Sebastian Hoeneß schraubte grimmig am Deckel seiner Wasserflasche. Dann gestikulierte der VfB-Trainer unzufrieden mit dem Zeigefinger in Richtung seiner Spieler. Auch nach 73 Minuten schienen seine Stuttgarter weitgehend ratlos bei eigenem Ballbesitz gegen das tschechische Abwehrbollwerk anzulaufen. Der Wille war den Schwaben mit dem Brustring nicht abzusprechen, allein die zündende Idee fehlte.
"Wir haben eine gute zweite Halbzeit gespielt, aber was natürlich gefehlt hat, war das Tor", sagte Maximilian Mittelstädt nach der Partie am SWR-Mikrofon. Trotzdem sei es etwas besonderes gewesen: "Champions Legaue zuhause, darauf haben wir lange hingearbeitet. Die Fans haben sich auch gefreut und es auch verdient. Das war ein schönes Gefühl für uns."
Millot trifft für den VfB Stuttgart
Der VfB Stuttgart hatte stark begonnen. Angefeuert von 60.000 Fans setzten die Hausherren ihre Gäste aus Prag früh unter Druck. "Es war überragend, es hat Bock gemacht, die Fans haben abgerissen", freute sich VfB-Kapitän Atakan Karazor nach dem Spiel. "Ich bin eher der Typ, der das im Spiel nicht so mitbekommt, aber heute gab es ein paar Gänsehaut-Momente auf dem Feld." Der erste Gänsehautmoment erfolgte schon nach sieben Minuten. Eine Maßflanke von Maximilian Mittelstädt drückte der 22-Jährige Enzo Millot aus kurzer Distanz über die Linie - 1:0 für den VfB. Der erste Stuttgarter Heimtreffer in der Champions League seit Cacaus Tor gegen den FC Barcelona im Jahr 2010.
Sparta Prag schien vom Rückstand jedoch keinesfalls geschockt. "Sie haben uns das Aufbauspiel wirklich schwer gemacht", gab Mittelstädt zu. Der tschechische Double-Sieger zwang die Schwaben immer wieder zu Aufbaufehlern und vergab in der Folge mehrfach Chancen auf den Ausgleich. Mit der größten Möglichkeit scheiterte Martin Vitik nach 13 Minuten am Stuttgarter Innenpfosten.
Undav scheitert, Kairinen trifft
Auch der VfB Stuttgart hielt das Tempo hoch und hätte seinerseits durch Undav die Führung ausbauen können (27. Minute), doch der Nationalspieler vergab aus guter Position. "Ich glaube, dass wir gut ins Spiel gekommen sind, hatten in der ersten Halbzeit aber nicht so die Kontrolle, wie wir es uns vorgenommen hatten", analysierte Mittelstädt treffend.
Die fehlende Kontrolle wirkte sich aus: Nach 32 Minuten jubelten die Tschechen. Nach einem Foul von Mittelstädt an Veljko Birmancevic legte sich Kaan Kairinen den Ball zurecht und zirkelte den Freistoß unhaltbar ins rechte obere Toreck. VfB-Keeper Alexander Nübel, mit den Fingerspitzen noch dran, hatte keine Chance. Nur sieben Minuten später hätte es für den VfB noch dicker kommen können, doch Birmancevic traf aus sechs Metern per Kopf nur die Latte. So ging es mit 1:1 in die Kabine.
Stuttgart am Drücker, doch das Tor will nicht fallen
Auch im zweiten Durchgang zeigte sich der VfB Stuttgart druckvoll, die Schwaben waren dem Siegtreffer näher als die Gäste aus Tschechien, doch weder Undav (48.), noch Millot (65.) oder Stiller (72.) konnten ihre Möglichkeiten nutzen.
So drehte Sebastian Hoeneß nach 73 Minuten nachdenklich am Deckel seiner Wasserflasche auf der Suche nach einem neuen Impuls. Doch weder die Einwechslung von El Bilal Toure für Kapitän Atakan Karazor (76.), noch jene von Fabian Rieder für Jamie Leweling (84.) konnten beim VfB das Spielglück erzwingen. Die Stuttgarter drückten auf den Siegtreffer, doch das Sparta-Bollwerk hielt stand. "Prag hat sich dann hinten eingeigelt und das gut wegverteidigt", so Mittelstädt.
Mittelstädt: "Hätten es gerne veredelt"
Nach 94 Minuten pfiff Schiedsrichter Manfredas Lukjanciukas die Partie ab - ein 1:1, das bei den Stuttgartern kurzzeitig für enttäuschte Gesichter sorgte. "Auf den ersten Blick fühlt es sich so an, als ob mehr drin gewesen wäre", fasste VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth nach dem Spiel die Gemütslage zusammen.
Allerdings: "Beim ersten Heimspiel in der Champions League nach 13 oder 14 Jahren einen Punkt mitzunehmen - damit kann man dann auch durchaus zufrieden sein", so Wohlgemuth weiter und auch Maximilian Mittelstädt zeigte sich etwas später positiv: "Wir hätten es gerne mit drei Punkten veredelt, aber wir haben ja noch ein paar Heimspiele, in denen wir drei Punkte holen können." Die nächste Chance dazu hat der VfB Stuttgart am 06. November. Dann empfangen die Schwaben den italienischen Europa-League-Sieger Atalanta Bergamo.