Maximilian Beier lächelte, lächelte und lächelte. Nach seinem EM-Debüt im letzten Gruppenspiel der EURO 2024 gegen die Schweiz kam der deutsche Nationalstürmer aus dem Lächeln gar nicht mehr raus. "Hätte mir jemand vor einem Jahr gesagt, dass ich heute EM spiele, dann hätte ich ihn ausgelacht. Und jetzt stehe ich hier und habe mein erstes EM-Spiel gemacht. Das ist unglaublich", sagte der 21-Jährige, der sonst für die TSG Hoffenheim stürmt.
Beiers steiler Weg von Hannover 96 zu Hoffenheim und in den EM-Kader
Unglaublich, weil der in Brandenburg an der Havel geborene Angreifer bis Sommer 2023 noch in der 2. Bundesliga gespielt hat. Als 15-Jähriger kam Beier aus Cottbus in das Nachwuchsleistungszentrum der TSG Hoffenheim, wurde deren jüngster Bundesliga-Spieler. Dann wurde er jedoch für zwei Jahre an Hannover 96 verliehen, um Spielpraxis in der 2. Bundesliga zu sammeln. Für die Niedersachsen erzielte er 15 Tore in 68 Pflichtspielen. Das überzeugte Fußball-Direktor Alexander Rosen und Trainer Pellegrino Matarazzo, ihn nach seiner Rückkehr für den Hoffenheimer Bundesliga-Kader einzuplanen.
Fußball | Bundesliga Tränen im Auto: Hoffenheims Topstürmer Maxi Beier wollte Karriere beenden
Maximilian Beier ist Hoffenheims sportliche Lebensversicherung. Sein Jugendtrainer traut dem 21-Jährigen in den kommenden Jahren Großes zu. Dabei stand Beier einst kurz vor dem Karriereende.
Dass er Hoffenheim mit 16 Toren in die Europa League schießt und ein Jahr später EM spielt, war damals noch nicht abzusehen: "Er hat sich unglaublich stark weiterentwickelt", sagte Beiers Jugendtrainer Patrick Schrade im Interview mit SWR Sport.
Beier ist plötzlich 30 Millionen Euro wert
Beiers Marktwert hat sich in dieser Zeit genauso stark entwickelt. Den hatte das Internetportal "Transfermarkt.de" vergangenen Sommer noch auf zwei Millionen Euro beziffert. Dieser Wert hat sich im Laufe der vergangenen zwölf Monate verfünfzehnfacht. Und natürlich hat Beier mit seiner Entwicklung und seinen Leistungen auch namhafte Teams auf sich aufmerksam gemacht. RB Leipzig, Bayer 04 Leverkusen, Altetico Madrid, Arsenal und Chelsea heißen die kolportierten Interessenten. Laut Sky besaß Beier bei der TSG Hoffenheim einen Vertrag bis Sommer 2027 mit einer Ausstiegsklausel von etwa 30 Millionen Euro. Die hätte jedoch bis zum 30. Juni gezogen werden müssen, das ist dem Vernehmen nach nicht erfolgt.
Fest steht: Auf dem internationalen Transfermarkt ist Beier für einen Stürmer mit seinen Qualitäten geradezu ein Schnäppchen. Er ist pfeilschnell (35.45 km/h), hat ein Auge für den freien Raum und agiert abgezockt vor dem Tor. Er war nach dem Stuttgarter Deniz Undav (18 Treffer) der torgefährlichste deutsche Stürmer der Bundesliga und gemeinsam mit dem kroatischen EM-Teilnehmer Andrej Kramaric Topscorer der TSG Hoffenheim. "Ich freue mich immer noch wie ein kleines Kind, wenn ich ein Tor schieße - auch einen Tag danach noch."
Maximilian Beiers Angst vor Interviews
Über den Rummel um seine Person freut er sich hingegen weniger - über Interviews schon gar nicht. "Ich habe immer Angst davor, mich zu versprechen oder irgendeinen Quatsch zu erzählen", sagt Beier. Dem Hoffenheim-Magazin "Spielfeld" hat Beier im April erzählt, dass er noch immer etwas aufgeregt sei, wenn altgediente Mitspieler wie Kramaric im Training zu ihm kommen und mit ihm sprechen.
Den Anruf von Bundestrainer Julian Nagelsmann hat er trotzdem angenommen. Auch, wenn er nach eigenem Bekunden nur ein paar "Ja" herausbekommen habe. Sein erstes Länderspiel machte er im Vorbereitungsspiel gegen die Ukraine. Beim 0:0 in Nürnberg traf er die sogar Latte.
Füllkrugs Last-Minute-Ausgleich für Beier einfach nur "krass"
Fast wäre Beier auch in seinem ersten EM-Spiel zu einer prägenden Figur geworden. Doch Schiedsrichter Daniele Orsato entschied nach Silvan Widmers heftiger Umarmung im Schweizer Strafraum eben nicht auf Elfmeter - obwohl er Beier recht deutlich am Torschuss hinderte. Der Novize nahm es gelassen hin: "Ich hätte gerne gesehen, dass er auf den Punkt zeigt. Aber ich glaube, wenn er den Elfmeter nicht gibt und auch der VAR nicht eingreift, weil es keine klare Fehlentscheidung ist, dann lohnt es auch nicht, mit dem Schiedsrichter zu diskutieren, sonst bekomme ich auch noch eine gelbe Karte."
Dass Niclas Füllkrug in der Nachspielzeit dann doch noch den unerwarteten Ausgleich machte, fand Beier einfach nur "krass". "Ich wusste gar nicht, wohin mit mir. 'Fülle' ist nach da gerannt, alle sind einfach losgesprintet und ich bin dann irgendwie in die Traube rein - unglaublich." Damit geht das deutsche EM-Abenteuer am Samstagabend in Dortmund weiter. Und Beiers Debüt wird nicht nur ihm selbst noch lange in Erinnerung bleiben. "Ein sehr schönes Gefühl. Davon träume ich, seitdem ich denken kann", sagte Beier - und dann lächelte er wieder.