Privater Weltraumflug: Polaris Dawn soll mit vier Privatleuten ins All starten. Die Crew in Weltraumanzügen.

Raumfahrt

Privater Raumflug Polaris Dawn gestartet

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Autor/in
Uwe Gradwohl
Uwe Gradwohl, Leiter der Redaktion SWR Wissen Aktuell.
Onlinefassung
Martina Janning
Martina Janning, Redaktion SWR Wissen aktuell
Emily Burkhart
Portrait Bild der Autorin Emily Burkhart

Die private Raumfahrt-Mission „Polaris Dawn“ ist am frühen Morgen des 10. September von Florida aus ins All gestartet. Bei dem Flug ist geplant, dass zwei Crew-Mitglieder die Raumkapsel für einen Spaziergang im Weltall verlassen. 

Die Mission mit vier Privatpersonen sollte ursprünglich bereits Ende August starten, wurde aber wegen schlechter Wetterbedingungen mehrfach verschoben. Polaris Dawn - übersetzt Polarstern Morgendämmerung - so lautet der Name der Weltraummission, sollte ursprünglich am 27. August 2024 von Cape Canaveral/Florida aus starten. Jedoch machten zuerst ein Heliumleck und dann schlechte Wetterbedingungen für die sechs Tage nach dem Start geplante Rückkehr zur Erde einen Strich durch die Rechnung.

Am 10. September 2024 musste der Start dann nochmals um etwa zwei Stunden verschoben werden. Denn nicht nur bei der Landung, auch beim Start spielt das Wetter eine entscheidende Rolle. So müssen die Wetterbedingungen im Fall eines Flugabbruchs eine Notlandung auf dem Wasser zulassen, die Wellen auf dem offenen Meer dürfen dafür nicht zu hoch sein. Polaris Dawn startete schließlich um 11.23 Uhr MESZ und erreichte ohne Probleme seine Umlaufbahn.

An Bord befinden sich zwei Männer und zwei Frauen. Allesamt sind keine Berufsastronauten, sondern Privatpersonen. Organisiert und finanziert wird der Flug von Jared Isaacman, einem US-amerikanischen Unternehmer mit Weltallerfahrung. Er fliegt nun schon zum zweiten Mal ins All. Uwe Gradwohl beantwortet die wichtigsten Fragen zur Mission Polaris Dawn.

Wer ist Jared Isaacman?

Jared Isaacman ist ein US-amerikanischer Pilot und Inhaber eines Unternehmens, das Kampfpiloten ausbildet. Die Mission Polaris Dawn ist bereits der zweite Flug von Isaacman ins All. Sein erster Flug im September 2021 war auch der erste Start einer Crew, zu der kein einziger Berufsastronaut gehörte.

Isaacman selbst war Commander der Mission an Bord einer Raumkapsel des Raumfahrtunternehmens SpaceX. SpaceX hat seine Raumschiffe vom Typ Crew Dragon mit NASA-Geld entwickelt. Sie sind aber im Besitz von SpaceX und können sowohl von der NASA als auch von gut betuchten Privatpersonen gechartert werden. In diesem Fall war das Jared Isaacman.

Der Flug dauerte damals drei Tage und stand im Zeichen einer Spendensammlung für ein amerikanisches Kinderkrankenhaus. Knapp 240 Millionen US-Dollar wurden bei der Mission Inspiration4  gesammelt, der Großteil davon kam von Isaacman selbst und von Elon Musk, dem Besitzer des Raumfahrtunternehmens SpaceX.

Jared Isaacman ist ein US-amerikanischer Pilot und hat ein Unternehmen, das Kampfpiloten ausbildet. Die Mission Polaris Dawn ist sein zweiter Flug ins All.
Jared Isaacman ist ein US-amerikanischer Pilot und hat ein Unternehmen, das Kampfpiloten ausbildet. Die Mission Polaris Dawn ist sein zweiter Flug ins All.

Wie soll der Weltraumflug dieses Mal verlaufen?

Diesmal will Isaacman nicht drei, sondern fünf Tage im All bleiben. Der Flug soll zu mehreren Premieren und Rekorden in der Raumfahrt führen. Seine Mitflieger sind ein ehemaliger US-Kampfpilot und zwei Angestellte von SpaceX - für alle drei ist es der erste Aufenthalt im All.

Ihr Raumschiff vom Typ Crew Dragon soll die Erde auf 1.400 Kilometer Höhe umkreisen - höher als je zuvor ein Raumschiff mit Menschen an Bord. Nur bei den Apollo-Flügen zum Mond waren Menschen noch weiter von der Erde entfernt. Dabei wird der Crew Dragon zeitweise auch durch den sogenannten Van-Allen-Gürtel fliegen - einen Bereich mit intensiver gesundheitsgefährdender kosmischer Strahlung, in dem sich Raumfahrer nicht allzu lange aufhalten sollten.

Statt eines großen Panoramafensters für den Blick auf die Erde wie bei Isaacmans erstem Flug verfügt der Crew Dragon nun über eine Tür zum All. Durch sie sollen erstmals zwei Privatastronauten die Raumkapsel verlassen und 15 bis 20 Minuten außerhalb des schützenden Raumschiffs verbringen. Das wäre der erste private Weltraumspaziergang.

Für den Außeneinsatz müssen alle vier Crew-Mitglieder ihren Raumanzug anziehen, weil der Crew Dragon keine Luftschleuse besitzt und das Innere der Raumkapsel dem Vakuum des Weltraums ausgesetzt sein wird. Dann sollen Jared Isaacman und Sarah Gillis, Ingenieurin bei SpaceX, das Raumschiff verlassen. Der gesamte Außeneinsatz mit allen Vor- und Nachbereitungen soll rund zwei Stunden dauern.

Worum geht es diesem Flug - auch um Forschung oder nur um Rekorde?

Es wird viel Technik getestet. Beim Ausstieg wird ein neu entwickelter Raumanzug der Firma SpaceX genutzt. Isaacman scheint sich überhaupt gerne mit seinem Geld als erster Tester neuentwickelter SpaceX-Technik einzukaufen.

So ist erstmals auch ein Test von SpaceX-Technik zur Kommunikation im All mit Laserlicht statt mit Funkwellen geplant. Weitere 36 Experimente, fast alle im medizinischen Bereich, werden für US- amerikanische Forschungseinrichtungen und Universitäten durchgeführt.

Zum Beispiel wird untersucht, wie die Strahlung im Weltall den menschlichen Körper beeinflusst, wieso Astronauten und Astronautinnen bei langen Weltraumflügen Probleme mit den Augen bekommen und wie Ultraschall beim Erkennen und Überwachen der Dekompressionskrankheit bei Tauchern und Astronauten eingesetzt werden kann.

Bei der Mission Polaris Dawn ins All soll Technik getestet und medizinische Experimente gemacht werden.
Bei der Mission Polaris Dawn ins All soll Technik getestet und medizinische Experimente gemacht werden.

Wie soll es nach dem ersten Flug der Mission Polaris Dawn weitergehen? 

Polaris Dawn soll, so Isaacmans Plan, nur der erste von drei Flügen seines Polaris-Programms sein. Abschluss und Höhepunkt soll der erste Flug von Menschen an Bord eines Starships von SpaceX werden - jenes Riesenraumschiffs, das bei seinem letzten Test Anfang Juni 2024 seine erste fast komplette Erdumrundung geschafft hat - aber noch Jahre davon entfernt ist, eine Lizenz für den Flug mit Besatzung zu erhalten.

Auch wenn auf der fünftätigen Mission verschiedene Experimente zur Auswirkung von Flügen ins All auf den menschlichen Körper durchgeführt werden, ist die Mission gleichzeitig ein Zeichen der wachsenden Weltraumtourismus-Branche.

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