Interview

Speed Dating – keine Zeit zum Flirten?

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Elisa Franz, Sprachwissenschaftlerin und Rhetoriktrainerin
Moderator/in
Ralf Caspary
Ralf Caspary
Onlinefassung
Lena Schmidt

Beim Speed Dating wird weniger geflirtet, als man denkt. In der kurzen Zeit werden eher oberflächliche Fragen abgehakt. Kann man dennoch erfolgreich jemanden kennenlernen?

SWR2 Impuls Moderator Ralf Caspary im Gespräch mit Sprachwissenschaftlerin und Rhetoriktrainerin Elisa Franz.

Elisa Franz hat im Rahmen ihrer Dissertation an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Speed Dating-Gespräche untersucht. Ihre Hypothese: Durch Speed Dating lässt sich das Flirtverhalten untersuchen.

Speed Dating als knallhartes Bewerbungsgespräch

Elisa Franz musste schnell feststellen, dass sie mit ihrer Erwartung falsch lag. Während des Speed Datings wurden eher oberflächliche Fragen gestellt, zum Flirten kam es nicht. Die Fragen und Kommunikationsmuster waren in allen Gesprächen recht ähnlich.

Die Dating-Patnerinnen und -Partner hätten versucht, so schnell wie möglich Gemeinsamkeiten festzustellen, indem sie eher simple und nicht unbedingt kreative Fragen gestellt haben, beschreibt Franz. Häufig seien klassische Kennenlernfragen wie „Wo kommst du her? Was machst du beruflich? Was machst du sonst so?“ gefallen.

Wenn man bedenkt, dass man beim Speed Dating nur um die fünf bis sieben Minuten Zeit hat, erscheint das auch nicht sonderlich überraschend. Man müsse erst miteinander warm werden, bevor man Komplimente macht und flirtet, erklärt die Sprachwissenschaftlerin.

In diesen 5 Minuten würde ich auch nicht unbedingt sagen: „Oh Gott, wie toll sehen Sie aus? Das Kleid, das sie heute tragen, ist umwerfend!“ Nein, ich würde auch fragen: „Interessieren Sie sich auch für Tennis? Gucken Sie auch gerne Tatort?“

Kichern und Flirten: In den Pausen verändern sich die Gespräche

Doch auch in den Pausen zwischen den Dates liefen die Aufnahmegeräte von Franz weiter. Ihre spannende Entdeckung: Während der Pausen wird mehr geflirtet, die Tonlagen verändern sich.

Eigentlich hatte Franz erwartet, dass sich bereits während der Speed Dates einige Stereotype zeigen. Zum Beispiel, dass Frauen mehr kichern und reden, oder mehr Melodie in der Stimme haben. Doch diese Vermutung bestätigte sich erst während der Pausen: Hier hätten die Frauen dann tatsächlich ein anderes Stimmregister ergriffen. Sie seien höher gerutscht, hatten mehr Melodie, haben mehr kichert.

Das Bild zeigt eine Gruppe beim Speed-Dating.
Während des Speed-Datings wird eher weniger geflirtet. Dazu wurden in Franz Studie eher die Pausen genutzt.

Außerdem passten ihre Beobachtungen zu Studien aus den 1950er bis 1960er-Jahren, in denen sich Frauen als hilfsbedürftige Wesen verkauft haben, denen Männer zur Hilfe eilen mussten. Die Frauen sprachen in den Pausen an, dass sie mit der Reihenfolge des Speed-Datings nicht klarkämen und fragten zum Beispiel: Bei welchem Namen bin ich eigentlich gerade? Und die Männer seien dann zur Hilfe geeilt, erläutert Franz.

Und das war wirklich ganz putzig, weil das wirklich wie in den 1950er-/60er-Jahren funktioniert hat. Und dann beim ersten Speed Dating-Klingeln, wo das Gespräch wieder anfing, sind die Frauen mit der Stimmlage wieder runtergerutscht und haben ein knallhartes Bewerbungsgespräch durchgeführt.

Speed Dating weiterhin Tabu-Thema

Der Sprachwissenschaftlerin fällt auf, dass sich viele direkt am Anfang dafür gerechtfertigt haben, warum sie beim Speed Dating mitmachen. Das Thema sei immer noch tabuisiert, weil man auf normalem Wege in Anführungszeichen niemanden gefunden habe. Es habe ein „Geschmäckle“, so Franz.

Auch durch die Kürze der Dates kann man am Erfolg von Speed Dating zweifeln. Doch hier sagt die psychologische Forschung: Fünf Minuten sind absolut ausreichend, um zu wissen, ob man die andere Person wiedertreffen möchte oder nicht, sagt Franz.

Vorteile gegenüber dem Online Dating

Speed Dating werde zwar noch veranstaltet, habe aber einen klaren Einbruch erhalten, seit Dating-Apps und -Plattformen auf dem Vormarsch sind. Mittlerweile habe Franz aber den Eindruck, dass Speed Dating wieder im Kommen sei.

Es gebe weiterhin das Bedürfnis, Leute wirklich persönlich zu treffen, vermutet die Rethoriktrainerin. Man würde direkt merken, ob man ein Gefühl für die Person entwickeln kann – viel eher als im Internet.

Ein weiterer Grund könnte ihr zufolge sein, dass viele schon enttäuschende Erfahrungen im Online Dating gemacht haben. Vieles würde im Internet geschönt dargestellt und es besteht immer die Gefahr, geghostet zu werden, erläutert Franz. Außerdem würden solche Speed Dating-Veranstaltungen einfach Spaß machen.

Das Bild zeigt eine Frau, die grinsend auf ihren Laptop schaut.
Umsonst gehofft? Nicht alle sind beim Online Dating ehrlich. Wie eine Person wirklich ist, merkt man oft erst bei persönlichen Treffen.

Dennoch ist Speed Dating nicht für jeden was.

Es ist natürlich eine Geschmackssache. Möchte man sich tatsächlich mit jemandem real treffen? Das bedeutet Überwindung. Beim Online Dating kann ich mich eher verstecken.

Die Wahrscheinlichkeit, den Partner für's Leben zu finden, schätzt Franz ähnlich hoch ein wie auf einer Party. Es könne funktionieren, sogar direkt bei der ersten Party. Aber manchmal brauche man eben zehn Partys.

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