Im Stuttgarter Hospitalhof hat das Bürgerforum G8/G9 begonnen. 64 zufällig ausgewählte Personen sollen in den nächsten Wochen darüber diskutieren, wie lange das Abitur an allgemeinbildenden Gymnasien in Baden-Württemberg künftig dauern soll. Das Ergebnis soll der Landesregierung als Empfehlung dienen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer täten einen "Dienst an der Demokratie", lobte Barbara Bosch, Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung.
Mehrere Hundert äußerten Interesse am Bürgerforum
Anfang September waren 6.003 zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus 45 Kommunen in Baden-Württemberg angeschrieben worden. 315 Personen meldeten sich laut Staatsministerium zurück und erklärten, dass sie beim Bürgerforum mitmachen wollten. Aus diesem Pool wurden noch einmal 64 Personen ausgelost.
Das erste Treffen heute fand in Präsenz in Stuttgart statt. Danach sind vier Videokonferenzen geplant, bei denen auch Expertinnen und Experten gehört werden sollen, außerdem Eltern, Lehrkräfte sowie Schülervertreterinnen und -vertreter. Dabei soll es unter anderem um die psychische Belastung von Kindern im achtjährigen oder neunjährigen Gymnasium gehen und um die jeweils benötigten Finanzmittel.
Anfang Dezember soll das Bürgerforum dann der grün-schwarzen Landesregierung eine Empfehlung zur künftigen Dauer des Abiturs im Land vorlegen. Bindend ist diese allerdings nicht.
Frist endet Anfang November G9-Initiative fehlen noch Tausende Unterschriften
Mit einem Volksantrag wollen Eltern erreichen, dass Baden-Württemberg flächendeckend zum neunjährigen Gymnasium (G9) zurückkehrt. Die Zeit zum Sammeln ist fast um - doch es fehlen noch Unterstützerunterschriften.
Elterninitiative sammelt Unterschriften für G9
In Baden-Württemberg ist derzeit das achtjährige Gymnasium Standard. G9, also das Abitur nach neun Jahren im Gymnasium, gibt es nur an 44 staatlichen Schulen. Allerdings wird seit Jahren über eine flächendeckende Rückkehr zu G9 diskutiert. Im November hatte die Elterninitiative "G9 jetzt" damit begonnen, Unterschriften für einen Volksantrag für die Rückkehr zum Abitur erst nach insgesamt 13 Jahren zu sammeln.
Wohl auch deshalb zeigte sich die grün-schwarze Landesregierung Mitte Juni zum ersten Mal offen für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium in Baden-Württemberg. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) teilte mit, man habe sich innerhalb der Koalition darauf geeinigt, die Frage in einem Bürgerforum beraten zu lassen.
Für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium wären nach Angaben des Kultusministeriums rund 1.400 Stellen für Lehrkräfte zusätzlich nötig. Die Schulträger, also die Städte und Gemeinden, warnen zudem vor den Investitionen, die eine Rückkehr zu G9 auslösen würde.
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Opposition kritisiert Bürgerforum - Wissenschaftler lobt
Die Opposition im baden-württembergischen Landtag sieht das Bürgerforum kritisch. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Stefan Fulst-Blei, sprach von einem "Feigenblatt". Es brauche keine Diskussionsrunden, sondern Entscheidungen. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke erklärte, die Bevölkerung wolle G9 und für die Schüler sei eine schnelle Rückkehr gut. Dafür brauche man keine "langwierigen Laberrunden". Die AfD sprach von einer "Nebelkerze".
Der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider hat die Einrichtung des Bürgerforums dagegen gelobt. Bei der Auftaktveranstaltung der Bürgerbeteiligung im Juli sagte der Professor der Universität Hohenheim: "Es ist extrem wichtig, dass man den Eindruck hat, dass das Verfahren fair war." Dann seien sogar einige bereit zu sagen: Ich akzeptiere ein Ergebnis, das mir nicht gefällt.