Ringen | Olympia

Deutschlands stärkste Ringerin: Luisa Niemeschs Resthoffnung auf Medaille

Stand
Autor/in
Kersten Eichhorn mit dpa

Ringerin Luisa Niemesch aus Freiburg ist an diesem Freitag in das olympische Ringerturnier gestartet. Nach einer Niederlage im Viertelfinale besteht noch eine Resthoffnung auf Edelmetall.

Luisa Niemesch verlor ihr Viertelfinale gegen die Norwegerin Grace Bullen. Aus einem starken Beinangriff der 27-Jährigen konnte sich die Athletin nicht mehr befreien. Sie verlor letztlich durch technische Überlegenheit. Nur wenn Bullen das Finale erreichen sollte, darf Niemesch noch mal in der Hoffnungsrunde ran und hätte über diese am Samstag zumindest noch die Chance auf Bronze.

"Das Ergebnis repräsentiert eigentlich nicht, wie wir uns gegenüberstehen", sagte Niemesch unter Tränen. Im EM-Finale im Februar hatte die 28-Jährige gegen Bullen nur ganz knapp verloren. Diesmal habe sie für einen Moment nicht richtig aufgepasst, meinte Niemesch. "In dem Moment ist Ringen so ein harter Sport. Da kann eine Sekunde reichen, dass ziemlich viele Träume zunichtegemacht werden." Zumindest der von Gold oder Silber ist definitiv geplatzt.

Die Kämpferin aus Weingarten, die in Freiburg lebt und am dortigen Olympiastützpunkt trainiert, ist die stärkste deutsche Ringerin der letzten Jahre. Im Frühjahr gewann sie in Bukarest ihre dritte EM-Medaille nacheinander. Schon 2022 hatte Niemesch Silber gewonnen, 2023 holte sie Bronze. Das umjubelte Ticket für die Olympischen Spiele in Paris hatte sie sich mit Platz fünf bei der WM im vergangenen Jahr gesichert.

Luisa Niemesch: "Ich fand Ringen cool"

Jetzt in Paris würde Luisa Niemesch ihre tolle Karriere liebend gerne mit einer olympischen Medaille krönen. Eine Karriere, die im kleinen Weingarten bei Karlsruhe begann. An die Anfänge auf der Matte kann sich die 28-Jährige noch ganz genau erinnern. Ihr Heimatort gilt schon seit vielen Jahren als große Ringer-Hochburg mit erfolgreichem Bundesliga-Team und toller Jugendarbeit. Und so zog es auch Luisa bereits im Alter von sieben Jahren zu den Bambinis und auf die Matte: "Ich komme zwar nicht aus einer klassischen Ringerfamilie", sagt sie im Gespräch mit SWR Sport, "aber mein Bruder ging damals ins Ringen, da habe ich auch mal zugeschaut und wollte gleich mitmachen". Die Eltern waren zunächst nicht begeistert. Luisa setzte sich jedoch durch: "Ich fand das cool. Und seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen."

Ringen besteht aus vielen Komponenten

Bis zum Alter von zwölf Jahren wurde gemischt gekämpft, gingen die Ringer-Mädchen bei den Wettbewerben auch gegen die Jungs auf die Matte: "Das war dann natürlich immer eine extra Motivation", erinnert sich Luisa an die sportlichen Zeiten im Kindesalter. Eine erfolgreiche Karriere im Kampfsport nahm ihren Lauf. "Ringen besteht aus vielen einzelnen Komponenten: Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Koordination", beschreibt Luisa die Faszination des Sports. "Man kann immer weiter an den Techniken basteln, entwickelt seinen eigenen Stil und kann den immer weiter perfektionieren."

Luisa Niemesch sicherte sich souverän das Olympia-Ticket

Das ist ihr bestens gelungen. Jetzt, mehr als 20 Jahre später, ist die Sportlerin die aktuell erfolgreichste Ringerin in Deutschland. Luisa Niemesch ist Deutsche Meisterin in der 62-Kilo-Klasse, holte zweimal Silber und Bronze bei den Europameisterschaften, bei der WM vergangenen September in Belgrad Platz wurde sie Fünfte. Mit dieser Platzierung sicherte sich Luisa Niemesch vorzeitig das Ticket für die Olympischen Spiele 2024 in Paris.

Ein Wahnsinnserfolg, die Vorfreude war in den letzten Monaten entsprechend groß: "Die ist riesig, Olympia im Nachbarland Frankreich, in Paris, das ist mega-mega cool". Was Olympische Spiele bedeuten, das konnte die 28-Jährige bereits 2016 in Rio kennenlernen: "Das ist eine Weltbühne des Sports, da schaut jeder hin. Darauf liegt der Fokus, und das ist etwas ganz Besonderes."

Weil am Rhein

Olympische Spiele 2024 in Paris Feuertaufe: Aline Rotter-Focken darf die olympische Fackel tragen

Nach ihrem Triumph von Tokio 2021 steht der nächste Höhepunkt für die ehemalige Ringerin Aline Rotter-Focken an. Sie darf die olympische Fackel mit nach Paris tragen.

SWR Aktuell am Morgen SWR Aktuell

Wechsel zwischen Spitzensport und Beruf als Steuerassistentin

Die großen Erfolge von Luisa Niemesch, die seit zehn Jahren in Freiburg lebt und am dortigen Olympia-Stützpunkt mit den stärksten Ringerinnen im Südwesten trainiert, sind nicht selbstverständlich. Schließlich führt sie ein anstrengendes "Doppelleben" zwischen Spitzensport und Beruf. Nach ihrem BWL-Studium entschied sich die Kämpferin für den Einstieg als Steuer-Assistentin in einer Freiburger Kanzlei. Das heißt: Training morgens, danach an den Schreibtisch, am späten Nachmittag folgt die zweite Trainingseinheit. "Das ist manchmal schon eine große Herausforderung", beschreibt Luisa ihren stressigen Arbeitsalltag.

"Zum Glück", sagt sie, "habe ich einen tollen Arbeitgeber erwischt, der voll hinter mir steht und mich für Lehrgänge, Trainingslager oder Meisterschaften freistellt". Wie in diesen Tagen der Europameisterschaften in Bukarest. Der Wettkampf ist für Niemesch eine Art Generalprobe für die Olympischen Spiele.

Bei der EM in Bukarest ganz weit vorne

Das Wechselspiel zwischen Körper und Kopf, zwischen Sport und Beruf ist für sie aber auch wohltuend: "Der Ausgleich tut mir gut. Nach dem Auspowern ist der Kopf gefordert", sagt sie. "Ich bin nicht nur in der Ringer-Blase, sondern kann mit der Arbeit in eine andere Welt eintauchen". Mathe statt Matte.

Jetzt in Paris zählt für zwei Tage aber erstmal nur die Ringermatte. Eine olympische Medaille wäre ein Traum. Für Luisa Niemesch und auch für ihren Heimatort Weingarten.

Mehr zum Ringen

Weil am Rhein

Olympische Spiele 2024 in Paris Feuertaufe: Aline Rotter-Focken darf die olympische Fackel tragen

Nach ihrem Triumph von Tokio 2021 steht der nächste Höhepunkt für die ehemalige Ringerin Aline Rotter-Focken an. Sie darf die olympische Fackel mit nach Paris tragen.

SWR Aktuell am Morgen SWR Aktuell

Stand
Autor/in
Kersten Eichhorn mit dpa