor gut neun Jahren die Worte sprach: "Wir schaffen das!" Warum nicht diejenigen, die auf der Flucht vor Verfolgung nach Deutschland kommen, an den Nähmaschinen und Zuschneide-Tischen von Vaude in Lohn und Brot bringen? Immerhin werden immer noch knapp zehn Prozent der Produkte in den Werkstätten in Obereisenbach gefertigt, die man bei Vaude auch gerne 'Manufaktur' nennt.
Flüchtlinge an die Nähmaschinen
Nur: Geflüchtete Menschen in Arbeit bringen - das bringt erst einmal den deutschen Amtsschimmel in Stellung. "Zwischendurch sollten alle wieder abgeschoben werden, was dann fast schon zynisch war", so von Dewitz. Sie will das nicht akzeptieren: Gemeinsam mit anderen Unternehmerinnen und Unternehmern gründet sie die Initiative "Bleiberecht durch die Arbeit" - und die Flüchtlinge dürfen weiternähen. Manchmal braucht es einen langen Atem und viel Ausdauer.
Dafür gibt es dann auch schon mal Anerkennung, über die sich Unternehmerin Antje von Dewitz von Herzen freuen kann: Im November 2022 erhält Vaude, das im selben Jahr klimaneutral wurde, den Deutschen Nachhaltigkeitspreis für den Bereich Textilien. Und nun sogar das: Aus den Händen von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nimmt Antje von Dewitz das Bundesverdienstkreuz entgegen. Das zeigt sie gerne mal auch ihrem Team. Und gibt sich bescheiden: Bei der Verleihung habe sie sich als "Repräsentantin von uns allen gefühlt." Kaum ausgesprochen, setzt sie sich wieder vor ihr Notebook im Großraumbüro: Teams-Konferenz. Die Arbeit geht weiter. Und sie macht Antje von Dewitz sichtlich Spaß.