Aufräumen mit Klischees

Streber und Nerds sind doch beliebt

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Autor/in
Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.
Onlinefassung
Elisabeth Theodoropoulos

Wer gute Noten schreibt, ist in der Regel auch beliebt. Eine Studie der Universität Tübingen zeigt, dass leistungsstarke Schüler*innen gut in ihren Klassen integriert sind.

Das gängige Klischee: Streber und Nerds werden gehänselt, gemieden und als vermeintliche Lieblinge der Lehrkräfte von den anderen Kindern zu Außenseitern gemacht.

Klischee über Streber und Nerds erweist sich als unwahr

Ein Forschungsteam des Hector-Instituts für Empirische Bildungsforschung an der Universität Tübingen und des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) an der Humboldt-Universität zu Berlin hat jetzt herausgearbeitet, dass dieses Klischee nicht der Realität entspricht.

"Streber sind dick, hässlich, haben `ne Brille und wissen alles und sie sind immer `ne Niete in Sport."

Solche Klischees spuken noch in vielen Köpfen herum. Doch Bildungsforscherin Claudia Neuendorf hat in ihrer jüngsten Studie damit aufgeräumt. Jugendliche, die gute Schulleistungen erbringen, sind in der Regel auch besser in ihre Klassen integriert als solche, die schlechter abschneiden.

Junge steht vor Klassentafel und zeigt auf Glühbirne über seinem Kopf.
Die Studie zeigt: Wer gute Noten in der Schule schreibt, ist in der Regel auch beliebt.

Analysiert wurden Daten von 44.000 Schulkindern

Neuendorf und ihr Forschungsteam wollten wissen, ob leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler Probleme mit der sozialen Einbindung in der Schule haben, sie also schlechter in den Klassenverband integriert sind. Denn das könnte für potentiell starke Schüler ein abschreckender Faktor sein, der sie dazu bringe, ihre wahre Leistungsfähigkeit nicht zu zeigen.

Dazu nutzten sie Daten des jüngsten IQB Bildungstrends. Das ist eine große Schulleistungsstudie, an der rund 44.000 Schülerinnen und Schülern der neunten Klassen deutschlandweit teilgenommen haben.

Für jedes Kind wurde eine Beliebtheitsskala erarbeitet

Neben den Leistungen wurden darin auch sogenannte Netzwerkdaten erhoben. Vier verschiedene Fragen wurden gestellt: Wer ist deine Freundin oder dein Freund? Mit wem verbringst du deine Pausen? Wen fragst du um Hilfe, wenn du Probleme hast? Neben wem würdest du nicht so gerne sitzen?

Aus den Antworten auf diese vier Fragen wurden dann Netzwerkindikatoren gebildet, die wiedergeben, wie gut jedes einzelne Kind in den Klassenverband integriert ist.

Schülerinnen sitzen in Klassenzimmer nebeneinander.
Zu den Netzwerkdaten zählt auch, neben wem die Kinder gerne sitzen oder eben nicht sitzen wollen.

Wie Schulleistung und Beliebtheit zusammenhängen

Die Forschenden schauten dann nach einem Zusammenhang mit der Schulleistung, also ob diejenigen, die gute Noten haben, eher beliebter oder eher unbeliebt in ihren Klassen sind. Eine kniffelige Frage, die sich aus den vorhandenen Daten nicht eindeutig beantworten ließ.

Aber was wir auf jeden Fall schon gesehen haben, ist, dass die Zusammenhänge zwischen den Noten und der Frage wie häufig man um Hilfe gefragt wird, besonders stark waren. Da ist sicherlich ein Faktor, dass man auch gerne neben denen sitzt, die auch häufig um Hilfe gefragt werden, um dann von ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten zu profitieren.

Hinterfragen von Stereotypen ist Ziel der Forschung

Die Studie zeigt auch, dass Mädchen, die besonders gut in vermeintlichen Jungsfächern wie Physik oder Mathe sind, und auch Jungen, die in vermeintlichen Mädchenfächern wie Deutsch oder Biologie besonders gut sind, nicht weniger beliebt sind als andere Klassenmitglieder.

Mädchen schreibt Rechnung an Klassentafel.
Die Studie zeigte auch, dass Mädchen, die in stereotypen Jungsfächern gut sind, nicht weniger beliebt sind als andere Klassenmitglieder. Das Gleiche gilt für Jungen, die gut in stereotypen Mädchenfächern sind.

Die Forschenden konnten da keine Unterschiede finden. Das Hinterfragen solcher Stereotypen ist genau das Ziel ihrer Forschung, erklärt Bildungsforscherin Neuendorf:

Wir wollten uns tatsächlich Daten angucken, wo Schülerinnen und Schüler wirklich über ihre Klassenkameradinnen und Klassenkameraden berichten und eben nicht nur die Frage stellen, ob sie dieses Stereotyp auch wahrnehmen, was häufig in der Forschung gemacht wird.

Doch wieso hält sich dann das Klischee der unbeliebten Streber so hartnäckig? Neuendorf geht davon aus, dass es Einzelfälle sind, die sehr stark im Vordergrund stehen und so das Bild prägen.

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