An einem Mittwoch, genauer am 30. Juni 1954, da machte Ottmar Walter eines seiner wohl besten Spiele. Vier Tage vor dem Wunder von Bern traf die deutsche Elf im WM Halbfinale auf Österreich. Nach einer torlosen ersten halben Stunde stand es am Ende 6:1 für die Auswahl von Bundestrainer Sepp Herberger. Zweimal erfolgreich war Ottmar Walter, einen dieser Treffer legte ihm der große Bruder Fritz - der ebenfalls zweimal traf - per Eckball vor. Doch der Höhepunkt sollte ja erst noch folgen.
Keiner wankt im Wankdorfstadion
Sonntag, 4. Juli 1954. Das Finale im Berner Wankdorfstadion mit dem unvergessenen 3:2 Erfolg gegen Ungarn. "Wir haben regelrecht Geschichte geschrieben", erinnert sich Ottmar Walter auch Jahre danach immer wieder sehr gerne an den Höhepunkt seiner sportlichen Karriere. "Ich habe immer gedacht, wenn du aufhörst zu spielen, dann kommen noch zwei, drei Jahre Nachfragen nach der WM. Aber auch viel später kamen noch stoßweise Autogrammwünsche an. Da hat man gemerkt, dass der Geist von Spiez (hier befand sich in der Schweiz das Quartier der DFB Auswahl, Anm. der Redaktion) der Vierundfünfziger Elf auf ewig weiterlebt."
Ottmar Walter begann als Straßenfußballer
Ottmar Walter wurde am 6. März 1924 in Kaiserslautern geboren, das Fußballspielen hat er auf der Straße vor seinem Elternhaus gelernt. Mit dabei auch immer seine beiden älteren Brüder Fritz und Ludwig. "Kanälchers" wurde dieser Straßenfußball genannt. Die Öffnungen an den Bordsteinen der Bürgersteige, die dem Wasserabfluss dienten, waren die Tore, auf die in dieser Zeit nicht nur die Walter Brüder mit Lumpen oder Büchsen gespielt haben. Wollte man erfolgreich sein, musste man technisch versiert sein. Und das war nicht nur Fritz, sondern auch Ottmar Walter. Mit acht Jahren trat er in die Schülermannschaft des 1. FC Kaiserslautern ein.
Stürmer mit Torgarantie
Ab der Saison 1941/42 gehörte Ottmar Walter der Ligamannschaft der Roten Teufel an und schoss bereits 15 Tore. Im Juli 1942 war dann erst einmal Schluss mit Fußball in der Pfalz, der erfolgreiche Stürmer meldete sich freiwillig zur Kriegsmarine. Während dieser Zeit spielte er, als sogenannter "Kriegsgastspieler", 1943 und 1944 für Holstein Kiel und den Cuxhavener SV. Nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft schloss sich Ottmar Walter 1946 wieder seinem 1. FC Kaiserslautern an, wo die Fußballerkarriere dann so richtig Fahrt aufnahm - trotz einer schweren Knieverletzung durch einen Granatsplitter.
Der "kleine" Bruder von Fritz Walter Sonderausstellung in Kaiserslautern zu Ottmar Walter verlängert
Zum 100. Geburtstag von FCK-Legende Ottmar Walter zeigt das Stadtmuseum Kaiserslautern eine Sonderausstellung über sein Leben. Wegen hoher Nachfrage wird sie bis Ende April verlängert.
Zweimal deutscher Meister mit dem FCK
Mit dem FCK wurde Ottmar Walter, zusammen mit dem großen Bruder Fritz, zweimal deutscher Meister, 1951 und 1953. Im Finale 1951 erzielte er beim 2:1 gegen Preußen Münster beide Treffer für die Roten Teufel. Unerreicht bis heute sein unglaublicher Torrekord: in 275 Punktspielen für den 1. FC Kaiserslautern traf der von seinen Mitspielern „Ottes“ genannte Ottmar Walter 295 mal. In der Nationalmannschaft kam er, mit dem Höhepunkt der erfolgreichen Weltmeisterschaft, 21 mal zum Einsatz - auch hier gelangen dem Mittelstürmer 10 Treffer. Doch trotz dieser überragenden Quote stand Ottmar Walter immer im Schatten seines großen Bruders Fritz. Was für ihn aber nie ein Problem war: "Das tut keinem weh", sagte er später, "der Fritz war unser Spielführer, unser Ansprechpartner in der Ländermannschaft. Herberger, Fritz Walter, Mannschaft. Das hat sich alles so ergeben, da war keiner dem anderen irgenwie neidisch."
Die schwierigen Jahre nach der Karriere
Nach mehreren Knie-Operationen beendete Ottmar Walter 1959 seine aktive Karriere. Er arbeitete als Kurierfahrer für das Ernährungsamt, betrieb eine Tankstelle, und war später bei der Stadt Kaiserslautern angestellt. Persönliche Probleme, unter anderem einen Selbstmordversuch, über den er später sagte: "Das war eine Kurzschlusshandlung, die mir im Nachhinein unverständlich ist", meisterte Ottmar Walter mit Hilfe seiner Frau Anneliese.
Nach dem Tod von Bruder Fritz im Jahre 2002 übernahm Ottmar vermehrt auch repräsentative Aufgaben, die zuvor sein berühmter Bruder erledigt hatte. So diverse Festakte ein halbes Jahrhundert nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 1954 oder aber die Öffentlichkeitsarbeit für Sönke Wortmanns Film "Das Wunder von Bern". Oft wurde er hierbei auch von seinem Kaiserslauterer Weltmeisterkollegen Horst Eckel unterstützt.
Anlässlich seines 80. Geburtstags im März 2004 wurde Ottmar Walter das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. Seit dieser Zeit trägt auch das Eingangstor zur Nordtribüne des Fritz-Walter-Stadions seinen Namen.
Der stets bescheidene Ottmar Walter starb am 13. Juni 2013 im Alter von 89 Jahren in Kaiserslautern und wurde, wie sein Bruder Fritz, auf dem Hauptfriedhof seiner Heimatstadt beerdigt. Seinen 100. Geburtstag würdigt das Stadtmuseum mit einer Sonderausstellung. Dabei werden auch mehrere persönliche Gegenstände aus dem Nachlass zu sehen sein.