Flächendeckend sterben Eschen. Eine Forschungsgruppe um Projektleiter Dr. Andreas Ulrich am Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) hat sich die Bäume angeschaut, die nicht vom tödlichen Pilz, dem Falschen Stängelbecherchen (Hymenoscyphus fraxineus), befallen werden und fand dabei Bakterien, die dem winzigen Pilz nicht schmecken.
Die Forschenden haben sie isoliert, analysiert und als neue Gattung beschrieben. Ihre Erkenntnisse haben sie in einer Studie veröffentlicht.
Eschen fehlt Abwehrmechanismus gegen den Pilz
Durchgeführt haben die Forschenden ihre Versuche an Eschen, die beim Thünen-Institut für Forstgenetik stehen. Die Eschen dort sind allesamt Klone, erklärt Volker Schneck, der die Versuche am Thünen-Institut leitet. Die genetisch identischen Eschen stammen von ausgewählten Bäumen, die das Eschentriebsterben in einem Wald überlebt haben. Viele seien aus Mecklenburg-Vorpommern.
Das Eschensterben wurde dort 2003 zum ersten Mal entdeckt, da sei noch nicht bekannt gewesen, woran es liegt. 2007 sei der ursächliche Pilz dann zum ersten Mal nachgewiesen worden, sagt Schneck. Und in Baden-Württemberg war es dann drei oder vier Jahre später, so der Forscher weiter.
Der Pilz kommt aus Asien. Doch dort sterben die Eschen nicht, denn sie haben Abwehrmechanismen gebildet. Hier fehlte ihnen dafür die Zeit.
Der Pilz hat die Eschen überrascht und nun sterben sie in Massen. In einem Waldstück können das bis zu 99 Prozent sein, beobachtet Dr. Ulrich. "Und dann sieht man plötzlich einen Baum, der eine Toleranz aufweist. Da haben wir überlegt: vielleicht ist das Mikrobiom bei diesen Eschen anders."
Ein Bakterium in den überlebenden Eschen bildet Abwehrstoffe
Um das Mikrobiom der Esche zu entschlüsseln, schaute sich Dr. Ulrich die DNA der Blätter an. "Darin sind die Erbmaterialien der Bakterien, Pilze und natürlich auch des Baums selbst enthalten. Diese DNA wird entschlüsselt und sequenziert. Über diese Sequenzen können wir dann genau zuordnen, welche Bakterien und Pilze sich in welchen Anteilen auf den Blättern befunden haben."
Dann hat er einzelne Mikroben ausgewählt und genauer angeschaut – sie in einer Petrischale direkt mit dem Pilz konfrontiert und beobachtet, was passiert. Dabei entdeckte er einige interessante Bakterienstämme. Unter anderem Schauerella fraxinea. Diese Bakterium scheidet offenbar Stoffe aus, die der Pilz nicht mag.
Wälder in Baden-Württemberg sind schwer vom Eschensterben betroffen
"Ein zweiter Ansatz ist der kulturbasierte Ansatz, bei dem man praktisch versucht, die Bakterien und die Pilze, die auf und in der Esche leben, zu kultivieren.", sagt Dr. Ulrich.
Er vermehrte also die Bakterien und behandelte damit junge Esche-Bäumchen. Genauer gesagt, tauchte er sie 30 Sekunden in eine Bakterienlösung ein. Und das scheint zu wirken. Denn viele der Bäume hier überlebten den Pilz.
Die Bakterien könnten also als biologisches Mittel gegen den Pilz eingesetzt werden. Seit der letzten Waldinventur im Jahr 2012 ist wohl die Hälfte der Eschen eingegangen, schätzt Volker Schneck.
Vor allem Baden-Württemberg ist vom Eschentriebsterben betroffen, sagt Jörg Grüner von der Forstlichen Versuchsanstalt in Baden-Württemberg:
"Insgesamt sind es etwa fünf Prozent. Das hört sich vielleicht harmlos an, aber nach der Buche und der Eiche steht in Baden-Württembergischen Wäldern die Esche als dritthäufigste Laubbaumart. Damit ist es das eschenreichste Bundesland. Deswegen schmerzt der Verlust auch sehr, sehr stark."
Gestrichene Gelder stoppen Forschung
Baden-Württemberg hat bereits Nägel mit Köpfen gemacht und das deutschlandweite Forschungsprojekt "PraxForFuture" ins Leben gerufen. Auch die Forschung des Leibniz-Instituts gehört dazu. Obwohl die Daten so hoffnungsvoll aussehen, wurden die Gelder ab Januar 2024 gestrichen.
Sie kamen aus dem Waldklimafonds – der komplett gestoppt wurde. Die Pressestelle des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft schreibt auf eine Anfrage per Mail: Diese Entscheidung sei schmerzlich, aufgrund der schwierigen Haushaltslage und Sparvorgaben aber nicht zu vermeiden.
"Das hat einen unvorbereitet erwischt und damit ist ein wichtiger Topf zum Erliegen gekommen, dass so ein Forschungsvorhaben weitergeführt werden kann.", sagt Jörg Grüner.
Teams in mehreren Bundesländern hatten sich gefunden und gelernt, fachübergreifend zusammenzuarbeiten. Die Bäume, die das Zeug haben zu überleben, wurden definiert. Die Standorte sind bekannt, das Saatgut gesichert.
Ob ihre Bakterien tatsächlich das Eschentriebsterben stoppen können, weiß Volker Schneck in 20 bis 25 Jahren. So lange heißt es beobachten und dokumentieren. Mehr ist erstmal nicht möglich.