Im Südwesten starten jetzt die Sommerferien. Aber auch im wohlverdienten Urlaub sehen sich viele Menschen Stress ausgesetzt. Egal, ob es darum geht, auf Knopfdruck abschalten zu müssen, oder Verpflichtungen im Kopf zu ignorieren. Sei es privater, oder beruflicher Natur. Und bei all der gegenwärtigen Ablenkung, wie dem Smartphone als ständigem Begleiter, ist das auch oftmals nicht so einfach. To-Do-Listen oder berufliche E-Mails folgen einem ja oft in den Urlaub. Da kann dann schon mal Stress ausbrechen.
Studie: Viele Berufstätige auch im Urlaub erreichbar
Das zeigt auch eine aktuelle Studie des Digitalverbands Bitkom, die jetzt veröffentlicht wurde. Das Ergebnis: Nur etwa ein Drittel der Befragten kann im Urlaub vollständig abschalten. Ein Großteil der Berufstätigen ist nämlich auch im Sommerurlaub für den Chef oder die Kollegen erreichbar. Die Hälfte geht davon aus, dass sie erreichbar sein müssen, heißt es in der Studie.
"Ich glaube, dass das vor allen Dingen eine Einstellungsfrage ist und ein Stückweit auch die Bereitschaft, wirklich einmal abzugeben, loszulassen und auch die Stille inzwischen aushalten zu können, das können immer weniger Menschen. So ein bisschen diese Angst, etwas zu verpassen", sagt der Sportwissenschaftler und Autor Ben Baak im Gespräch mit SWR1.
Experte: Erholung ist eine individuelle Sache
Er rät vor Beginn des Urlaubs einige Maßnahmen zu treffen, die einem dabei helfen können, zu entspannen. Es sei wichtig, im Vorfeld abzuklären, welche Projekte wirklich fertiggestellt werden müssen und Verantwortung im Team zu besprechen. Aber auch wann, wie und ob man während des Urlaubs beruflich erreichbar sein will oder muss.
Manche Menschen geraten in eine Art unterdrückten Stress, weil sie befürchten, nach dem Urlaub viel aufholen zu müssen. Um das zu vermeiden, könne man sich bewusst ein bis zwei Mal die Woche in kurzen Zeitfenstern auf den neuesten Stand bringen lassen. Anschließend sei es wichtig, sich wieder bewusst in den Entspannungszustand zu begeben, erklärt Baak. Er betont jedoch auch: Erholung ist eine individuelle Sache. Jeder müsse selbst darauf achten, was gut für einen funktioniert. "Und dann ist es wiederum in der eigenen Verantwortung auch zu schauen, dass ich in den anderen Zeitfenstern mich von äußeren Reizen - dem Telefon, dem E-Mail-Postfach - letztlich abkapsele, also wirklich in den Flugmodus sozusagen gehe", sagt der Autor.
Voraussetzung für eine gesunde Erholung sei nicht von einem Extrem ins andere zu verfallen. Etwa während der Ferien sich plötzlich zum Leistungssportler entwickeln zu wollen, sondern moderate körperliche Aktivitäten zu bevorzugen. Auch das Abkoppeln von der digitalen Welt hält Ben Baak während der Urlaubszeit für sehr sinnvoll. Stattdessen sei es heilsam, "dass man wirklich Zeit mit sich selbst verbringt und es schafft auch mal Langeweile auszuhalten. Das ist nämlich für unser Gehirn unheimlich heilsam, mal nichts durchzukalkulieren und auszubaldowern."
Kurze Erholungspausen im Alltag beugen Stress-Stau vor
Zeit in der Natur zu verbringen, ein Buch zu lesen, zu meditieren und sich allgemein mit gesunden Erholungsstrategien auseinanderzusetzen, könnten dabei helfen im Urlaub besser abzuschalten. Aber wie geht es nach dem Urlaub weiter? Um nicht plötzlich in Stress zu geraten und auch künftigen Stress-Stau zu vermeiden, sollten immer wieder Erholungsstrategien in den Alltag integriert werden. Das könne schon ein Blick aus dem Fenster, ein wenig Bewegung oder tiefes Durchatmen bewirken, erklärt der Sportwissenschaftler. Auf lange Sicht stärke das auch das Immunsystem und die Leistungsfähigkeit.