Als Jugendliche ist Eva Erben nach Auschwitz gekommen, hat knapp überlebt und über die Verfolgung und ihr späteres Leben in Friedrichshafen vor Schülerinnen und Schülern gesprochen. 1.500 Schülerinnen und Schüler von Schulen aus Friedrichshafen und Tettnang (beide Bodenseekreis) waren am Donnerstagvormittag ins Graf-Zeppelin-Haus gekommen, um der Zeitzeugin zuzuhören.
"Das ist heute das größte Klassenzimmer in Deutschland", sagte Gottfried Bühler von der Internationalen Christlichen Botschaft Jerusalem (ICEJ), die die Veranstaltung mitorganisiert hat. Zu Beginn spielte das Jugendsinfonieorchester ein Stück aus der Filmmusik von "Schindlers Liste".
Bewegende Lebensgeschichte in 90 Minuten
Eva Erben erlebte die Machtergreifung der Nationalsozialisten in der ehemaligen Tschechoslowakei. Weil ihre Familie jüdisch war, wurde sie nach der Annexion durch die Nationalsozialisten im Jahr 1939 enteignet. "Man hat meinen Eltern die Villa und das Unternehmen einfach weggenommen", erzählte Erben. Die Familie wurde 1941 ins Ghetto nach Theresienstadt gebracht.
Kaum vorstellbar, aber die Zeitzeugin erzählte in Friedrichshafen, wie ihr Vater bis zuletzt glaubte, dass sich alles zum Guten wenden würde. "Er hat immer gesagt: Im nächsten Jahr wird wieder alles gut", erzählte die 94-Jährige. Sie erinnert sich noch gut an die Gräueltaten durch die Nationalsozialisten in Theresienstadt, aber vor allem erinnert sie sich daran, wie sie ihren Vater zum letzten Mal sah: "Wir haben ihn zum Bahnhof gebracht und er ist eingestiegen. Das war kein Viehwaggon, sondern ein normales Zugabteil, bei dem aber die Fenster zugenagelt waren." Nachdem der Zug abgefahren war, sah Eva Erben ihren Vater nie wieder. Er starb wohl im Konzentrationslager Dachau an Typhus.
Ankunft in Auschwitz
Mit 14 Jahren kam Eva Erben ins Vernichtungslager nach Auschwitz. "Wir sind angekommen in Auschwitz und haben uns gefragt: Was ist das hier? Ist das überhaupt dieser Planet?", erinnert sich Erben. "Das stank und dann war da ein Gebrüll und die Hunde. Und die vielen schrecklichen Menschen."
Die junge Frau hat Glück und überlebt die Gräuel von Auschwitz. Gegen Kriegsende wird sie auf einen Todesmarsch geschickt. Sie überlebt, weil sie in einer Scheune unter Kuhmist eingeschlafen ist und so von den Hunden nicht gefunden wird. Sie rettet sich ins heutige Tschechien und wird dort mehr tot als lebendig von einer Bauernfamilie aufgefunden und aufgepäppelt. "Die haben mir am Anfang Muttermilch gegeben, weil ich kein Essen bei mir behalten konnte", erinnert sich die 94-Jährige. So überlebt sie den Krieg - als einzige ihrer Familie.
In einem Dokumentarfilm berichtet der Sender "Phoenix" ausführlich über Eva Erbens Leben:
Neues Leben in Israel
Nach dem Ende des Krieges zieht Eva Erben mit ihrem Mann, den sie in Theresienstadt kennengelernt hat, nach Israel. "Wir haben uns dort aus nichts etwas aufgebaut. Aus einem kleinen Stück Land haben wir ein Paradies erschaffen", sagte sie im Graf-Zeppelin-Haus. Für die jungen Menschen hatte sie eine Botschaft: "Wissen macht stark", sagte Erben. Damit ermutigte sie die Schülerinnen und Schüler im Publikum, sich mit der eigenen Geschichte zu befassen. Ausgewählte Jugendliche bekamen dann noch die Möglichkeit, der Zeitzeugin Fragen zu stellen.
Am Ende hatte Eva Erben noch einen Appell an die Schülerinnen und Schüler: "Ihr seid die Zukunft, ihr seid die Hoffnung", sagte sie sichtlich bewegt über den langanhaltenden Applaus.