Dr. Marcus Beschnidt ist Zahnarzt mit Humor und schriftstellerischem Talent. In seinem Buch geht es darum, die Angst vor dem Zahnarzt-Stuhl zu verlieren.
SWR1: Herr Beschnidt, Sie können ja nichts für ihren Namen. Als Patient könnte ich mir aber schon denken: Hoffentlich schneidet der ordentlich!
Marcus Beschnidt: Ja, das ist richtig. Ich bin aber tatsächlich der erste Zahnarzt in unserer Familie. Der Familienname rührt trotzdem von einem chirurgischen Beruf her. Es scheint so zu sein, dass im Dreißigjährigen Krieg die Familie "Benschnitt" oder "Beinschnitt" eben die Wunderärzte waren, die Beine abgeschnitten haben. Hört sich schlimm an, ist aber tatsächlich so gewesen.
SWR1: Sie machen einiges anders als andere Zahnärzte. Was?
Beschnidt: Es beginnt mit dem Fakt, dass ich selbst Angst vor dem Zahnarzt hatte und jeden Menschen verstehen kann, der Angst vor dem Zahnarzt hat. Ich habe selbst ein prägendes Erlebnis als Kind gehabt. Mir wurden Zähne ohne Anästhesie gezogen, weil ich Angst vor Spritzen hatte.
Betroffene erzählt von Zahnarztangst Mit dem richtigen Zahnarzt die Angst besiegen
SWR1 Hörerin Carola hat seit ihrer Kindheit Angst vor dem Zahnarzt. Inzwischen hat sie einen Weg gefunden, wie sie damit umgehen kann.
SWR1: Was heißt das heute für ihre Patienten?
Beschnidt: Dass ich zuerst einmal zuhöre und zu klären versuche: Wovor haben wir denn Angst? Es gibt eine reale Angst vor Schmerz oder Tod, die wir alle haben. Dann gibt es noch eine fiktive Angst, zum Beispiel vor Bohrgeräuschen oder vor Gerüchen. Das ist die Angst vor dem Kontrollverlust, den wir ja beim Zahnarzt auf jeden Fall haben. Wir liegen, der Zahnarzt ist über uns gebeugt. Wir können uns in dem Moment, in dem der Zahnarzt anfängt zu arbeiten, nicht mal mehr äußern. Wenn man darüber vorab spricht, dann kann man diese Angst zumindest beginnen zu mindern.
SWR1: Die Angst vor den Bohrgeräuschen oder den Gerüchen gehört dazu. Da kann man doch nur wenig machen, oder?
Beschnidt: Sie können dieses Geräusch tatsächlich nicht weglassen. Es wird versucht, heutzutage mit Laser oder mit Kopfhörern, diese Geräusche zu minimieren. Wenn sie aber tatsächlich jemanden darauf vorbereiten, dann ist es viel wichtiger, dass er diese Angst klassisch durchlebt. Und wenn man gut auf dieses Geräusch vorbereitet ist, dann muss das Geräusch eigentlich nicht weg sein, sondern man muss das Gefühl haben: "Klasse, es ist nichts Schlimmes passiert!“
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Hanns Lohmann.