SWR2 Impuls Moderator Ralf Caspary im Gespräch mit Sprachwissenschaftlerin und Rhetoriktrainerin Elisa Franz.
Elisa Franz hat im Rahmen ihrer Dissertation an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster Speed Dating-Gespräche untersucht. Ihre Hypothese: Durch Speed Dating lässt sich das Flirtverhalten untersuchen.
Speed Dating als knallhartes Bewerbungsgespräch
Elisa Franz musste schnell feststellen, dass sie mit ihrer Erwartung falsch lag. Während des Speed Datings wurden eher oberflächliche Fragen gestellt, zum Flirten kam es nicht. Die Fragen und Kommunikationsmuster waren in allen Gesprächen recht ähnlich.
Die Dating-Patnerinnen und -Partner hätten versucht, so schnell wie möglich Gemeinsamkeiten festzustellen, indem sie eher simple und nicht unbedingt kreative Fragen gestellt haben, beschreibt Franz. Häufig seien klassische Kennenlernfragen wie „Wo kommst du her? Was machst du beruflich? Was machst du sonst so?“ gefallen.
Wenn man bedenkt, dass man beim Speed Dating nur um die fünf bis sieben Minuten Zeit hat, erscheint das auch nicht sonderlich überraschend. Man müsse erst miteinander warm werden, bevor man Komplimente macht und flirtet, erklärt die Sprachwissenschaftlerin.
Kichern und Flirten: In den Pausen verändern sich die Gespräche
Doch auch in den Pausen zwischen den Dates liefen die Aufnahmegeräte von Franz weiter. Ihre spannende Entdeckung: Während der Pausen wird mehr geflirtet, die Tonlagen verändern sich.
Eigentlich hatte Franz erwartet, dass sich bereits während der Speed Dates einige Stereotype zeigen. Zum Beispiel, dass Frauen mehr kichern und reden, oder mehr Melodie in der Stimme haben. Doch diese Vermutung bestätigte sich erst während der Pausen: Hier hätten die Frauen dann tatsächlich ein anderes Stimmregister ergriffen. Sie seien höher gerutscht, hatten mehr Melodie, haben mehr kichert.
Außerdem passten ihre Beobachtungen zu Studien aus den 1950er bis 1960er-Jahren, in denen sich Frauen als hilfsbedürftige Wesen verkauft haben, denen Männer zur Hilfe eilen mussten. Die Frauen sprachen in den Pausen an, dass sie mit der Reihenfolge des Speed-Datings nicht klarkämen und fragten zum Beispiel: Bei welchem Namen bin ich eigentlich gerade? Und die Männer seien dann zur Hilfe geeilt, erläutert Franz.
Speed Dating weiterhin Tabu-Thema
Der Sprachwissenschaftlerin fällt auf, dass sich viele direkt am Anfang dafür gerechtfertigt haben, warum sie beim Speed Dating mitmachen. Das Thema sei immer noch tabuisiert, weil man auf normalem Wege in Anführungszeichen niemanden gefunden habe. Es habe ein „Geschmäckle“, so Franz.
Auch durch die Kürze der Dates kann man am Erfolg von Speed Dating zweifeln. Doch hier sagt die psychologische Forschung: Fünf Minuten sind absolut ausreichend, um zu wissen, ob man die andere Person wiedertreffen möchte oder nicht, sagt Franz.
Vorteile gegenüber dem Online Dating
Speed Dating werde zwar noch veranstaltet, habe aber einen klaren Einbruch erhalten, seit Dating-Apps und -Plattformen auf dem Vormarsch sind. Mittlerweile habe Franz aber den Eindruck, dass Speed Dating wieder im Kommen sei.
Es gebe weiterhin das Bedürfnis, Leute wirklich persönlich zu treffen, vermutet die Rethoriktrainerin. Man würde direkt merken, ob man ein Gefühl für die Person entwickeln kann – viel eher als im Internet.
Ein weiterer Grund könnte ihr zufolge sein, dass viele schon enttäuschende Erfahrungen im Online Dating gemacht haben. Vieles würde im Internet geschönt dargestellt und es besteht immer die Gefahr, geghostet zu werden, erläutert Franz. Außerdem würden solche Speed Dating-Veranstaltungen einfach Spaß machen.
Dennoch ist Speed Dating nicht für jeden was.
Die Wahrscheinlichkeit, den Partner für's Leben zu finden, schätzt Franz ähnlich hoch ein wie auf einer Party. Es könne funktionieren, sogar direkt bei der ersten Party. Aber manchmal brauche man eben zehn Partys.