Dem Publikum in Neuwied haben die Deichstadtvolleys schon Adieu gesagt. Die 1:3-Niederlage gegen den Europacup-Halbfinalisten VC Wiesbaden am vergangenen Samstagabend war das letzte Heimspiel der Rheinländerinnen in der Volleyball-Bundesliga. Vor rund 400 Zuschauern in der gut gefüllten Halle des Rhein-Wied-Gymnasiums zeigten die Neuwiederinnen eine couragierte Leistung gegen favorisierte Gäste aus Wiesbaden und verabschiedeten sich erhobenes Hauptes von ihrem Heimpublikum.
In dieser Woche spielen die Neuwiederinnen noch zweimal auswärts (Mittwoch in Dresden, Samstag in Münster), dann ist das Abenteuer Bundesliga erstmal beendet. "Es ist total traurig, Abschied zu nehmen. Aber es ist natürlich auch das Business und alle gehen irgendwo anders hin", sagte Außenangreiferin Kristin vom Schemm im Interview mit SWR Sport.
Die wirtschaftliche Bilanz: Insolvenzantrag im Dezember 2023
Die Spielerinnen werden den Verein verlassen, da die Deichstadtvolleys GmbH, die extra für die vom Verein ausgegliederte Bundesliga-Mannschaft gegründet wurde, im Dezember einen Insolvenzantrag gestellt hat. Für das Team kam die Nachricht des eingeleiteten Insolvenzverfahrens überraschend.
Geschäftsführer Manohar Faupel zieht ein ernüchterndes Fazit: "Man muss ehrlich sagen, dass wir es in den drei Jahren Bundesliga nicht geschafft haben, den Standort Neuwied nachhaltig wirtschaftlich zu etablieren." Laut Manager Faupel habe dies unter anderem daran gelegen, dass "Sponsoren in der Region mit diesem Produkt beziehungsweise Konzept" nicht überzeugt werden konnten.
Die Bundesliga kostet Geld, denn neben den Spielerinnen, die alle Profis sind, müssen auch Trainer, Ärzte und Scouts bezahlt werden. Darüber hinaus entstehen bei Spielen in ganz Deutschland zum Teil hohe Reisekosten. Wenn nicht genug Geld nachkommt, ist der Spielbetrieb nicht mehr finanzierbar.
Die sportliche Bilanz: Nur ein Sieg in bisher 58 Bundesligaspielen
Dass die Deichstadtvolleys nicht ausreichend neue Sponsoren akquirieren konnten, hing sicherlich auch mit der sportlichen Situation zusammen. Nachdem die Neuwiederinnen in der Saison 2020/2021 noch die Zweitliga-Meisterschaft feierten, war der Erfolg im Volleyball-Oberhaus überschaubar. Auch wenn die Rheinländerinnen in vielen Partien gute Ansätze zeigten und oft auch mithalten konnten, reichte es in bisher 58 Bundesligaspielen nur zu einem Sieg.
In der Liga blieb Neuwied nur, da der Verein an einem Entwicklungsprogramm der Liga teilgenommen hatte und damit in den ersten zwei Jahren vor einem Abstieg geschützt war. An dieser Stelle sei betont, dass die Deichstadtvolleys in den drei Jahren stets den mit Abstand kleinsten Etat der Liga hatten. Mit jungen deutschen Talenten und fast ohne ausländische Spielerinnen versuchte Neuwied den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und sportlichem Erfolg - am Ende vergebens.
Die Zukunft des VC Neuwied 77: Zwischen 2. und 4. Liga
Da der Hauptverein von der Insolvenz der Profimannschaft nicht betroffen ist, wird es mit Volleyball in Neuwied in jedem Fall weitergehen. In welcher Liga dies sein wird "hängt davon ab, wie viele Sponsoren wir jetzt noch finden", sagt Raimund Lepki, der Vorsitzende des VC Neuwied 77.
Die zweite Frauenmannschaft des Vereins spielt in der viertklassigen Regionalliga. Für die kommenden Saison werden die Neuwiederinnen auch einen Startplatz in der 2. Liga haben. Ob dieser aber auch wahrgenommen wird, ist laut Lepki noch nicht entschieden. Ob die erste Mannschaft des Vereins in der Spielzeit 2024/2025 in der 2. Liga oder Regionalliga antreten wird, ist also noch völlig offen. Lepki möchte nun alles möglich machen, damit der VC "auch weiterhin Spitzenvolleyball in Neuwied" anbieten kann.
Die Zukunft der Liga: "Eintrittsschwelle für Neulinge herabsetzen"
Daniel Sattler, der Geschäftsführer der Volleyball-Bundesliga, möchte den Neuwiederinnen keinen Vorwurf machen. Gegenüber der Rhein-Zeitung sagte Sattler vor Kurzem: "Wir haben gesehen, dass es sehr schwer ist, einen Erstligastandort quasi aus dem Stand zu entwickeln." Überhaupt scheint es in der Volleyball-Bundesliga der Frauen schwierig zu sein, ein Team aufrecht zu erhalten.
In der Saison 2021/2022 spielten noch zwölf Mannschaften in der Bundesliga, in dieser Spielzeit sind es gerade mal noch zehn. Vergangenes Jahr meldete erst NawaRo Straubing Insolvenz an, einen Monat später zog sich Schwarz-Weiß Erfurt freiwillig zurück in die 2. Liga. Aus Kostengründen wollte kein Team aufsteigen.
Ziel der Liga ist es jedoch, mittelfristig auf mindestens 14 Teams aufzustocken. Dadurch soll nicht nur die Bundesliga aufgewertet werden, sondern der Frauenvolleyball insgesamt. So sollen auch die großen Vereine wie beispielsweise der MTV Stuttgart von mehr Wettbewerb und einer größeren Sichtbarkeit profitieren. Dafür bräuchte es aber Aufsteiger aus der 2. Liga. Damit die Vereine auch den Weg in die 1. Liga gehen, muss "die Eintrittsschwelle für Neulinge herabgesetzt werden", sagte Sattler. Das letzte Team, dass den Sprung ins Oberhaus wagte, waren übrigens die Deichstadtvolleys aus Neuwied im Sommer 2021.