Obstbauern am Bodensee ärgern sich über den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). In einer Pressemitteilung bezeichnen die Umweltschützer das Pflanzenschutzmittel Folpan als "giftig und gesundheitsgefährdend". Es soll Äpfel am Bodensee wegen des nassen Wetters vor einem drohenden Pilzbefall schützen. Normalerweise wird es nicht eingesetzt. Es wurde vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit für die Landkreise Ravensburg, Lindau und den Bodenseekreis per Notfallzulassung erlaubt.
Das Pflanzenschutzmittel sei in diesem Jahr notwendig, sagt Manfred Büchele vom Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee in Bavendorf. In der Region hat es viel geregnet. Wegen der hohen Feuchtigkeit drohe ein Pilzbefall mit Schorf. Die Folge wären dunkle Flecken auf den Äpfeln. Das sei nicht nur ein Schönheitsfehler, sondern sehr hässlich, so Büchele. Außerdem könne der Pilz den Baum schädigen.
Notfallzulassung für Fungizid: Hopfen-Export gesichert
Normalerweise nutzen Obstbauern in der Region Bodensee-Oberschwaben ein anderes Pflanzenschutzmittel: Captan. Das müsste dieses Jahr aber wegen des nassen Wetters und der hohen Infektionsgefahr mit dem Schorfpilz später gespritzt werden als sonst, so Thomas Heilig von der Obstregion Bodensee. Das Problem: Das Mittel Captan könnte auch auf die umliegenden Hopfenpflanzen gelangen und wäre dann in der Pflanze nachweisbar. Die Folge: Der Hopfen wäre in den USA und in Japan nicht mehr zu vermarkten. Die Länder haben null Toleranz bei dem Mittel Captan. "Normalerweise bringen die Obstbauern das Mittel Captan früher im Jahr aus, zu einer Zeit, wenn die Hopfenpflanzen noch nicht geblüht haben und das Mittel nicht aufnehmen", so Heilig.
BUND: "Fungizid ist giftig"
Deshalb wurde per Notfallzulassung in den Landkreisen Lindau, Ravensburg und im Bodenseekreis das Pflanzenschutzmittel Folpan für diese Saison erlaubt. Das sei mit dem Hopfenanbau kompatibel, so Manfred Büchele vom Kompetenzzentrum. Auch die Grenzwerte dafür sollen angehoben werden. Darüber ist der BUND empört. Das Fungizid mit dem Wirkstoff Folpet sei giftig, heißt es in einer Mitteilung.
Auch wenn die zulässigen Grenzwerte für das Mittel eingehalten werden, so Corinna Hölzel, sei die Wechselwirkung mit anderen Pflanzenschutzmitteln unerforscht. Es sei außerdem gefährlich für die Umwelt, vor allem für Fische und Wasserorganismen. Über die Luft könne das Mittel auch in umliegende Gebiete gelangen. Manfred Büchele vom Kompetenzzentrum bezeichnet die Kritik des BUND als Panikmache. Damit mache man den Menschen unnötig Angst.
Man könne Probleme in der Landwirtschaft nicht per Notfallzulassungen für gefährliche Pflanzenschutzmittel lösen, so Corinna Hölzel vom BUND. "Das macht die Landwirtschaft nicht zukunftssicher und krisenfest", sagt sie. Wegen des Klimawandels müsse man sich auf extreme Wetterverhältnisse einstellen. Diesen könne man nicht mit immer neuen Pflanzenschutzmitteln begegnen, so ihre Kritik. "Das ist keine Lösung, das ist der falsche Weg."
Der BUND plädiert für nicht-chemische Alternativen und für eine höhere Toleranz für Schorf-Äpfel. Und nimmt den Lebensmittelhandel in die Pflicht. Schorf sei hauptsächlich ein ästhetisches Problem. Manfred Büchele vom Kompetenzzentrum Obstbau hält das für nicht realistisch. Ein schlimmer Schorfbefall sei mehr als ein kosmetisches Problem. "Das gibt hässliches, ungenießbares Obst. Dann müssen die Äpfel weggeschmissen werden und das wäre schade."
Behandelte Äpfel nur in Deutschland vermarktbar
Ob Folpan am Bodensee zum Einsatz kommt, ist allerdings noch nicht geklärt. "Bisher wurde das Mittel noch nicht gespritzt", so Thomas Heilig. Denn für den Einsatz des Pflanzenschutzmittels müssen die Grenzwerte vom zuständigen Bundesamt erst noch angehoben werden. Passiert das nicht, warnt der Pflanzenschutzdienst des Bodenseekreises, wären die Äpfel gesetzlich nicht verkehrsfähig und müssten vernichtet werden. Allerdings, auch wenn der Grenzwert angehoben wird, wären die Äpfel nur in Deutschland vermarktbar. In anderen Ländern gilt ein niedrigerer Grenzwert für das Mittel. Das sei kein Problem, so Heilig. Man beliefere ohnehin nur den deutschen Markt.