Preise in weiteren Kategorien
Zum vierten Mal verliehen wurde der Ehrenpreis für das Lebenswerk. In diesem Jahr ging er an Ulrike Ottinger. Die Laudatio hielt die ehemalige Geschäftsführerin der Berlinale, Mariëtte Rissenbeek. Für einen dokumentarischen Film aus dem Bereich Musik wurde Jan Heck für seinen Film „Schleimkeim – Otze und die DDR von unten“ der mit 5.000 Euro dotierte Musikpreis des SWR verliehen. Der Film „Goldhammer“ von André Krummel und Pablo Ben Yakov wurde mit dem Förderpreis des Hauses des Dokumentarfilms – Europäisches Medienforum Stuttgart e.V., dotiert mit 3.000 Euro, ausgezeichnet. Der ebenfalls mit 3.000 Euro dotierte Publikumspreis der SWR Landesschau, gestiftet von der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) sowie der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG), ging an „Plastic Fantastic“ von Isa Willinger.
„Total Trust” von Jialing Zhang
Gewinner des Hauptpreises des Deutschen Dokumentarfilmpreises 2024 Total Trust
„Total Trust“ ist ein zutiefst beunruhigender und bewegender Film über die unheimliche Macht von Big Data und KI, über ihren Gebrauch und Missbrauch im öffentlichen wie im privaten Leben, über Zensur und Selbstzensur. Was wird aus der Freiheit?
Die Hauptjury hat sich in diesem Jahr dazu entschieden, den Hauptpreis an Jialing Zhang für ihren Film „Total Trust” zu geben. 20.000 Euro, gestiftet vom SWR und der MFG, gehen an die Regisseurin. Die aus China stammende Filmemacherin fängt in ihrem Film „Total Trust” die unheimliche Macht von Big Data und KI ein. Der Film ist ein zutiefst beunruhigender und zugleich bewegender Film über Verwendung und Missbrauch im öffentlichen wie im privaten Leben, über Zensur und Selbstzensur. Mit China als Spiegel schlägt der Film Alarm: Der zunehmende Einsatz von digitalen Überwachungstools ist längst ein globales Phänomen – auch in demokratisch geführten Ländern. Die Jury: „Ihr Film dokumentiert eindrücklich, dass der stalinistische Unterdrückungs-Staat Maos nun mit modernster Überwachungstechnologie lückenlos perfektioniert wird. Die besondere Leistung des Films ist es, diese Investigation mit nahen, intimen Porträts von Regimekritikern zu verknüpfen. […] Jialing Zhangs Werk bietet große Bilder, erhellende Einblicke und berührende Szenen. Eine reale Dystopie in Moll. Dokumentarkino at it’s best.“
„Total Trust“: Deutschland, Niederlande – 2023, Buch und Regie: Jialing Zhang; Kamera: Cuier (Anonymous), RCS (Anonymous), J.V. Chi (Anonymous); Montage: Barbara Toennieshen, Claire Shen (Anonymous); Produktion: Filmtank; Co-Produktion: Witfilm, Interactive Media Foundation, ZDF/arte, NTR; Filmförderung: MOIN Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg, Netherlands Film Fund, CoBO Fund, Eurimages, in Zusammenarbeit mit BBC Storyville, SVT, Chicken & Egg Pictures.
Musikpreis des SWR an „Schleimkeim – Otze und die DDR von unten“ von Jan Heck
Gewinner des Deutschen Dokumentarfilmpreis in der Kategorie Musik 2024 Schleimkeim - Otze und die DDR von unten
"Otze" Ehrlich, Frontman der DDR-Punkband Schleimkeim provozierte mit seinen Texten die DDR-Führung . Trotz staatlicher Repressionen und Gefängnis hielten er und die DDR-Punks an ihrer rebellischen Haltung fest und blieben authentisch. Doch mit dem Fall der Mauer verlor Otze seine Feindbilder...
Mit 5.000 Euro verbunden ist der vom SWR gestiftete Musikpreis, der dieses Jahr an den Regisseur Jan Heck für „Schleimkeim - Otze und die DDR von unten“ vergeben wurde. Der Dokumentarfilm erzählt die bewegende Lebensgeschichte des DDR-Punkmusikers Dieter „Otze" Ehrlich. Ehrlich, ein kreativer Bauernsohn, wurde zum Sänger und schrieb provokante Texte, die die Missstände in der Gesellschaft kritisierten. Trotz staatlicher Repressionen und Gefängnisaufenthalten hielt er an seiner rebellischen Haltung fest. Doch mit dem Fall der Mauer verlor Otze nicht nur seine Feindbilder, sondern auch sein Leben. Auszug aus der Jury-Begründung: „Es ist das große Verdienst des Filmautors und -regisseurs Jan Heck, diese vergessene Szene innerhalb der DDR-Musiklandschaft mit ihren Exponenten, die nolens volens zu Märtyrern der Jugendprotestbewegung werden, aus dem Dunkel der Geschichte ins Licht zu holen. Heck verhilft ihnen zu der Würdigung, die sie auch nach der Wende nicht erhalten, indem er mit Zeitzeugen in den passend gewählten Interieurs und Archivmaterial das Mosaik zusammensetzt, ohne das historische Panorama aus dem Auge zu verlieren.“
„Schleimkeim – Otze und die DDR von unten“: Deutschland – 2023; Buch und Regie: Jan Heck; Kamera: Fabian Weber, Jonas Eichhorn, Robert Schulzmann, Robert Franz, Martin Kadel, Gabriel Sahm, Johanna Amberg, David Schütz und Matea Buzuk; Montage: Jan Heck; Produktion: Kontrastfilm; Förderung: Film + Mediennachwuchsförderung Rheinland-Pfalz.
André Krummel und Pablo Ben Yakov gewinnen den Förderpreis des Hauses des Dokumentarfilms – Europäisches Medienforum Stuttgart e.V. mit dem Film „Goldhammer“
Gewinner des Förderpreises des Deutschen Dokumentarfilmpreises 2024 Goldhammer
Ein Mann, der sich ständig neu erfindet. Von den Anfängen als Schauspieler und schwuler Aktivist bis hin zur politischen Bühne der AfD. Eine Biografie voller Erstaunen, die widersprüchlicher kaum sein könnte.
Der mit 3.000 Euro dotierte Förderpreis des Hauses des Dokumentarfilms für ein Erstlingswerk oder einen Hochschulabschlussfilm geht an André Krummel und Pablo Ben Yakov für „Goldhammer“. Der Film begleitet den Werdegang des gebürtigen Marcel Goldammer, der, als deutscher Christ aufgewachsen, zum Judentum konvertiert und in der israelischen Armee dient, sich als Schauspieler betätigt, seinen Namen ändert, später der AfD beitritt, in Tel Aviv und Berlin lebt, sich immer wieder neu erfindet. Aus der Jurybegründung: „Die große Kunst dieses Films liegt in seiner Offenheit: Er spielt mit den Fragen, statt eindeutige Antworten zu geben. Er überlässt die Einordnung, die Bewertung, das Urteil den Zuschauer:innen. […] Dennoch scheint immer wieder etwas von der großen Einsamkeit, der Suche nach Liebe auf, die uns alle betrifft. […] Goldhammer wird so zum Anti-Helden, der uns auf die Bruchstellen, die Gefährdungen unserer Zeit hinweisen kann.“
„Goldhammer“ Deutschland – 2023; Buch und Regie: André Krummel, Pablo Ben Yakov; Kamera: André Krummel; Ton: Pablo Ben Yakov; Montage: André Krummel, Pablo Ben Yakov; Produktion: Benjamin Leers (Glotzenoff); Co-Produktion: Ümit Uludag, Erik Winker, Martin Roelly (Corso Film), Sebastian Lemke, Arne Birkenstock (Fruitmarket Kultur und Medien), Filmakademie Baden-Württemberg; Förderung: MFG Baden-Württemberg, Mitteldeutsche Medienförderung (MDM).
Publikumspreis der Landesschau, gestiftet von LFK und MFG: „Plastic Fantastic“
Gewinner des Publikumspreises des Deutschen Dokumentarfilmpreises 2024 Plastic Fantastic
Plastik - ein Material, das unsere Welt positiv verändert hat und zugleich bedroht. Was ist das Denken und Handeln der Plastikindustrie? Welche Wege gibt es zur Bewältigung der Krise? Was können wir alle tun?
Eine Zuschauer:innen-Jury der SWR Landesschau aus neun Personen entschied in diesem Jahr zum vierten Mal über den mit 3.000 Euro dotierten Publikumspreis, gestiftet von der LFK und der MFG. Der Preis für das Jahr 2024 ging an den Film „Plastic Fantastic“ von Isa Willinger. Der Film zeigt Umweltanwält:innen, Wissenschaftler:innen, Aktivist:innen im Kampf gegen die Allgegenwart von Plastik und Plastikmüll und befragt auch Vertreter:innen der Industrie. Die Jury: „Das Ausmaß der Problematik, das der Dokumentarfilm aufzeigt, ist überwältigend. Das kann zynisch machen, Gefühle der Ohnmacht bewirken. Der Film von Isa Willinger erzählt aber auch vom erfolgreichen Kampf gegen die scheinbar übermächtige Industrie. Er macht Hoffnung, setzt Zeichen und rüttelt auf.“
„Plastic Fantastic“ – Deutschland 2023, Regie: Isa Willinger, Produktion: Isabelle Bertolone, David Armati Lechner, Trini Götze (Trimafilm), Co-Produktion: ZDF Das kleine Fernsehspiel, Kamera: Julian Krubasik, Felix Pflieger, Filmlänge: 101 Minuten, Schnitt: Lena Hatebur, Ton: Veronika Neuber, Originalsprache(n): Deutsch, Englisch, Kiswahili, Animation: Lukas Väth, Förderungen: BKM, FFF Bayern, DFFF.
Ehrenpreis für das Lebenswerk geht an Ulrike Ottinger
Zum vierten Mal wurde in diesem Jahr der Ehrenpreis für ein Lebenswerk vergeben. Der undotierte Preis zeichnet große Persönlichkeiten des Dokumentarfilms und ihre herausragenden Werke aus. In diesem Jahr wurde Ulrike Ottinger geehrt. Die 82-jährige Filmemacherin, Künstlerin und Fotografin gehört zu den bedeutendsten deutschen Filmeschaffenden. Ihre Werke widmen sich meist fremden, eher unbekannten Welten und Menschen, deren Rituale und Bräuche, ob vergangen oder gegenwärtig, sie mit einer großen Ruhe und Hingabe einfängt. Bis heute produziert die Künstlerin Dokumentarfilme und ist auch an Theatern und als Fotografin beschäftigt. Ihre Filme erhielten national wie auch international viel Anerkennung und wurden vielfach preisausgezeichnet. Mariëtte Rissenbeek die ihr den Preis überreichte, über Ulrike Ottinger: „Ulrike Ottinger beobachtet, schaut, erforscht, durchdenkt, konzipiert. Ihre große Gabe ist das Hinschauen mit Augen, die immer neugierig und interessiert sind und dann diese Eindrücke in ganz eigene, anregende und pointierte Bilder und Gedanken zu fassen.“ Der Ehrenpreis des Deutschen Dokumentarfilmpreises wird gemeinsam vom SWR Dokufestival und der MFG vergeben.