Was haben Helmut Rahn und Florian Wirtz gemeinsam? Beide haben bei wichtigen Turnieren für die deutsche Nationalmannschaft getroffen - und beide Male war Benno Kuhn aus Ebringen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) im Stadion. Bei der WM 1954 war er mit seinem Vater Hermann Kuhn im St.-Jakob-Stadion in Basel, bei der EURO 2024 war er mit seiner Tochter Annette Kuhn-Röpke in der EM-Arena in Stuttgart.
Die erste Tour hatte er mit den Jungs vom FSV 1951 Ebringen gemacht, dem Fußball-Verein, den Vater Hemann sechs Jahre nach dem zweiten Weltkrieg in Ebringen gegründet hat. "Ich war A-Jugendspieler, aber erst 14 Jahre alt. Aber die Jugend war so, dass manchmal keine elf Spieler zusammenkamen. Und dann spielte ich halt auch schon mit 14 in der A-Jugend", erzählte der heute 84-Jährige vor dem Viertelfinal-Spiel gegen Spanien im Interview mit SWR Sport. "Und wenn ich gegen die großen Kerle spielen musste, war es furchtbar. Aber wir haben halt gespielt."
Mit dem VW-Käfer ins St.-Jakob-Stadion
Als Vereinsvorstand hatte Hermann Kuhn Karten für die Weltmeisterschaft in der Schweiz bekommen. "Mein Vater fuhr mit vieren aus meiner Jugendgruppe in einem VW-Käfer nach Basel ins St.-Jakob-Stadion." Anpfiff war um 16:50 Uhr. "Wir waren aber schon vor dem Mittag da und hatten etwas zum Vespern mit. Ich kann mich nicht erinnern, dass es da Sitzplätze gab - also waren wir ganz vorne in der ersten Reihe."
Ganz so weit vorne waren Benno Kuhn und seine Tochter Annette beim Viertelfinale der deutschen Nationalmannschaft am Freitagabend nicht: Block 15a, zweite Reihe - aber immer noch sehr nah dran. "Mein Adrenalin ist immer noch hoch. Das war so ein knappes Spiel", schwärmte Annette Kuhn-Röpke noch am Tag danach im Gespräch mit SWR Sport.
Vater und Tochter gehen gemeinsam zum SC Freiburg
Die 57-Jährige aus Waldshut-Tiengen (Kreis Waldshut) war als Jugendliche großer Bayern-München-Fan. Mittlerweile hat sie ihr Herz jedoch dem SC Freiburg geschenkt. "Im Dreisamstadion war ich häufiger, im neuen Stadion auch. Das waren immer sehr emotionale Nachmittage." Benno Kuhns Herz gehörte schon immer dem SC Freiburg. Nachbar Maximilian Hauck, der von 1982 bis 1988 insgesamt 163 Zweitliga-Spiele für den SSV Ulm und den SC Freiburg gemacht hat, nimmt ihn ab und zu mit ins Stadion. Am Freitag musste Hauck zuhause bleiben. Dafür nahm Benno Kuhn Haucks Trikot mit.
Die Karten fürs Viertelfinale hatte Annette Kuhn-Röpke bei SWR1 gewonnen. "Ich konnte es gar nicht glauben." Kurz habe sie daran gedacht, ihren Mann mit ins Stadion zu nehmen. "Der wäre auch sehr gerne mitgekommen." Dann hat sie es sich jedoch anders überlegt: Viertelfinale ist Papa-Zeit. "Ich staunte, weil ich wusste, dass es schon sehr, sehr lange keine Karten mehr für dieses EM-Spiel gab", erzählte Benno Kuhn als er vor dem Stadion eintraf. "Und da habe ich mich natürlich richtig gefreut." Für das Viertelfinale hat er extra dem Maler abgesagt, das Nachbarschaftstreffen ausfallen lassen und sogar auf die Beerdigung der Ehefrau eines Schulfreundes verzichtet.
Leider hatten das Viertelfinale der EURO 2024 und das Spiel der deutschen Nationalmannschaft 1954 gegen Ungarn noch etwas gemeinsam: "Da haben die Deutschen verloren. Da ging unsere Klappe runter. Wir waren alle enttäuscht." Denn Benno Kuhn war nicht beim "Wunder von Bern", das die Herberger-Elf am 4. Juli knapp gewann und Deutschland damit den ersten von vier Weltmeister-Titeln bescherte. Kuhn war zwei Wochen vorher da - bei der 3:8-Niederlage in der Vorrunde in Basel.
Sein Fazit bei der Rückreise damals: "Der Sepp Herberger ist ein Filou!" Eine Bewertung, die er nach dem Endspiel-Sieg von damals revidieren musste: "Das haben wir am Radio gehört. Mein Vater hatte damals eine Werkstatt und wir waren mit vier Gesellen auf dem Hof. Am Ende ging es 3:2 aus und alle haben geschrien." Und noch etwas haben die beiden Spiele von 1954 und 2024 gemeinsam: "Es war natürlich ein Wahnsinns-Erlebnis."