Medizin

Therapie in Wechseljahren: Was bringen bioidentische Hormone?

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Autor/in
Magdalena Biersack
David Beck
Bild von David Beck, Reporter und Redakteur SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR Kultur Impuls.
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Leila Boucheligua

Viele Frauen wollen in den Wechseljahren keine "klassischen" Hormone nehmen. Sogenannte bioidentische Hormone versprechen eine sanfte Alternative ohne Risiken zu sein. Was ist dran an diesen Behauptungen?

2002 hatten die Ergebnisse einer großen Studie im Auftrag des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums gezeigt, dass die Einnahme von Hormonen mit einem erhöhten Risiko für Brustkrebs, Schlaganfälle und andere Erkrankungen verbunden sein könnte. Aus Angst vor möglichen Nebenwirkungen entschieden sich anschließend sehr viel weniger Frauen für eine Hormontherapie.

Was sind "bioidentische" Hormone?

Viele Frauen haben nach vermeintlich harmloseren Alternativen zu den herkömmlichen Therapien gesucht. Der Begriff "bioidentisch" klinge zunächst so als sei diese Form der Therapie besonders harmlos, beschreibe aber im Grunde das, was auch herkömmlichen Therapien enthalten, sagt Dr. Anneliese Schwenkhagen, Gynäkologin im Vorstand der deutschen Menopause Gesellschaft. 

Es handelt sich um Hormone, die von ihrer Struktur genauso aussehen wie die Hormone, die der weibliche Körper selber bildet, also von der Strukturformel her kein Unterschied.  

„Bioidentische" Hormone werden schon seit den 1960-er Jahren eingesetzt, um Beschwerden der Wechseljahre zu behandeln, zum Beispiel Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen. 

Manche Hormonersatztherapie enthalten auch tierische und synthetische Hormone

Bei einer herkömmlichen Hormonersatztherapie werden aber auch Hormone eingesetzt, die unser Körper in der Form nicht selbst produziert. Dazu gehören zum Beispiel Pferdeestrogene oder synthetische Progestine. Welche Hormone bei so einer Therapie bioidentisch sind und welche nicht, wird nicht besonders hervorgehoben. 

Ziel einer Behandlung rein mit bioidentischen Hormonen sei es, Frauen in den Wechseljahren möglichst gut zu helfen, so Dr. Harry König. Er leitet eine Privatpraxis in Baden-Baden und wendet die sogenannte Rimkus-Methode an. Dabei werden individuell dosierte Mischungen verschiedener Hormone verschrieben: 

Es geht nicht nur um Schlaf und Gelenkschmerzen, oder auch Hitzewallungen, sondern es geht um viel komplexere Symptome, die die Konzentration und den Antrieb betreffen. Letztendlich geht es auch um das physisches Gleichgewicht und alles das hängt zusammen. 

Auch bei dieser Art der Behandlung könne es Nebenwirkungen geben, so König. Sie sei aber sicherer als eine herkömmliche Hormonersatztherapie. 

Es gibt nicht keine Krebserkrankung, aber es gibt auf jeden Fall keine Häufung wie wir sie von synthetischen Hormontherapien kennen. Es gibt tatsächlich große Studien mit mehreren Tausend Teilnehmerinnen, die gezeigt haben, dass mit synthetischen Hormonen ein erhöhtes Risiko von Thrombosen, Depressionen und Krebserkrankungen einhergeht. Das sehen wir jetzt in der Gruppierung der Therapeuten, die mit bioidentischen Hormonen arbeiten, nicht.  

Mit wissenschaftlichen Studien kann er das nicht untermauern. Das seien Erfahrungswerte, so König. 

Bioidentische Hormontherapien enthalten die gleichen Grundstoffe wie herkömmliche Therapien

Andere Befürworter bioidentischer Hormonersatztherapien, vor allem in den USA, gehen mit ihren Behauptungen deutlich weiter – sowohl was die Sicherheit von bioidentischen Hormonen angeht, als auch die Risiken herkömmlicher Therapien. 

Tabletten, tags: Wechseljahre, biodentische, Hormone, Therapie
Um ihre Beschwerden während der Wechseljahre zu mildern, können Frauen auf Hormonpräparate zurückgreifen.

Laut Dr. Anneliese Schwenkhagen seien die Risiken bei Hormontherapien ähnlich, ob bioidentisch oder herkömmlich: 

Bei der Herstellung in der Apotheke werden die gleichen Grundstoffe wie in der Pharmaindustrie benutzt. Deshalb ist klar, dass wir am Ende über die gleichen Risiken reden müssen. Wenn da irgendwo steht, die Hormontherapie hat keine Risiken, sollte man vorsichtig sein. 

Krankenkasse bezahlt Individualmischungen in Apotheken nicht

Die speziell zusammengemischten bioidentischen Hormone kosten um die 50 Euro im Monat und werden – im Gegensatz zu einer herkömmlichen Hormonersatztherapie – nicht von der Krankenkasse bezahlt. Dazu kommen noch Ausgaben für regelmäßige Blut- oder Speicheltests, die solche Therapien voraussetzen. Solche Tests können unzuverlässig sein und sind laut Anneliese Schwenkhagen bei den meisten Frauen auch gar nicht nötig. 

Da wird versucht, den Östrogenspiegel junger Frauen herzustellen. So macht man moderne Hormonersatztherapien normalerweise nicht. Wir gucken uns die konkreten Beschwerden der Frau an und versuchen, eine Dosis zu finden, die die Beschwerden behandelt und nicht irgendwelche Blutwerte erzielt. Eine Ausnahme sind junge Frauen, die vorzeitig in den Wechseljahren sind, da braucht man mehr Hormone, und muss durchaus mal messen, um in einen Zielbereich zu kommen.

Auch bei der individuellen Dosierung eines Hormons gibt es eine Ausnahme, sagt Anneliese Schwenkhagen, nämlich beim Testosteron. Weil in diesem Fal kein Präparat verfügbar sei, müsse das in einer Apotheke angefertigt werden, so Schwenkhagen.

Jede Frau in den Wechseljahren bringt ihre eigenen Symptome mit, und eigene Risikofaktoren. Frauen können sich jederzeit von ihrem Gynäkologen oder ihrer Gynäkologin beraten lassen und Ängste ansprechen, wenn sie sich Sorgen über die Risiken machen.  

Dann kann die Hormonersatztherapie für viele Frauen in den Wechseljahren eine große Erleichterung sein. Eine teure Individualtherapie müsse das aber nicht sein,, sagt Anneliese Schwenkhagen. 

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