Der Kühlschrank gibt nach jahrelangen Diensten den Geist auf. Und jetzt? Reparieren lassen oder neu kaufen? Die rheinland-pfälzische Landesregierung schlägt vor, das Recht auf Reparatur in Zukunft ins Gewährleistungsgesetz mit aufzunehmen.
Verbraucherzentrale: "Grundsätzlich eine gute Idee"
Ruth Preywisch von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz sagt im SWR1 Interview, aktuell gebe es zwar Regelungen zur Reparierbarkeit, aber für Verbraucher keine Möglichkeit, diese auch durchzusetzen. Wäre das Recht auf Reparatur Teil des Gewährleistungsrechts, dann könnten Verbraucher drauf bestehen, dass Ersatzteile vorrätig sein müssen und sie die auch bekommen.
Ersatzteile statt neue Geräte
Aktuell sei der Standard bei Herstellern noch, dass Geräte eher selten repariert werden. Durch das aktualisierte Gesetz könnten Verbraucher auch darauf bestehen, dass sie nicht direkt ein völlig neues Gerät geschickt bekommen, sondern eben nur das kaputte Teil ersetzt wird – das wäre dann auch im Sinne der Nachhaltigkeit.
Andere Länder, andere Rechtslage
In anderen europäischen Ländern wird unterschiedlich mit dem Recht auf Reparatur umgegangen. So gebe es Länder, die die Mehrwertsteuer auf Reparaturen gesenkt haben, was den Verbrauchern nütze, sagt Ruth Preywisch. In Frankreich wurde sogar ein Repair-Index eingeführt. Dadurch sieht man schon beim Kauf, wie gut reparierbar das Produkt ist.
Reparatur ins Gewährleistungsgesetz: So stehen die Chancen
Ruth Preywisch von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz hält es grundsätzlich für eine gute Idee. Erstmal müssten sich aber mehrere Länder darauf einigen und dann müsse die Bundesregierung über die Umsetzung entscheiden. Es sei aber gut, dass der Vorschlag überhaupt existiere und schon ausgearbeitet sei.
Defekte Elektrogeräte: Diese Rechte habe ich
Noch ist die Rechtslage aber eine andere. Was also tun, wenn die Waschmaschine oder der Trockner den Dienst quittiert? SWR1 hat mit dem Kölner Rechtsanwalt Harald Rotter darüber gesprochen. Zunächst mal muss man zwischen zwei wichtigen Begriffen unterscheiden.
SWR1: Garantie und Gewährleistung – Was ist da eigentlich der Unterschied?
Harald Rotter: Der Unterschied zwischen Garantie und Gewährleistung ist der: Gewährleistung ist ein gesetzliches Recht, das im BGB geregelt ist. Garantie ist eine vertragliche Vereinbarung, bei der mir der Hersteller oder Verkäufer sagt: Ich gebe dir über das Gesetz hinaus auch noch folgende Rechte.
SWR1: Also Gewährleistung heißt dann zum Beispiel, ein Händler muss zwei Jahre lang für die Mangelfreiheit eines Produktes einstehen und Garantie geht darüber hinaus und ist eine freiwillige Leistung?
Rotter: Ganz genau.
SWR1: Lassen Sie uns mal ein bisschen konkreter werden. Was ist zum Beispiel mit einem Elektrogerät, das jetzt nicht mehr unter die gesetzliche Gewährleistung fällt und plötzlich irgendeine Macke hat?
Rotter: Also wenn die gesetzliche Gewährleistung abgelaufen ist und ein Gerät defekt wird, dann schaue ich in die Garantiebedingungen, ob mir eventuell Rechte zustehen, die über das gesetzliche hinaus zustehen.
SWR1: Nehmen wir mal an, der Händler hat die Ware repariert, ich bin aber nicht zufrieden mit diesem Ergebnis. Habe ich da irgendwelche Rechte?
Rotter: Bleiben wir bei der gesetzlichen Gewährleistung. Wenn ich innerhalb der zwei Jahre der Verjährung feststelle, dass das Gerät einen Mangel aufweist, dann muss ich dem Händler zunächst einmal die Möglichkeit geben, das Gerät zu reparieren. Die Rechtsprechung sagt, über den Daumen gepeilt, ich muss ihm zweimal das Recht geben, zu reparieren. Wenn er es zweimal nicht schafft, dann kann ich davon ausgehen, dass ihm das gar nicht möglich ist, einen korrekten Zustand wiederherzustellen. Dann kann ich Rückgabe und Rückzahlung des Kaufpreises verlangen.
SWR1: Und darüber hinaus, wenn die Gewährleistung abgelaufen ist, bin ich auch raus, wenn es keine weitere Garantie gibt – dann habe ich keine Möglichkeiten mehr, da irgendwie auf eine Reparatur zu drängen?
Rotter: Ganz genau so ist es. Wenn die gesetzliche Gewährleistung durch Verjährung beendet ist und ich keinen darüber hinaus gehenden Garantieanspruch aus dem Vertrag heraus habe, sind meine Rechte beendet.
SWR1: Reichen diese Gewährleistungsrechte aus Ihrer Sicht für die Verbraucher oder gibt es da Dinge, die man ändern sollte bzw. ändern müsste?
Rotter: Ich kann erst mal historisch darauf antworten. Als ich vor 40 Jahren die Ausbildung gemacht habe, da war es so: Da musstest du als Verbraucher beweisen, dass das Gerät mangelhaft war von der ersten Sekunde an. Also Sie haben irgendwas gekauft, haben es zu Hause hingestellt und angeschlossen und das Ding hat nicht funktioniert. Dann mussten Sie beweisen, dass das Gerät beim Kauf mangelhaft war und dass es Ihnen nicht während des Transports nach Hause runtergefallen und deswegen kaputtgegangen ist. Das hat sich dermaßen zugunsten des Verbrauchers geändert.
Heute reicht es, dass das Gerät innerhalb der ersten zwei Jahre defekt wird. Dann muss nicht der Verbraucher beweisen, dass es von vornherein defekt war, sondern der Verkäufer muss beweisen, dass es nicht defekt war. Also ist meine Sicht: In den letzten 40 Jahren hat sich das sehr zugunsten des Verbrauchers gewandelt.
SWR1: Warum geben manche Firmen Garantien über diese Gewährleistung hinaus? Weil sie von ihren Produkten überzeugt sind?
Rotter: Ich kann da nur ein Beispiel aus der Autoindustrie nennen: Da haben Sie die sogenannte Durchrostungsgarantie. Da übertrumpfen sich die Hersteller mit Durchrostungsgarantien über vier Jahre, bis über acht Jahre, und wenn dann wirklich mal ein Rostschaden auftritt, dann heißt es: Wir haben nicht gesagt "Rostgarantie", sondern wir haben gesagt "Durchrostungsgarantie". Das Blech ist ja nicht innerhalb der acht Jahre durchgerostet, sondern nur angerostet – also keine Garantie. Ich könnte mir vorstellen, dass manche Garantieleistungen oder manches Garantieversprechen mehr ein Werbeversprechen ist als ein konkretes Leistungsversprechen.
Das Interview führte SWR1 Moderator Frank Jenschar.