Versuchsaufbau – fast 200 weiße Personen führen Allergietest durch
Ein Allergietest kann so richtig unangenehm werden – die Haut des Unterarms wird rot, juckt und es entstehen Quaddeln. Abhilfe könnte eine Salbe schaffen. Wer die aufträgt, ist ja eigentlich egal –oder? Nicht ganz, denn hier kommt der Placebo-Effekt ins Spiel. Das zeigt eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlicht wurde. Allerdings wurde diese Studie in den USA durchgeführt, ihre Ergebnisse sind damit nicht unbedingt auf Mitteleuropa übertragbar.
Bei 187 weißen Personen wurde ein Allergietest durchgeführt und untersucht, ob sich das Aussehen der behandelnden Person auf die Stärke der allergischen Reaktion auswirkt. Das behandelnde Fachpersonal bestand aus Frauen und Männern und unterschied sich auch durch die Hautfarbe.
Placeboeffekt - Wirksam ohne Wirkstoff
Zusätzlich bekamen die Patientinnen und Patienten eine lindernde Salbe auf ihren anschwellenden Unterarm aufgetragen. Diese Salbe enthielt keine Wirkstoffe, ihr Erfolg beruhte allein auf dem Placeboeffekt.
Dieser entsteht beispielsweise, wenn Probandinnen und Probanden wirkstofffreie Medikamente verabreicht werden – aber trotzdem eine therapeutische Wirkung erzielt wird. Denn der Körper verfügt über Selbstheilungskräfte, die durch die Gabe von vermeintlichen Medikamenten angekurbelt werden können.
Aussehen des Personals korrelierte mit der Wirkung
Wie stark der Placeboeffekt bei den Versuchspersonen war, hing vom Aussehen des Fachpersonals ab. Wenn ein dunkelhäutiger Arzt den Allergietest durchführte, reagierten die Teilnehmenden stärker, als wenn sie von einem weißen oder asiatischen Arzt behandelt wurden. Und die Linderung der allergischen Reaktion durch die Salbe fiel ebenfalls schwächer aus. Der Placeboeffekt der wirkstofffreien Salbe war also bei dem dunkelhäutigen Arzt weniger stark.
Ähnlich fiel die Reaktion der Teilnehmenden aus, wenn sie von einer Frau behandelt wurden. Die Linderung der allergischen Reaktion war auch hier geringer.
Problem: Fehlende Repräsentation
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Studie erklären sich das so: Erst in den letzten Jahren stieg die Anzahl des weiblichen und des schwarzen Fachpersonals an. Daher assoziieren viele Menschen Heilung mit dem Bild eines weißen Mannes im Arztkittel. Diese Verknüpfung – weißer Mann gleich Heilung – ist unterbewusst so tief verankert, dass sie verändert, wie der Körper reagiert und heilt.
Die Teilnehmenden hatten allerdings keine expliziten Vorurteile – das bestätigten auch 1.400 Freiwillige. Sie bewerteten die Interaktion zwischen den Teilnehmenden und dem Fachpersonal. Das Ergebnis: Die Versuchspersonen gaben sich sogar noch mehr Mühe in der Interaktion, wenn der Arzt schwarz oder eine Frau war.
Auf die Umgebung kommt es an
Interessanterweise hatten die Teilnehmenden weniger unterbewusste Vorbehalte gegenüber asiatischem als gegenüber schwarzem Fachpersonal. Das Autorenteam erklärte das damit, dass dies vielleicht an der Umgebung, in der die Studie durchgeführt wurde, liegen könnte.
Die Daten wurden in San Francisco erhoben: Dort arbeiten bereits seit einigen Jahren viele Menschen mit asiatischem Hintergrund im medizinischen Bereich. Folglich sind Patientinnen und Patienten daran gewöhnt, von asiatischem Fachpersonal behandelt zu werden.
Laut dem Forschungsteam besteht nun die Hoffnung, dass unbewusste Vorbehalte gegenüber medizinischem Personal mit der Zeit abgebaut werden. Dafür bedürfe es aber weit mehr, als kurzfristige individuelle Anstrengung, diese Ungleichheit verschwinden zu lassen. Die Ergebnisse zeigten: Die fehlende Repräsentation von ganzen Bevölkerungsgruppen im medizinischen Bereich hinterlässt ihre Spuren.