Willenskraft spielt wohl die größte Rolle bei seinem ungewöhnlichen Weg aus Laichingen auf der schwäbischen Alb über den Biathlon-Nationalkader bis aufs Profi-Rad. Mit 13 Jahren verließ er Eltern und Großeltern, um ins Internat nach Seefeld in Österreich zu gehen. Das Ziel, Biathlet zu werden, verlor Lipowitz nie aus den Augen.
Bis die Knie streikten. Ein schleichender Prozess der Überlastung ließ seinen Traum platzen. Ein Kite-Surf-Unfall inklusive Kreuzbandriss machten alles noch viel schlimmer. Schließlich landete der Schwabe in einer Reha-Klinik und auf dem Rad. Schonender für die Gelenke sei das, hieß es. So begann sein zweites Leben als Sportler. "Ich bin eher ein ruhiger Mensch, fahre gerne Berge hoch und genieße die Natur", sagt erzählt Lipowitz im Gespräch mit SWR Sport.
Lipowitz mit grandioser Vuelta-Premiere
Eines kam zum Anderen: Lipowitz absolvierte einen Leistungstest, der so gut ausfiel, dass ihn der deutsche Rennstall Red Bull- Bora-hansgrohe unter Vertrag nahm. "Ich bin glücklich, dass ich den Schritt in den Radsport gegangen bin", sagt er und es wird klar: Schnee und Kälte vermisst er kaum noch.
Das ist etwa vier Jahre her. Vor kurzem fuhr er seine bisher größte Rundfahrt, die Vuelta a España. 21 Etappen quer durch Spanien, fast jeden Tag hunderte Kilometer. Lipowitz wurde in der Gesamtwertung Siebter. "Ich hatte Respekt davor und war am Ende umso glücklicher, dass ich die drei Wochen Spanien-Rundfahrt so konstant gut gefahren bin", sagt er lächelnd. Neuer Ehrgeiz für den neuen Sport steht ihm ins Gesicht geschrieben.
Rennrad | Spanien-Rundfahrt Früher Biathlet, jetzt Top-Radsportler: Florian Lipowitz begeistert bei der Vuelta
Seit Jan Ullrich war kein deutscher Radprofi bei der Vuelta so gut wie Florian Lipowitz aus Laichingen. Und das, obwohl der 23-Jährige nur über Umwege zum Radsport kam.
Florian Lipowitz träumt von der Tour de France
Sein Ziel: "Natürlich auch mal die Tour de France fahren. Aber das ist noch zu früh, etwas mehr Rennerfahrung muss ich schon noch sammeln", meint der 24-Jährige. Während er sich angekommen fühlt, müssen sie sich daheim noch an die neuen Gefahren gewöhnen.
Vor allem Mama Evelin sorgt sich, wenn er die rasanten Abfahrten angeht. "Und wenn man die Berge hoch fährt, gehts ja wieder runter", sagt sie. Oft könne sie gar nicht hinschauen, wenn es mit knapp 100 Stundenkilometern ins Tal geht. Der erste Anruf nach dem Rennen gelte deshalb immer der Mama, gesteht Lipowitz.
30.000 Kilometer im Jahr auf dem Rad
Etwa 30.000 Kilometer im Jahr radelt Lipowitz und ist mittlerweile ein Bergspezialist. Die deutschen Medien betiteln ihn inzwischen als "größte Rundfahrt-Hoffnung". Den Erwartungsdruck schiebt er gelassen zur Seite. Er sei doch nur Florian Lipowitz aus Laichingen, der erst schnell im Schnee war und jetzt eben ganz gut Fahrrad fährt.