Klimaneutrales Heizen gilt als ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu mehr Klimaschutz. Am 1. Januar 2024 treten dazu zwei Gesetze in Kraft: die Wärmeplanung der Kommunen und das sogenannte Heizungsgesetz, das das bisherige Gebäudeenergiegesetz (GEG) reformiert. Beide sind miteinander verknüpft und sollen den CO2-Ausstoß im Gebäudesektor bundesweit senken.
Fristen, Förderungen und Klima-Geschwindigkeitsbonus Energie-Gesetz: Was ist jetzt in BW wichtig zu wissen?
Wer eine Heizung plant, muss derzeit drei Aspekte im Blick haben: Die Förderung, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und das Wärmeplanungsgesetz (WPG) - das in BW bereits umgesetzt wird.
Baden-Württemberg hat einen strafferen Zeitplan als der Bund
Ab Januar gilt zunächst nur für Neubauten in Neubaugebieten: Wer eine Heizung einbauen will, muss darauf achten, dass diese mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben wird. Die kommunale Wärmeplanung spielt in diesen Fällen keine Rolle. Sie ist wichtig bei Bestandsgebäuden und anderen Neubauten, denn mit Wärmeplänen soll etwa erfasst werden, wie die Gebäude bislang beheizt sind, wie dies in Zukunft klimaneutral geschehen soll und ob es etwa ein Fernwärmenetz gibt. Auf der Basis der Pläne können sich Bürgerinnen und Bürger dann für eine passende Energiequelle für ihre Immobilie entscheiden. Für bereits eingebaute Heizungen gelten die Wärmepläne nicht, kaputte Geräte können repariert werden.
Während der Bund allerdings Großstädten mit der Wärmeplanung bis 2026 und kleineren Städten und Gemeinden bis 2028 Zeit lässt, hat sich Baden-Württemberg eigene Fristen gesetzt. Bis zum 31. Dezember 2023 müssen die Wärmepläne für Große Kreisstädte und Stadtkreise stehen. Der Zeitplan war bereits vor dem Bundesgesetz beschlossen worden.
Von 104 kommunalen Wärmeplänen im Land sind aktuell 22 fertig
104 kommunale Wärmepläne sollen insgesamt bis zum Jahresende bei den vier Regierungspräsidien in Baden-Württemberg auf dem Tisch liegen. Der Rücklauf aus den Rathäusern knapp zwei Wochen vor Fristende ist allerdings überschaubar. Nur 22 Wärmepläne sind Stand heute (20.12.2023) nach SWR-Informationen fertig.
Im Regierungsbezirk Stuttgart besteht die Pflicht für insgesamt 40 Stadtkreise und Große Kreisstädte. Nur sechs Kommunen seien dem bislang nachgekommen, teilte die Behörde dem SWR mit. Vier weitere Kommunen wollen die Vorlage demnach noch in diesem Jahr schicken. Eine Gemeinde habe außerdem freiwillig einen kommunalen Wärmeplan vorgelegt, hieß es.
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Dem Regierungspräsidium Freiburg liegen eigenen Angaben zufolge aktuell neun von 20 verpflichtenden kommunalen Wärmeplänen vor, dazu gehören die der Stadt Freiburg und der drei großen Kreisstädte im Landkreis Lörrach - nämlich Weil am Rhein, Rheinfelden und die Stadt Lörrach selbst.
Auch beim Regierungspräsidium Karlsruhe ist die Menge der bislang eingegangenen Wärmepläne übersichtlich. Erwartet werden die Vorlagen von 21 Großen Kreisstädten und fünf Stadtkreisen, eingegangen sind eigenen Angaben zufolge vier - außer Bruchsal, Baden-Baden und Rastatt hat auch die Gemeinde Waghäusel ihren Plan abgegeben.
Beim Regierungspräsidium Tübingen sieht es ähnlich aus. Drei Kommunen haben ihr Konzept fertig - von insgesamt 17 Großen Kreisstädten und einem Stadtkreis.
Was alle vier Regierungsbezirke gegenüber dem SWR betonten, ist, dass die Wärmeplanung in vielen verpflichteten Kommunen in den letzten Zügen liege und noch in diesem Jahr mit weiteren Konzepten gerechnet werde. Konsequenzen für Kommunen, die nicht fristgerecht abgeben, soll es laut Landesumweltministerium nicht geben. Das Regierungspräsidium in Stuttgart etwa will alle Kommunen ohne Konzept zur "zeitnahen" Abgabe auffordern. Die Behörde in Freiburg geht eigenen Angaben davon aus, dass alle Städte ihre Pläne bis spätestens Ende des ersten Quartals 2024 abgeben werden.
Für wen ist die Wärmeplanung wichtig und ab wann tritt sie in Kraft?
Die Wärmepläne sind wichtig für Bestandsgebäude und Neubauten außerhalb von Neubaugebieten. Wer hier eine neue Heizung einbauen will oder muss, schaut in den vorliegenden Wärmeplan der Kommune. Dort kann man zunächst nur grob sehen, welche Wärmenetze es beispielsweise in welchen Stadtvierteln gibt und welche Bereiche nicht an Fernwärme angeschlossen werden können. Die konkreten Details allerdings arbeiten dann erst Stadtwerke und Stadt gemeinsam aus wie in Ludwigsburg etwa. Das heißt, wenn Verbraucherinnen und Verbraucher mit dem Einbau einer neuen Heizung warten wollen bis sie über die möglichen klimafreundlichen Energiequellen in ihrer Straße Bescheid wissen, könnte es dauern - mitunter Jahre. Für den SWR-Wirtschaftsexperten Dominik Bartoschek liegen die Vorteile eines Wärmeplans aber auf der Hand: "Nur wenn man die Alternativen kennt, kann man auch Entscheidungen treffen."
Kronau bei Karlsruhe zeigt wie ein Wärmeplan funktionieren könnte
Ein Beispiel, wie ein Wärmeplan funktionieren könnte, zeigt die kleine 6.000-Einwohner-Gemeinde Kronau im Kreis Karlsruhe. Schon 2018 entwickelte die Gemeinde ein Modellprojekt für ein Nahwärmekonzept auf Basis erneuerbarer Energien. Im Oktober 2023 wurde es offiziell eingeweiht.
Das System bringt Wärme im Winter und Kühlung im Sommer. Herzstück der Anlange ist die Heizzentrale mit einem Heizkraftwerk, das mit Holzhackschnitzeln betrieben wird. Unter dem Strich ist laut Gemeinde ein geschlossenes Kreislauf-System entstanden, das einen sehr hohen Wirkungsgrad von rund 90 Prozent habe und mit dem rund 640 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart würden. Bisher ist das Wärmenetz flächenmäßig noch klein, allerdings gibt es den Angaben zufolge schon Großabnehmer wie eine Mehrzweckhalle, ein Rathaus, zwei Schulen und die Feuerwehr. Dazu kämen noch sechs private Wohnhäuser, weitere 33 Wohnungen sollen in Kürze folgen. Insgesamt hat das Projekt rund vier Millionen Euro gekostet, ein Großteil kam aus dem Bundesfördertopf der Nationalen Klimaschutzinitiative, den Rest von rund einer Million Euro finanzierte die Gemeinde.
Klimafreundlicher durch weniger CO2 Kronau: Positives Beispiel in Sachen moderne Heizung und Wärme
Die Gemeinde Kronau im Kreis Karlsruhe hat ein Modellprojekt für ein Nahwärmekonzept mit erneuerbaren Energien entwickelt. Im Oktober 2023 ist es offiziell eingeweiht worden - ein Vorzeigebeispiel.
Gibt es bereits "Energietrends" in den Kommunen?
Das Regierungspräsidium Freiburg meldet "erste Trends", die sich den Angaben zufolge zumindest aus den bislang fertiggestellten Plänen und bekannten Entwürfen ablesen lassen. Danach setzen die Kommunen im ländlichen Raum des Regierungsbezirks darauf, dass ein Großteil der Häuser über gebäudeindividuelle Heizungen wie Wärmepumpen versorgt wird. Wärmenetze sollen aus den regional verfügbaren Quellen wie der Geothermie, Solarthermie oder der Abwasserwärme gespeist werden. Bei der Biomasse spiele vor allem Holz eine Rolle, wenn auch nur "mit einem kleinen bis mittleren Anteil", heißt es.
Den Regierungspräsidien Stuttgart, Karlsruhe und Tübingen sind konkrete Aussagen zu früh. Die vorgelegten Wärmepläne müssten erst geprüft werden.
Die Planungen kosten die Kommunen Tausende
Bis die Kommunen aufgestellt haben, wann, ob, wie und wo genau sich Verbraucher an Wärmenetze anschließen können, vergeht viel Zeit und das kostet Geld. Für Gemeinden bis circa 10.000 Einwohner und Einwohnerinnen schätzt das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) die Kosten auf circa 50.000 Euro. Deutlich weniger Geld wird demnach benötigt, wenn etwa eine Versorgung über ein Wärmenetz nicht in Frage kommt. Zu finden sind die Zahlen auf der Homepage des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB).
Dass die Kosten ein Thema für die Städte und Gemeinden sind, bestätigt auch die Stadt Ludwigsburg. Baubürgermeisterin Andrea Schwarz sagte dem SWR, die Umsetzung der Wärmepläne sei eine Herausforderung, für die man Geld brauche - vom Land, vom Bund, von der EU. Es könne Jahre dauern, bis die Pläne verwirklicht seien. Auch der baden-württembergische Städtetag kritisiert die seiner Meinung nach fehlende Finanzierung. Für ihn steht der Vorsprung Baden-Württembergs bei der kommunalen Wärmeplanung auf dem Spiel.
Landesumweltministerin fordert Bonus für schnelle Kommunen
Wenn der Bund erst in den Jahren 2026 oder 2028, wenn seine Fristen ausliefen, in die Finanzierung einsteige, werde der große Wurf nicht gelingen, sagte Susanne Nusser vom Städtetag dem SWR. Wenn sich die Umsetzung verzögere, seien die jetzigen Pläne irgendwann veraltet, sagte Nusser dem SWR. Die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sieht das Problem, gibt sich dennoch optimistisch. Sie forderte, dass der Bund die Wärmepläne der Kommunen im Land voll anerkennt und dass diejenigen mit einem Bonus belohnt werden sollen, die beschließen, die Wärmenetze schnell auszubauen.