Man schrieb das Jahr 1960, als zum ersten Mal der Name Tina Turner auf einem Plattenetikett zu lesen stand. Zu diesem Zeitpunkt stand sie bereits seit vier Jahren zusammen mit dem Musiker und Komponisten Ike Turner auf der Bühne.
Die "Ike and Tina Turner-Revue" zog durch alle Landstriche, und zählte zu den beeindruckendsten Live-Acts. Ständig waren sie unterwegs, freie Tage gab es nie. Ike trieb Tina fortdauernd zur Arbeit an, zudem war er gewalttätig und böse. Jeden Moment konnte Ike zuschlagen oder sie vergewaltigen. Dennoch wurden sie bei einer Blitzhochzeit 1962 in Mexiko zu Mann und Frau.
Tina Turner und ihr gewalttätiger Ehemann Ike
Die Ehe war für Tina die Hölle auf Erden. Schon lange hatte sie sich mit dem Gedanken befasst, ihren Mann zu verlassen. 1976 hatte sie endlich die Kraft, es zu tun. Mit 36 Cent in der Tasche und den Kleidern, die sie auf dem Leib trug, startete sie in ein neues Leben.
Bis ihre Solo-Karriere in Schwung kam, sollten noch Jahre vergehen. Da durch die Trennung von Ike Shows geplatzt waren, blieben die Regressforderungen an Tina hängen. Jahrelang kämpfte sie ums Überleben und musste selbst unattraktive Jobs annehmen, um Geld zu verdienen.
Tina die Kämpferin
Sich durchzubeißen war Tina Turner schon von früher gewohnt. Rassismus, Angst und Gewalt standen auf der Tagesordnung ihrer Kindheit. Der Ku-Klux-Klan trieb in ihrer Heimat Tennessee sein Unwesen. Die kleine Anne Mae Bullock, so ihr bürgerlicher Name, wurde in der Zeit der Rassentrennung groß. Schon als Kind musste sie auf den Baumwollfeldern arbeiten. Einziger Lichtblick war der Kirchenchor ihres Vaters, wo sie aufblühte und schon früh mit ihrem Gesang auffiel.
Nachdem sich ihre Eltern getrennt hatten, wuchs sie bei ihrer Großmutter auf. Als diese 1955 starb, zog Anne Mae nach St. Louis, wo ihre ältere Schwester sowie ihre Mutter lebten.
Die Musikclubs der Stadt faszinierten sie, auch Ike Turner, der dort mit seinen "Kings of Rhythm" eine feste Größe war – nicht nur als Musiker, sondern auch als Talentscout. Eines Abends bekam sie während der Pause die Gelegenheit, ein Lied zu singen. So wurde Ike auf sie aufmerksam und verpflichtete sie als Backgroundsängerin.
Der lange Weg zum Durchbruch und zur Soullegende
Ike wusste von Anbeginn, welches Juwel er in der jungen Sängerin gefunden hatte. Als ein anderer Plattenkünstler kurzfristig ausfiel, ergriff sie die Chance. Er machte sie zur Solistin und formte sie nach seinen Vorstellungen. Aus Anne Mae wurde Tina – Ike hatte das so festgelegt, ohne mit ihr darüber gesprochen zu haben. Tina Turner, die wilde Sängerin mit der röhrenden Stimme, begeisterte Plattenfirmen und Publikum gleichermaßen.
Flop mit Starproduzent Phil Spector
1966 hatte der legendäre Komponist, Musiker und Produzent Phil Spector einen Song im Gepäck, von dem er glaubte, nur Tina Turner könne ihn singen: "River Deep-Mountain High". Darüber hinaus bestand er auf einen anderen Gesangsstil –statt wild röhrend sollte Tina melodischer singen.
Ike war im doppelten Sinne nicht begeistert, einerseits wegen der anders klingenden Tina und andererseits über die Tatsache, dass Phil Spector ihn nicht dabei haben wollte. Nur Ike‘s Name sollte auf der Platte erwähnt werden, so der Deal.
Als die Platte in Amerika floppte, war dies für Ike eine Genugtuung und für Phil Spector eine riesige Enttäuschung. Stattdessen stürmte "River Deep-Mountain High" in Großbritannien die Hitparaden. Als sie 1969 in England gastierten und eigentlich nur als Vorprogramm der "Rolling Stones" verpflichtet waren, kochte die Royal Albert Hall und die Stones hatten Mühe, die Begeisterung des Publikums zu halten. Diese Tournee brachte dem Paar den endgültigen Durchbruch.
Erfolge in Europa und der Song "Nutbush City Limits"
Die Erfolge der Turner-Revue machten nun auch das europäische Publikum neugierig. Die Hallen wurden größer und die Plattenverträge lukrativer, das Geld floss in Strömen. Ike kaufte sich ein eigenes Studio und arbeitete wie ein Besessener.
Tina musste ständig auf Abruf bereit stehen, um seine Kompositionen zu singen, die jedoch nie den Nerv der Zeit trafen. Seinen Frust ließ er an ihr aus, nichts konnte sie ihm recht machen. Dann griff sie selbst zur Feder und schrieb 1973 ein Lied über die Kleinstadt Nutbush, in der sie aufwuchs. Es wurde ein Riesenhit.
Im Scheinwerferlicht feierten Ike & Tina Turner rauschende Erfolge, ihre Ehe hingegen lag in Scherben. Seine körperlichen Misshandlungen hatten einmal sogar soweit geführt, dass sie einen Selbstmordversuch unternahm. Mitte der 1970er Jahre war Ike schwer kokainabhängig und 1976 kam es nach einer heftigen Auseinandersetzung in Dallas schließlich zur Trennung. Doch der Start als Solistin gestaltete sich schwierig, denn in der Szene galt Tina Turner als gealterte farbige Sängerin, an die niemand mehr glaubte.
Tina startet neu durch musikalisch und privat
Ganz anders sah dies der australische Produzent Roger Davies. Er schlug Tina Turner vor, elektronische Musik aufzunehmen. Diese war in England sehr angesagt. Ihm war bewusst geworden, dass ein Relaunch ihrer Karriere nur über den Umweg Europa gelingen konnte. Diese Annahme erwies sich als richtig, denn das Album "Private Dancer", das 1984 entstand, bedeutete für sie ein unglaubliches Comeback.
Das Album enthält auch ihren Erfolgshit "What’s love got to do with it", den sie ursprünglich gar nicht singen wollte. Sie mochte ihn nicht, nahm ihn jedoch dennoch auf. Es war eine kluge Entscheidung, denn der Song wurde gleich mit drei Grammys ausgezeichnet und war wenig später sogar titelgebend für einen Spielfilm über ihr Leben.
Im Alter von 45 Jahren war sie auf die Bühne zurückgekehrt und im Handumdrehen zum Weltstar geworden. Sie bewies, dass frau auch im fortgeschrittenen Alter das Publikum aller Altersklassen noch von den Stühlen reißen konnte.
Welttournee mit 69 Jahren
12.000 begeisterte Menschen feierten sie beispielsweise 1985 im Münchner Olympiastadion und drei Jahre später brach sie alle Besucherrekorde, als sie in Rio de Janeiro von 180.000 Fans bejubelt wurde. Im Alter von 69 Jahren ging sie nochmal auf Welttournee. Doch nicht nur künstlerisch waren neue erfolgreiche Zeiten angebrochen, sondern auch im Privatleben. Es war "Liebe auf den ersten Blick", als sie den 16 Jahre jüngeren deutschen Musikmanager Erwin Bach kennenlernte und Jahre später heiratete.
Gesundheitliche Probleme bremsen Tina Turner aus
Doch kurz nach der Trauung musste sie einige gesundheitliche Nackenschläge einstecken. Erst ein Schlaganfall, nach dem sie mühsam das Laufen neu erlernen musste, dann Darmkrebs und darüber hinaus noch Nierenversagen. Hier war sie schon fest der Überzeugung, dass sich ihr Lebensweg damit dem Ende zuneigte. In dieser Situation spendete ihr Ehemann ihr eine Niere und ermöglichte Tina Turner somit eine Rückkehr ins Leben. Nach der gelungenen Transplantation verfasste sie ihre Autobiografie "My Love Story".
Bereits 2009 hatte Tina Turner ihren offiziellen Rückzug von der Bühne mitgeteilt. Ihren Ruhestand verbrachte sie in ihrer Villa am Zürichsee. Dort hat sie sich sogar einen eigenen Meditationsraum eingerichtet, denn seit Jahrzehnten zog sie ihre Kraft aus dem Buddhismus. Schon seit Jahren lag ihr Zuhause in der Schweiz und nicht mehr in den Staaten – das war abgeschlossene Vergangenheit. Seit 2013 war sie Schweizer Staatsbürgerin.
Am 24. Mai 2023 verstarb sie in ihrer Wahlheimat nach langer Krankheit im Alter von 83 Jahren. Tina Turner war "Simply the best", wie es auch US-Präsident Biden in seiner Würdigung zum Ausdruck brachte.
Geboren am | 26. November 1939 in Brownsville, Tennessee |
Gestorben am | 24. Mai 2023 in Küsnacht, Schweiz |
Heirat | Ehe mit Ike Turner (1962 - 1978), Ehe mit Erwin Bach (2013 - 2023) |
Kinder |
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Filmrollen (eine Auswahl) | "Acid Queen" in der Verfilmung der Rockoper "Tommy" (1975) "Aunty Entity" in "Mad Max - Jenseits der Donnerkuppel" (1985) |
Ihre Lebensgeschichte | "What’s love got to do with it" (Film, 1993) "Tina" (Musical, Uraufführung 2018 in London) |
Auszeichnungen (eine Auswahl): | zahlreiche Grammy Awards Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame Stern auf dem Hollywood Walk of Fame und St. Louis Walk of Fame Ehrendoktorwürde der Universität Bern |
Hits | "River deep - mountain high", "Proud Mary" und "What’s love got to do with it" wurden in die "Grammy Hall of Fame" aufgenommen. |
Gewusst? | "The Best" hat Tina Turner nur gecovert. Das Original stammt von Bonnie Tyler. |