Biologie

So wird das Smartphone zum Mikroskop

Stand
Autor/in
Ulrike Till
Portraitbild von Ulrike Till, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.
Onlinefassung
Lena Schmidt

Ein Forschungsteam aus den USA hat eine Bastelanleitung entwickelt, wie man ein Smartphone oder Tablet zu Hause in ein Fluoreszenzmikroskop umwandeln kann.

Mikroskope sind in der Regel sehr teuer. Besonders gute Mikroskope gibt es daher eher an Universitäten und in Forschungseinrichtungen, seltener an Schulen oder im Alltagsgebrauch.

Gerade die besonders spannende Fluoreszenz-Mikroskopie ist immer noch den Profis vorbehalten: Die Geräte kosten mindestens tausende, manche auch hunderttausende von Euro. Der besondere Reiz an der Technik ist, dass man damit farbig leuchtende Gewebe oder auch einzelne Zellen in lebenden Organismen sichtbar machen kann.

Preiswerte Fluoreszenzmikroskopie für Zuhause

Eine abgespeckte Version der Fluoreszenzmikroskopie soll nun auch mit dem Smartphone möglich sein. Ein Forschungsteam aus den USA hat eine Bastelanleitung vorgestellt, die in der Fachzeitschrift Scientific Reports erschienen ist.  

Die Forscherinnen und Forscher der Winona State University haben es geschafft, ein Fluoreszenzmikroskop für unter 50 Euro zu bauen. Auf Videos des sogenannten „glowscopes“ sieht man das schlagende Herz eines Zebrafischs. Man erkennt das grün leuchtende Gehirn, das Rückenmark und sogar einzelne Pigmentzellen. Das Team um Madison A. Schaefer konnte auch sichtbar machen, wie sich der Herzschlag verlangsamt, wenn das Wasser mit Essig ein bisschen saurer gemacht wird – ein simples Experiment, um die Folgen von Umweltveränderungen deutlich zu machen.

Das Bild zeigt eine Kostenaufstellung der benötigten Materialien sowie eine Abbildungen der verschiedenen Ergebnisse des Mikroskops, je nach Handymodell.
Auf der Abbildung aus der Veröffentlichung in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Scienctific Reports sieht man eine Kostenaufstellung der benötigten Materialien in US-Dollar, die die Forschenden aufgestellt haben. Bild in Detailansicht öffnen
Das Bild zeigt einen Vergleich der Bildqualität des Versuchs auf verschiedenen Handymodellen.
Die Abbildung zeigt einen Vergleich zwischen der Bildqualität der für das Experiment genutzten Smartphone- und Tablet-Modelle. Auf diesem Ausschnitt sind das iPad Air 4 (oben links), das Samsung Galaxy S9 (oben rechts), das iPad 7 (unten links) und das Samsung Galaxy S8 (unten rechts) zu sehen. Bild in Detailansicht öffnen

Smartphone oder Tablet werden aufgerüstet

Für ihre Versuche haben die Biologinnen und Biologen gängige Smartphones und Tablets von Apple und Samsung aufgerüstet: mit Teilen aus dem Baumarkt, aus Läden für Theaterbedarf und über Onlinehändler.

Dafür benötigten die Forschenden:

  • Eine Makrolinse, die man aufs Handy clippen kann,
  • Farbfilter für Bühnenbeleuchtung,
  • und ein helles, farbiges LED-Licht. Das kann zum Beispiel eine Multicolortaschenlampe sein.


Für das Gestell brauchten sie außerdem:

  • Sperrholzplatten,
  • Plexiglas,
  • Schrauben,
  • Klemmen.


Und fertig ist das „glowscope“!

Das Bild zeigt Fluoreszenzmikroskop im Labor.
Eigentlich sind professionelle Fluoreszenzmikroskope viel größer. Doch auch als Laiin oder Laie kann man sich zu Hause mit der Bastelanleitung eine vereinfachte Version zusammenbauen.

Nicht alles eignet sich zur Fluoreszenzmikroskopie

Die Farbeffekte funktionierten bei den Testversuchen sehr gut – allerdings hatten die Forschenden auch genetisch veränderte Zebrafische verwendet. Sie sind so gezüchtet, dass sie in bestimmten Geweben ein grünes oder auch rotes Fluoreszenzprotein bilden.

In den USA kooperieren manche Schulen schon mit Forschungslaboren und haben so Zugriff auf diese Spezialzüchtungen. Um die Fluoreszenz bei diesen Fischen sichtbar zu machen, wurde ein helles blaues LED-Licht von der Seite durch einen lilafarbenen Filter auf die Petrischale gerichtet. Über der Petrischale war das Smartphone montiert, mit zwei gelben Filtern vor dem Makroaufsatz. So wurde blaues Licht blockiert, die grünen Fluoreszenz-Effekte dagegen waren perfekt sichtbar.

Für solche Versuche kann man auch  Pflanzenteile und Gewebe nutzen, die von selbst fluoreszieren. Außerdem lassen sich bestimmte Zelltypen gezielt mit entsprechenden Farbstoffen markieren.

Einsatz im Schulunterricht möglich

Aber auch ohne Fluoreszenz liefert das selbstgebaute Mikroskop mit einer Auflösung von bis zu 10 Mikrometer eindrucksvolle Bilder. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist circa 60 bis 80 Mikrometer dick. Das Forschungsteam empfiehlt diese einfachere Technik vor allem für jüngere Schulklassen – auch deshalb, weil dann keine hellen LED-Leuchten nötig sind. Vor allem starkes blaues LED-Licht kann die Augen schädigen.

Das Bild zeigt den Aufbau der Lichtmikroskopie und einen Vergleich, zwischen Aufnahmen mit einer Makrolinse und Aufnahmen ohne.
Das Experiment funktioniert auch ohne Fluoreszenz-Färbung. Die Abbildung zeigt a) den Aufbau der Lichtmikroskopie und b) sieht man, wie eine Aufnahme ohne Makrolinse aussieht. Um die Größe der Zebrafische in ein Verhältnis zu setzen, wird ein Bleistift benutzt. c) zeigt, wie die Aufnahme mit einer Makrolinse aussieht.

Das Team erhofft sich von seiner Entwicklung neue Impulse für den Biologieunterricht und einfache Forschungsprojekte – egal, ob mit Zebrafischen oder selbst gesammelten Insekten.

Ob auch deutsche Schulen die Mikroskopiertipps aufgreifen, muss sich noch zeigen. Denn auch der Tierschutz spielt eine große Rolle: jeder Tierversuch muss genehmigt werden – und Schulen dürfen nur solche Experimente durchführen, bei denen Versuchstiere keine Schmerzen haben, nicht leiden und keine Schäden davontragen. 

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