Nach ihren Fraktionsklausuren haben die Oppositionsparteien im baden-württembergischen Landtag SPD und FDP ihre Forderungen zur Bildungspolitik im Land formuliert. Während die SPD ihren Fokus auf die Entlastung von Lehrkräften legt, sieht die FDP sich als Antreiberin für eine schnelle Rückkehr zu G9.
SPD will Lehrkräfte entlasten
Wegen des anhaltenden Unterrichtsausfalls an Schulen fordert die SPD-Landtagsfraktion eine Entlastung von unterrichtsfremden Aufgaben. Der Handlungsdruck sei groß, sagte SPD-Fraktionschef Stoch nach der Winterklausur in Heidelberg, etwa wenn Lehrer an Grundschulen über Wochen hinweg zwei oder drei Klassen gleichzeitig beaufsichtigen müssten. IT-Fachkräfte und multiprofessionelle Teams könnten Lehrkräfte entlasten, damit diese mehr Zeit für den Unterricht haben, so Stoch.
Er zeigte sich offen für eine Bildungsallianz von Regierung und Opposition. Allerdings dürften dann auch strittige Themen nicht ausgeklammert werden, wie die verbindliche Grundschulempfehlung oder das dreigliedrige Schulsystem. In einem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden hatte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) ihre Bereitschaft signalisiert, über eine Bildungsallianz zu sprechen.
FDP treibt Rückkehr zu G9 voran
Die FDP macht derweil Druck für eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. Bei einer Pressekonferenz nach der Fraktionsklausur in Bad Rappenau (Landkreis Heilbronn) sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke, dass eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium bereits im Schuljahr 2025/26 realistisch sei. "Wir müssen es schaffen, die baden-württembergische Bildungslandschaft endlich wieder voranzubringen", so Rülke. Hierzu brauche es einen tragfähigen Konsens.
Die FDP schlägt vor, G9 ab September 2025 anzubieten. So viel Zeit brauche es, um die Lehrpläne umzuarbeiten. Unterstützung benötigten auch die Schulträger, um Mehrkosten, zum Beispiel bei den Räumlichkeiten, zu finanzieren. Komplett abschaffen will die FDP das achtjährige Gymnasium aber nicht: Sogenannte Schnellläuferzüge solle es weiterhin geben, fordern die Liberalen.
Grünen-Fraktion zu Bildungsreformen: Priorität bei Grundschulen
Für die Grünen-Fraktion hat bei Reformen der Bildungsstrukturen im Land die Stärkung der Grundschulen absoluten Vorrang vor der Rückkehr zu G9. Die Priorität habe die frühkindliche Bildung, betonte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz am Freitag in Stuttgart. "Davon werden wir uns von niemanden abbringen lassen." Das gelte auch für die anstehenden fraktionsübergreifenden Gespräche zum Vorgehen gegen die Bildungsmisere.
Bei der Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium müsse auch die Auswirkung auf andere Schularten berücksichtigt werden, so Schwarz. Schulen, die gut funktionierten, dürften nicht leiden, wenn man nun Änderungen am Gymnasium vornehme. Man müsse eine Reform zu G9 sorgfältig erarbeiten: "Bitte nicht zum alten Stiefel zurückkehren, sondern G9 besser machen."
Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) hatte angekündigt, mit den Fraktionschefs von Grünen, CDU, SPD und FDP über eine mögliche Bildungsallianz für Baden-Württemberg zu sprechen. Zuletzt hatte FDP-Fraktionschef Rülke eine Allianz von CDU, SPD und Grünen mit den Liberalen vorgeschlagen, um die Bildungsprobleme des Landes zu lösen. Zuvor hatten auch CDU und SPD Bereitschaft zur Kooperation gezeigt.
AfD mit Kritik an Vorgehen für eine Bildungsallianz
Die AfD im Landtag kritisierte, dass sie kein Teil der Gespräche über eine Bildungsallianz im Land ist. Es sei bedauerlich, dass bei so einem wichtigen Thema parteipolitische Spielchen im Mittelpunkt stünden, so der Fraktionsvorsitzende Anton Baron am Freitag. Die AfD fahre bundesweit bei Umfragen aktuell großen Zuspruch ein. Grundsätzlich begrüße die AfD, dass die Landesregierung über ein neues Modell für G9 nachdenkt. Es sei der Wunsch vieler Eltern, dass ihre Kinder mehr Zeit für ihre Entwicklung hätten.
Auf ihrer Fraktionsklausur hat die AfD sich außerdem auf die Wiedereinführung der verbindlichen Grundschulempfehlung und die Einführung verbindlicher Sprachtests vor Schulbeginn geeinigt. Das dafür nötige Geld solle beim Klimaschutz und der Versorgung von Flüchtlingen gespart werden.