Der Standpunkt in unserer Sendung

Fußball-EM - was bleibt?

Stand
Autor/in
Rose, Ann-Kathrin

Sehnsucht Sommermärchen? So war die EM - mit Licht- und Schattenseiten.

Es gab sie, vor dieser EM – die Sehnsucht nach einem Sommermärchen 2.0. Nach Euphorie und Eskalation. Nach Leichtigkeit und vielleicht sogar nach einer Neuauflage von 2006 – die Sehnsucht nach einem fast perfekten Sommer. Und abgesehen vom wechselhaften Wetter, also dem German Summer, dürften sich viele dieser Sehnsüchte erfüllt haben. Ein Fest für die Fans – mit besonderen Begegnungen, etwa mit tanzenden Schotten, die sich begeistert haben – für Stuttgart, München und das Ruhrgebiet. Die gefeiert haben, trotz Niederlage. Völlig losgelöst. Mit den hüpfenden Holländern oder den englischen Fans, die zwar nicht ganz so begeisterungsfähig waren, wie die Reisegruppen aus Schottland, aber den destruktiven Fußball ihres Teams wochenlang bewundernswert ausgehalten haben, fast stoisch, und jetzt mit dem EM-Finale belohnt werden. Die EM für viele Fans ein wahr gewordenes Sehnsuchtsturnier – auch weil das deutschen Team einfach wieder Spaß gemacht, sportlich begeistert und dafür gesorgt hat, dass kleine Mädchen am Spieltag wieder mit Trikot in den Kindergarten gehen. Aber – so eine EM, das sind nicht nur Traumtore und Last-Minute-Siege, das sind auch rechtsextreme und nationalistische Vorfälle – in Städten, Stadien, auf Fanmeilen. Das ist öffentlicher Raum, der männlich dominiert und damit für Frauen unsicherer wird. Der Fußball fördert also das zu Tage, was in der Gesellschaft ohnehin schon allgegenwärtig ist – den Rechtsruck in Europa, sexualisierte Gewalt gegen Frauen. All das ist kein diffuses Gefühl, sondern belegt. Und – auch bei allen, die genau davon betroffen sind, hat es sie sicher gegeben, die Sehnsucht, nach dem Sommermärchen 2.0. Ein Happy End gibt es für sie nicht.

Stand
Autor/in
Rose, Ann-Kathrin