TikTok – die Social Media-Plattform aus China steht in der Kritik. Die Sorge ist groß, dass die chinesische Staatsführung Zugriff auf Daten bekommen könnte – was man in Peking zurückweist.
USA prüfen Verbot von TikTok
Jeder Dritte in Amerika nutzt TikTok – insgesamt mehr als 100 Millionen Amerikaner. Diese verbringen dort sogar mehr Zeit als auf YouTube, Facebook oder Instagram. Aus Sorge, die chinesische Regierung könnte Daten abgreifen, prüfen die USA ein Verbot der Plattform. In der EU-Kommission und in Deutschland dürfen Regierungsbeamte die App jetzt schon nicht auf dem Dienst-Handy haben. Dennis-Kenji Kipker, Professor für Cybersicherheit an der Uni Bremen, hat unsere Fragen zum Thema beantwortet.
SWR1: Politiker wären ja das eine Ziel. Aber was ist mit uns Privatmenschen?
Dennis-Kenji Kipker: Klar, das machen Facebook und Instagram auch. Der Unterschied ist, dass China ein Staat ist, wo es keine Datenschutzrechte als solche gibt. Da ist der Staat umfassend ausgeklammert. Es wird argumentiert, dass TikTok eine chinesische App ist und auch der Kontrolle des chinesischen Unternehmens ByteDance unterliegt. So gesehen ist ByteDance auch nur den chinesischen Gesetzen ausgesetzt. Dazu muss man auch noch abschließend sagen, dass das europäische Datenschutzrecht an dieser Stelle keinen Unterschied macht. Das heißt: die USA sind ein unsicherer Drittstaat aufgrund der ganzen NSA-Spionage-Geschichten – und auch China ist ein unsicherer Drittstaat.
SWR1: In Deutschland gibt es die Idee, Huawei-Technik zu verbieten – da geht es um Handy-Masten…
Kipker: Genau. TikTok ist an dieser Stelle auch ein bisschen das Bauernopfer. Die große Debatte geht eigentlich um digitale Souveränität und um Technologie-Abhängigkeit von China. Und da ist das Thema der Mobilfunkmasten ganz besonders interessant, weil das deutsche 5G-Netz und die verschiedenen Anbieter zu über 50 Prozent in Teilen auf Huawei-Technologie basieren. Es bestehen Sorgen, dass eine Art "Kill- Switch" – eine unbekannte Funktionen- und Hintertüren-Art – in Huawei-Produkten vorhanden sein könnte, die den deutschen Mobilfunk-Anbietern und dem Staat nicht bekannt ist. Wenn es beispielsweise zu militärischen oder geopolitischen Spannungen mit China kommen sollte, könnten chinesische Behörden über einen "Kill-Switch" das Netz einfach abschalten.
SWR1: Wenn ich das alles so höre, sehe ich eine Parallele zur Energieabhängigkeit von Russland, in die wir uns manövriert haben. Sehen Sie die Parallele auch bei der technischen Abhängigkeit von China?
Kipker: Ja, definitiv. Das Outsourcing von Technologie erleben wir schon seit den späten 90er Jahren mit den Halbleitern. Wir sehen es aber auch in der Computer-Technologie. Wir müssen jetzt sehen, dass wir möglichst schnell diese Technologie-Souveränität, die wir über Jahrzehnte fast schon abgebaut haben, wieder herstellen können.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.