Die Pleiten-, Pech und Pannenserie bei der Bundeswehr hat nun auch den Weltraum erreicht. Zwei der drei Satelliten des Spionagesystems SARah scheinen bislang keine Radarbilder liefern zu können.
Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums teilt auf Anfrage mit, bei den Satelliten „gibt es weiterhin Verzögerungen bei der Inbetriebnahme“. Seit Wochen gibt es Medienberichte über Probleme bei den beiden Satelliten.
Der ehemalige Astronaut und Raumfahrtexperte Ulrich Walter sagt:
Zwei Satelliten nicht einsatzbereit: Fehlersuche
Das Bundesverteidigungsministerium verweist auf den Hersteller OHB und das zuständige Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw):
In den kommenden Wochen werde man zusammen mit OHB einen Plan entwickeln, wie der Vertrag erfüllt werden könne, falls die Funktionsfähigkeit der Satelliten nicht wieder hergestellt werden könne. Und weiter: Die beiden in Frage stehenden Satelliten befinden sich noch im Eigentum der OHB.“ Die Aufklärungsfähigkeit der Bundeswehr sei nicht eingeschränkt.
Insgesamt verfügt die Bundeswehr derzeit über acht Satelliten im All, mit den beiden Satelliten der Firma OHB wären es zehn.
Das Unternehmen OHB äußert sich zu dem Fall nicht, aber es ist anzunehmen, dass man in Bremen fieberhaft an einer Lösung arbeitet. Wie die aussehen könnte, scheint fraglich. Sollten die beiden Satelliten nicht repariert werden können, würde es unter Umständen lange dauern, neue zu liefern.
Was kann SARah?
Das Aufklärungssystem SARah (Synthetic Aperture Radar plus angehängtes „ah“) soll das ebenfalls radarbasierte und nach wie vor genutzte Satellitensystem SAR-Lupe ersetzen.
SARah besteht insgesamt aus drei Satelliten und ist ein bildgebendes Radarsatellitensystem, das nach Bundeswehrangaben „weltweit tageslicht- und wetterunabhängig höchstauflösende SARSynthetic Aperture Radar-Bilddaten gewinnt“.
Der erste Satellit des Systems ist 2022 in den Weltraum gebracht worden und funktioniert. Er kommt von Airbus. Damals hatte die Bundeswehr gesagt:
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Ohne kreisende Satelliten um die Erde würde vieles nicht funktionieren. Sabine Klinkner erzählt über immer kleinere und effizientere Satelliten, die sich in Zukunft sogar selbst entsorgen könnten.
Wie muss sich Deutschland im All aufstellen
Statt Stolz nun Ernüchterung und Blamage. Die Schlagzeilen um die Einsatzfähigkeit der SARah-Satelliten kommen für die Bundeswehr und die Bundesregierung zur Unzeit. Derzeit ist die Diskussion darüber, wie sich Deutschland im Weltraum aufstellt, in vollem Gang und nicht selten gibt es Kritik an den politisch Verantwortlichen.
Der Kernpunkt: Deutschland müsse sich im Weltraum besser rüsten, da Satelliten zur kritischen Infrastruktur gehören. Längst finden militärische Operationen nicht mehr nur auf der Erde statt. Ob Aufklärung, abhörsichere Kommunikation oder Einsatzführung – Satelliten haben an Bedeutung gewonnen und müssen geschützt werden.
Auf viele Fragen muss die Bundesregierung Antworten geben und Lösungen finden. Antje Nötzold, Wissenschaftlerin an der Technischen Universität Chemnitz, führt beispielsweise den Aspekt Schutz der Satelliten an:
Weltraumsicherheitsstrategie soll kommen
Noch in diesem Jahr plant die Bundesregierung eine sogenannte Weltraumsicherheitsstrategie als ressortgemeinsames Dokument des Bundesverteidigungsministeriums und des Auswärtigen Amts zu veröffentlichen. Eigentlich sollte die Strategie schon veröffentlicht sein. Antje Nötzold sagt, dass Deutschland „sehr spät dran“ sei:
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Zeitenwende im All
Die Militarisierung des Weltraums findet längst statt, von Freund und Feind. Vier Staaten – die USA, China, Indien und Russland – haben bereits sogenannte Antisatellitentests durchgeführt, bei denen sie mit Absicht zu Testzwecken mit speziellen Raketen ihre eigenen Satelliten zerstört haben.
Das könnte man auch mit gegnerischen tun. Laserangriffe vom Boden oder Annäherungsmanöver feindlicher Satelliten sind ebenfalls realistische Szenarien oder finden bereits statt.
Antje Nötzold sagt, dass der Politik und der Gesellschaft in Deutschland der strategische Blick in den Weltraum fehle:
Damit sich Deutschland und Europa im Weltraum militärisch besser aufstellen, bleibt noch viel tun, etwa auch, was den Aufbau von Weltraumbahnhöfen angeht.
Bislang sind von Europa noch keine Raketen mit Satelliten in den Weltraum gestartet, außer vom russischen Weltraumbahnhof Plessezk. Auch einige der deutschen Militärsatelliten wurden dort gelauncht. Das ist spätestens seit Beginn des Ukraine-Kriegs undenkbar geworden.