Optimistisch trotz bitterer Erinnerung

Jürgen Kohler und Guido Buchwald glauben an DFB-Sieg gegen Dänemark

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Interview
Martin Thiel
Johannes Holbein
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Michi Glang

Vor dem EM-Achtelfinale des DFB-Teams gegen Dänemark haben Jürgen Kohler und Guido Buchwald mit SWR Sport über die Heim-EM und das verlorene Finale von 1992 gesprochen.

Guido Buchwald und Jürgen Kohler wissen, wie man Titel holt. Gemeinsam wurden "Diego" und der "Fußballgott" 1990 Weltmeister. Kohler setzte 1996 beim Turnier in England noch einen EM-Titel obendrauf.

Beide eint jedoch auch eine schmerzhafte Niederlage. Bei der EM 1992 unterlagen die beiden Defensivakteure mit der Nationalmannschaft im Finale mit 0:2 gegen Dänemark. Die Skandinavier waren der große Außenseiter - und sportlich eigentlich gar nicht qualifiziert. Die Mannschaft von Trainer Richard Möller Nielsen rückte eine Woche vor Turnierstart für Jugoslawien nach, das aufgrund des Krieges und einer UN-Resolution von der UEFA ausgeschlossen worden war. Was folgte, war eine der größten Sensationen der Fußballgeschichte.

Die Mannschaft von Dänemark mit dem Europameister-Pokal.
Historischer Erfolg: Dänemark wird Europameister 1992.

Final-Pleite von 1992 als bittere Erinnerung für Buchwald und Kohler

"Mit etwas Abstand kann man darüber lachen, aber es tut gleichzeitig auch immer noch weh", sagte Buchwald zur Final-Pleite von Göteborg. "Wir waren der hohe Favorit im Endspiel und sind ja auch vorher gut durchmarschiert." Die Dänen hatten eine "Super-Mannschaft", so Buchwald, und doch hätte man seinerzeit wohl neun von zehn Spielen gegen die Skandinavier gewonnen.

Anders als vor 32 Jahren ist Deutschland in diesem EM-Achtelfinale (Samstag, 21 Uhr im Liveticker und Audiostream auf sportschau.de) zwar auch favorisiert, aber längst nicht so klar wie damals. Die Partie von 1992 spielt für Kohler ohnehin keine Rolle mehr. Das sei eher eine Geschichte für Medien und Fans als für die Profis, die sich in Dortmund duellieren werden: "Das ist ein komplett neues Spiel, eine komplett neue Situation."

Kohler: Für den EM-Titel brauchst du "Gier"

Damals war der Titel futsch, nun soll er wieder nach Deutschland geholt werden. Und was braucht eine Mannschaft, um bei einer EM zu triumphieren? Kohler hat es 1996 mit der DFB-Elf erlebt. "Das ist einfach diese Gier. Dieser unbedingte Wille, das Spiel zu gewinnen. Das gilt es jetzt einfach abzurufen, um auch schwierige Momente in einem Spiel, die man ja haben kann, gut und glimpflich zu überstehen", sagte der Innenverteidiger, der die Mannschaft damals als Kapitän angeführt hatte, aber nach einer Verletzung im Auftaktspiel gegen Tschechien nur 14 Minuten auf dem Platz gestanden hatte.

Damals habe sich auch gezeigt, dass man das "Spielglück" brauche, sagte Kohler. Im Gruppenspiel gegen Italien zitterte sich die Elf von Berti Vogts zu einer Nullnummer, drehte im Viertelfinale das Spiel gegen Kroatien, besiegte England im Elfmeterschießen und gewann schließlich durch das erste Golden Goal der Historie das Finale gegen die Tschechen. Die Mannschaft war resilient, würde man heute wohl sagen.

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Was das DFB-Team von den Europameistern 1996 lernen kann

Genau das brauche das Team von Julian Nagelsmann auch bei dieser Heim-EM, so Kohler. Damals verletzte sich ein Nationalspieler nach dem anderen, im Finale standen die Torhüter Oliver Kahn und Oliver Reck als Feldspieler auf dem Spielberichtsbogen. Und trotzdem ließ sich die Mannschaft nicht vom Weg abbringen.

Mit Antonio Rüdiger droht nun auch ein Akteur auszufallen. Der Profi von Real Madrid erlitt im letzten Gruppenspiel gegen die Schweiz eine Zerrung. Nebenmann Jonathan Tah fällt wegen einer Gelbsperre definitiv aus. Laut Buchwald könnten dann Nico Schlotterbeck von Borussia Dortmund und Waldemar Anton vom VfB Stuttgart in diesem Fall die Innenverteidigung bilden und genauso in die Bresche springen wie einst die Akteure bei der EM 1996. Dass sie die nötige Qualität haben, haben sie in der letzten Saison unter Beweis gestellt. Zudem, sagt Kohler, seien Wechsel wegen Verletzungen und Sperren ja auch im Klub völlig normal, das sei "kein Problem".

EM 2024: Last-Minute-Ausgleich gegen die Schweiz mental wertvoll

Für Buchwald steht dagegen ohnehin eher die Offensive im Fokus. "Ich denke, die Dänen werden sehr kompakt stehen, sehr defensiv und auf Konter spielen. Auf der anderen Seite haben sie beim Schweiz-Spiel auch gesehen, wie man gegen uns agieren kann, um erfolgreich zu bestehen", sagte der 63-Jährige. Die Eidgenossen durften dank einer couragierten Leistung lange auf die Überraschung hoffen, bevor Niclas Füllkrug in der Nachspielzeit zum 1:1-Endstand einköpfte.

Für das Achtelfinale ist Buchwald zuversichtlich, dass es nicht so lange wie gegen die Schweiz dauert, bis die DFB-Elf trifft: "Ich bin überzeugt davon, dass wir die Qualität und Individualität haben, um die dänische Abwehr auseinanderzuziehen und uns Torchancen zu erarbeiten." Generell sah Buchwald die Leistung im letzten Gruppenspiel nicht zu kritisch. Man habe immer "die Power und den Willen gespürt, das Spiel noch zu drehen". Mental sei der Last-Minute-Ausgleich sogar wertvoller als es ein souveräner Sieg gegen die Schweiz gewesen wäre.

Buchwald traut DFB-Team den Titel zu

Die Schweiz ist abgehakt, jetzt wartet Dänemark. Kohler hofft, dass die DFB-Elf nicht nur die Skandinavier schlägt, sondern noch länger im Turnier bleibt. "Ich hoffe, dass Deutschland ins Endspiel kommt", sagte der 58-Jährige. Buchwald glaubt, das dann auch der Titel für die Nagelsmann-Elf drin ist. "Im eigenen Land, mit der Unterstützung, mit der Stimmung traue ich der Mannschaft alles zu", sagte der 76-malige Nationalspieler. "Aber es sind natürlich auch noch andere gute Mannschaften im Turnier."

Eine davon sind die Dänen, die zwar "nur" mit drei Unentschieden ins Achtelfinale eingezogen sind. Für Buchwald ist dennoch klar, dass das DFB-Team jetzt nochmal eine Schippe drauflegen muss. Sollte Deutschland das Achtelfinale gewinnen, winkt beim Viertelfinale in Stuttgart ein Duell mit Spanien, das nach den bisher gezeigten Leistungen der Turnierfavorit ist. Es wäre eine Art vorgezogenes Endspiel. Um es zu erreichen, gilt für die deutsche Mannschaft, was Buchwald formuliert: "Es sind K.o.-Spiele. Man muss auf den Punkt fit sein und darf sich keinen Lapsus mehr erlauben."

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