195 Arzneimittel werden an den Gesundheitsverbund des Landkreises Konstanz (GLKN) nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr geliefert. Das hat Peter Buchal, Chefapotheker des Departments für Pharmazie im Gesundheitsverbund, dem SWR bestätigt. 26 davon habe man nicht mehr auf Lager, fünf weitere reichten nur noch bis Jahresende, so Buchal.
Krankenhaus-Apotheken: Mangel bei vielen verschiedenen Medikamenten
Betroffen sind laut Buchal viele verschiedene Medikamentengruppen. Neben Antibiotika, Schmerzmitteln und Fiebersenkern, gebe es auch Engpässe bei Krebsmedikamenten, Mitteln gegen Bluthochdruck und Blutgerinnsel oder gegen Herzrhythmusstörungen. Impfungen gegen Hepatitis A seien im Moment auch nicht möglich.
Um die Lieferengpässe auszugleichen, stellt die Klinikapotheke in Konstanz Glucose-Elektrolyt-Mischungen gegen Durchfallerkrankungen selbst her. Die Herstellung von fiebersenkenden Arzneimitteln für Kinder sei vorbereitet, im Moment aber noch nicht nötig. Viele weitere Medikamente könnten jedoch nicht selbst hergestellt werden, Kliniken und Apotheken seien auf Lieferanten angewiesen.
Auch öffentliche Apotheken haben zu kämpfen
Die Situation in den öffentlichen Apotheken sei ähnlich wie in den Krankenhaus-Apotheken, so der Chefapotheker des GLKN. Allerdings hätten Krankenhäuser langfristige Lieferverträge mit der Industrie und deshalb eine gewisse Liefersicherheit. Außerdem seien die Lagerkapazitäten in Krankenhäusern größer als in öffentlichen Apotheken.
Medikamentenmangel: Die Auswirkungen sind vielfältig
Die Auswirkungen des Medikamentenmangels seien im Klinikalltag allgegenwärtig. Zum einen müssten häufig Präparate von Herstellern gekauft werden, mit denen man keine Verträge habe, so Buchal. Das verursache deutlich höhere Kosten. Zum anderen führe der ständige Wechsel von Präparaten dazu, dass Ärztinnen und Ärzte, sowie Pflegerinnen und Pfleger möglicherweise Nebenwirkungen schlechter oder später erkennen.
Gründe liegen laut GLKN in der Sparpolitik
Gründe für den Medikamentenmangel sieht Peter Buchal vor allem in der Sparpolitik im Gesundheitswesen. Ausschreibungen und Rabattverträge mit den Krankenkassen hätten zu Monopolisierung geführt. Für viele pharmazeutische Unternehmen sei die Herstellung bestimmter Medikamente unwirtschaftlich geworden. Viele Medikamente würden aus Kostengründen auch nicht mehr in Deutschland hergestellt, sondern in Südostasien.
Ein weiterer Grund ist für Buchal aber auch der Krieg in der Ukraine. Dieser habe große Auswirkungen auf die Lieferketten.
Kein absehbares Ende des Mangels
So schwierig wie in diesem Jahr sei die Versorgung mit Medikamenten noch nie gewesen. Und Besserung sei nicht absehbar. Denn ins Ausland verlegte Produktionsstätten ließen sich nur mit großem Zeitverzug von vielen Jahren zurück nach Europa holen, erklärt Buchal. Dafür bräuchte man verlässliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen und politischen Willen. Letzteres sieht Peter Buchal nicht gegeben.