Schlafforschung

Helfen weißes, pinkes und braunes Rauschen beim Einschlafen?

Stand
Autor/in
Emily Burkhart
Portrait Bild der Autorin Emily Burkhart
Onlinefassung
Martina Janning

Fast jeder zweite Deutsche schläft schlecht. Doch Schlafstörungen können zu gesundheitlichen Problemen führen. Ein Trend verspricht Besserung: Weißes, pinkes oder braunes Rauschen zum Einschlafen hören.

Weißes, pinkes und braunes Rauschen haben in den letzten Jahren einen regelrechten Höhenflug in den sozialen Medien, bei Lifestyle-Influencern oder auch in Eltern-Ratgebern erlebt.

Es kursieren verschiedenste Versprechen im Zusammenhang mit diesen Geräuschen. Sie sollen Tinnitus-Beschwerden lindern, die kognitive Leistungsfähigkeit steigern und sogar den Schlaf verbessern.  

Doch, dass Lärm nicht nur störend, sondern auch wohltuend sein kann, erscheint zunächst paradox. Das meint auch Schlafforscher Mathias Basner. Er forscht speziell zu den Auswirkungen von Lärm auf den Schlaf. Dabei hat er sich auch schon mit dem Rauschen auseinandergesetzt. 

Als ich gehört habe, wie viele Leute sich so eine Geräuschquelle in das Schlafzimmer stellen, habe ich gesagt: Das macht doch keinen Sinn.

Was sind weißes, pinkes und braunes Rauschen? 

Die Rauschtöne sind verschiedene Arten von Geräuschen, welche durch die Mischung unterschiedlicher Frequenzen entstehen. Jede dieser "Farben" repräsentiert eine spezifische Verteilung der Frequenzenergie im für den Menschen hörbaren Spektrum. Dieses reicht von 20 Hertz bis 20.000 Hertz. Das Ergebnis: Die drei Rauschspektren hören sich für den Menschen jeweils unterschiedlich an. 

Weißes Rauschen

Weißes Rauschen ist für unser Gehör vergleichbar mit dem gleichmäßigen Rauschen eines Ventilators oder dem Geräusch, wenn bei einem Radio kein Sender eingestellt ist. 

Sein spezifischer Klang entsteht dadurch, dass es alle für den Menschen hörbaren Tonfrequenzen umfasst. Beim weißen Rauschen werden verschiedenste Töne aus dem gesamten hörbaren Spektrum in gleicher Lautstärke abgespielt. Daraus resultiert ein recht harsches Rauschen. 

Pinkes Rauschen

Beim pinken Rauschen sind die Töne etwas gedämpfter als beim weißen Rauschen. Dadurch ähnelt dieses Rauschen leichtem Regenfall oder dem Rascheln von Laubblättern. 

Pinkes Rauschen enthält ebenfalls alle Frequenzen, die dem menschlichen Gehör zugänglich sind. Die niedrigen Frequenzen werden jedoch lauter abgespielt, was zu einem weicheren und ausgewogeneren Klang führt. Durch diesen gleichmäßigeren Klang wird es oft als angenehmer wahrgenommen. 

Braunes Rauschen

Braunes Rauschen, auch als "Red Noise" oder "Brownian Noise" bekannt, verdankt seinen Namen nicht der Farbe Braun, sondern dem Wissenschaftler Robert Brown, der 1827 die unregelmäßige Wärmebewegung kleiner Teilchen entdeckte - die Brownsche Bewegung. Die Bezeichnung "braunes Rauschen" ist trotz dessen weit verbreitet, da auch andere Arten von Rauschen mit Farben bezeichnet werden. 

Akustisch ähnelt braunes Rauschen einem Wasserfall oder starkem Regen, der auf ein Dach prasselt. Es wird vom menschlichen Gehör als das tiefste der drei Farbgeräusche wahrgenommen. 

Diese Tiefe entsteht durch die Verstärkung des Effekts, der bereits beim pinken Rauschen wirkt. Braunes Rauschen umfasst ebenfalls alle hörbaren Frequenzen, wobei die tiefen Frequenzen jedoch lauter und die hohen Frequenzen leiser abgespielt werden. 

Warum soll das Rauschen den Schlaf verbessern?

Mathias Basner verdeutlicht, dass es viele Theorien gibt, weshalb diese Geräusche dem Menschen beim Ein- und Durchschlafen helfen sollen. 

Theorie 1: Das Rauschen überdeckt andere Geräusche

Der Theorie nach kann das Rauschen als Maskierungsgeräusch wirken. Basner erklärt, "dass man dadurch, dass man ein kontinuierliches Hintergrundgeräusch hat, einzelne Geräusche, zum Beispiel einen Lkw, der am Schlafzimmer vorbeifährt, gar nicht mehr hört." Der Schlafforscher vermutet, dass dies durchaus funktionieren kann. 

Theorie 2: Das Rauschen formt Gewohnheiten

Nach dieser Theorie kann es eine konditionierende Wirkung haben, regelmäßig mit Rauschen auf den Ohren einzuschlafen. "Das geht dann auch in Richtung Schlafritual. Das heißt, wenn man ins Bett geht und das Rauschen einschaltet, ist das letzten Endes ein Signal für den Körper, dass es Zeit ist zu schlafen“, so Basner. Um einen solchen Gewöhnungseffekt zu erreichen, muss man jedoch nicht zwingend ein Rauschen verwenden - jeden Abend einen Tee zu trinken tut es dafür auch. 

Theorie 3: Das Rauschen selbst lässt uns schlafen

Schließlich wird noch vermutet, dass weißes, pinkes und braunes Rauschen selbst schlaffördernd wirken. Das heißt: Man nimmt an, dass diese Breitbandgeräusche aufgrund der darin enthaltenen Frequenzen eine beruhigende Wirkung auf unser Gehirn haben. Doch daran zweifelt Schlafforscher Mathias Basner. 

So wirkungsvoll ist das Rauschen

Die tatsächliche Wirkung des "Farb-Rauschens" ist umstritten. Einige Studien weisen eine Verbesserung des Schlafes nach, andere warnen vor negativen Folgen. Dr. Basner und sein Team. haben insgesamt etwa 35 Studien zum Thema Rauschen für den Schlaf ausgewertet. 

Nach dieser Literaturarbeit mussten wir letzten Endes schließen: Man kann eigentlich im Moment nicht sagen, ob es funktioniert, ob es nicht funktioniert, oder ob es vielleicht sogar schlecht ist.

Das Ergebnis ist also: Die Studienlage ist noch zu dünn. Einerseits wird das Rauschen an zu wenigen Menschen untersucht. Andererseits sind die Methoden noch zu ungenau. 

Das Rauschen ist mit Vorsicht zu genießen 

Besonders, wer weißes, pinkes oder braunes Rauschen zum Schlafen benutzt, sollte aufpassen. Denn das Gehör muss sich genauso wie das Gehirn auch von seinen Anstrengungen erholen. 

Hören ist ein aktiver Prozess, bei dem Stoffwechselprodukte anfallen, die langfristig auch das Gehör schädigen können. Eigentlich ist der beste Zeitraum für das Gehör, diese Stoffwechselprodukte abzubauen und sozusagen aufzuräumen, die Nacht.

Der Schlafforscher legt daher nahe, eine Lautstärke zu finden, die für einen persönlich angenehm, aber nicht belastend ist. Hierbei gibt es keine empfohlene Lautstärke, einige Studien empfehlen jedoch für Kleinkinder eine Lautstärke von etwa 40 Dezibel.

Zusätzlich empfiehlt Basner, einen Timer zu verwenden, der das Rauschen nach einer gewissen Zeit ausschaltet. So kann man den gewünschten positiven Effekt zum Einschlafen nutzen, vermeidet aber mögliche negative Konsequenzen. 

Wer das Rauschen ausprobieren möchte, findet sowohl auf YouTube als auch auf einschlägigen Musik-Streamingdiensten wie Spotify Videos und Playlists mit den Titeln "White Noise", "Pink Noise" und "Brown Noise".  

Am Ende braucht es laut Mathias Basner jedoch noch mehr Forschung, um herauszufinden, ob White Pink und Brown Noise insgesamt gut oder schlecht sind. 

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