Medizin

So gefährlich sind Tattoos

Stand
Interview
Dr. Ines Schreiver
Onlinefassung
Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.

Nie waren mehr Menschen tätowiert. Doch Tätowierungen können zum gesundheitlichen Risiko werden. Pharmakologin Ines Schreiver forscht über die unterschätzten Risiken.

Welche gesundheitlichen Risiken gehe ich ein, wenn ich mir ein Tattoo stechen lasse?

Das größte Problem sind die Tätowierfarben. Denn da sind relativ viele Verunreinigungen drin. Denn die Pigmente, also die farbgebenden Stoffe, werden nicht extra für diese Anwendung hergestellt. Das heißt, sie haben nicht den Reinheitsanspruch, den man sich wünschen würde, wenn man etwas in den Körper injiziert. Dort kommen die Farben ja mit Blut und Lymphflüssigkeit in Kontakt und werden im Körper verteilt. In den Tätowierfarben können durch Verunreinigung auch allergieauslösende Stoffe drin sein, sogar krebserregende Stoffe könnten drin sein.

Viele Fußballprofis wie hier der niederländische Fußballer Leroy Fer sind tätowiert.
Viele Fußballprofis wie hier der niederländische Fußballer Leroy Fer sind tätowiert.

Dieses Risiko ist vielen Menschen gar nicht bekannt. Farben bestehen ja nicht nur aus reinem Pigment, sondern aus Beimischungen, um die jeweilige Anwendung zu vereinfachen. Bei Tätowierfarben werden Stoffe dazu gemischt, um dieses Farbpigment in einer Flüssigkeit zu halten. Dazu kommen Konservierungsstoffe, gegen die viele Leute allergisch sind oder sein können. So findet man in den Tätowierfarben auch Nickel, das ist das häufigste Kontaktallergen. Das sind alles Stoffe, die eigentlich nicht in den Farben sein sollte.

Kann das Problem durch die Entfernung eines Tatoos mit Laser gelöst werden?

Das ist ein Trugschluss. Selbst im kosmetischen Sinn ist es nicht sicher, dass die Tätowierung durch Lasern so entfernt werden kann, dass ihre Haut danach  so aussieht, als wäre vorher nichts gewesen. Gerade sehr bunte Farbtöne sind sehr schwer zu entfernen.

Außerdem wissen wir, dass die Farbstoffe auch in den Lymphknoten landen. Das heißt, vielleicht sind wir im besten Fall die Tätowierung auf der Haut wieder los. Aber aus dem Körper sind die Farben und die Verunreinigung noch lange nicht.

In speziellen Praxen kann man sich sein Tattoo mit Laser entfernen lassen. Das birgt allerdings Gesundheitsrisiken.
In speziellen Praxen kann man sich sein Tattoo mit Laser entfernen lassen. Das birgt allerdings Gesundheitsrisiken.

Die Tätowierung wandert einfach im Körper woanders hin. Das passiert schon beim Stechen des Tattoos: Teile der Farbpartikel werden hauptsächlich in die Lymphknoten abtransportiert. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass das Farbpigment auch in anderen Organen landet.

Bei der Entfernung der Tätowierung werden die Farbpigmente, die kann man sich vorstellen wie kleine Kügelchen, zersprengt in noch feinere Teile. Die werden  dann auch wieder abtransportiert. In meiner Forschung habe ich herausgefunden, dass die Farbpigmente nicht nur in kleinere Bruchstücke zerteilt werden, sondern dass auch die Moleküle in sich noch mal gespalten werden. Dadurch entstehen ganz neue Stoffe, die dann auch wieder das Potenzial haben, Allergien auszulösen oder auch krebserregend zu wirken.

Bietet denn ein einfarbiges Tattoo weniger Gesundheitsrisiken?

Man könnte folgern, dass man mit einem nur schwarz gestochenen Tattoo weniger Risiko eingeht, weil eben die Farbpigmente so eine große Rolle spielen. Leider kann man das pauschal nicht so sagen. Es gibt auch Verunreinigungen, die in schwarzen Farben vorhanden sein können. Und die Beistoffe wie zum Beispiel Konservierungsstoffe sind da ja auch drin. Außerdem gibt es auch bunte Farben, die vielleicht mit einer höheren Reinheit hergestellt werden oder stabiler sind.

Auch ein Tattoo, welches nur mit schwarzer Farbe gestochen wird, schützt nicht vor gesundheitlichen Risiken.
Auch ein Tattoo, welches nur mit schwarzer Farbe gestochen wird, schützt nicht vor gesundheitlichen Risiken.

 Hat die Tätowiermittel-Verordnung von 2009 die Gesundheitsrisiken nicht eingedämmt?

Die Tätowiermittel-Verordnung hat zum Beispiel festgelegt, was bei Kosmetika nicht auf die Haut darf, sollte erst recht nicht injiziert werden. Das war ein guter erster Schritt. Aber die Gesetze müssen immer weiter verbessert werden. Denn über die Gesundheitsrisiken ist immer noch sehr wenig bekannt. Wenn man Stoffe testet, welchen Einfluss sie auf den Menschen haben, dann macht man das normalerweise nicht, indem man sie in die Haut sticht. Und deshalb kann man für viele Stoffe gar nicht sagen, welche Auswirkungen sie haben, wenn wir sie in den Körper stechen. Da fehlen viele Daten. 

 Wieso gibt es keine Liste mit Tätowierfarben, die nicht gesundheitsgefährdend sind?

 Um sagen zu können eine Tatöwierfarbe hat keine negativen Auswirkungen sind sehr, sehr viele Tests notwendig. Und man weiß auch noch nicht ganz genau, was man alles testen müsste. So haben wir ja auch die Entfernung von Tattoos mit Lasertechnik untersucht und herausgefunden, dass dadurch das Gesundheitsrisiko noch steigen kann. Außerdem zersetzen sich Tätowierfarben auch bei Sonnenlicht. Es gibt da sehr viele Faktoren, die man zuerst checken muss, um irgendwann Stoffe als gefahrenfrei einschätzen zu können.

Leider gibt es noch keine Positivliste mit guten Tätowierfarben. Da die Farbpigmente durch den Körper wandern und sich beispielsweise in den Lymphknoten absetzen können, ist noch viel Forschung nötig.
Leider gibt es noch keine Positivliste mit guten Tätowierfarben. Da die Farbpigmente durch den Körper wandern und sich beispielsweise in den Lymphknoten absetzen können, ist noch viel Forschung nötig.

 Worauf sollte ich achten, wenn ich mir ein Tattoo stechen lassen will?

Zunächst ist es wichtig, einen professionellen Tätowierer zu wählen, auch aus Hygienegründen. Bei den Tätowierfarben gibt es ein sogenanntes Schnellwarnsystem RAPEX auf europäischer Ebene. Dort kann man sich informieren, welche Farben negativ aufgefallen sind in Tests. Das ist eine gute Möglichkeit, sich über die Farben zu informieren. Und dann könnte man natürlich die Tätowierung so wählen, dass möglichst wenig Farbe verwendet wird. Zudem wäre es sinnvoll ein Motiv zu wählen, dass man auch nach ein paar Jahren noch sehen kann. Denn das Weglasern birgt tatsächlich noch ein zusätzliches Gesundheitsrisiko.

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