Holz gilt, wie jede Biomasse, als erneuerbarer Energieträger. Denn bei der Verbrennung wird das Kohlenstoffdioxid frei, das zuvor vom Baum aus der Atmosphäre gebunden wurde – Netto Null CO2-Emissionen also. Die Rechnung geht aber nur dann auf, wenn mindestens genauso viele Bäume nachwachsen, wie Holz verbrannt wird.
EU setzt finanzielle Anreize für die Holzverbrennung
Um die energetische Nutzung von Biomasse zu fördern, setzte die EU 2009 ihre Erneuerbare-Energien-Richtlinie in Kraft. Sie befreit das industrielle Verbrennen von Holz von CO2-Emissionsabgaben. Hinzu kommen nationale Förderprogramme, in Deutschland zum Beispiel nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz.
Insgesamt wird die Holzverbrennung in der EU mit jährlich fast 30 Milliarden Euro subventioniert. Doch inzwischen kristallisieren sich fatale Folgen für die Wälder in Europa und anderswo heraus: Private Haushalte verheizen deutlich mehr Holz als früher. Vor allem aber stellen immer mehr Kohlekraftwerke auf die Nutzung von Pellets oder Holzschnitzel um – was in den nächsten Jahren zu einer Vervielfachung des Brennholzbedarfs führen könnte. Schon heute wird, zwar nicht in Deutschland, aber in der EU insgesamt mehr Wald abgeholzt als nachwächst. Und auch Wälder außerhalb Europas sind durch den EU-Pelletboom in Mitleidenschaft gezogen. Gut gemeinte Klimaschutzmaßnahmen bedrohen also das Klima.
Hälfte des Brennholzes wird in Kraftwerken verfeuert
Vielerorts in der Europäischen Union werden derzeit Wälder kahlgeschlagen, um eine wachsende Nachfrage nach Brennholz zu decken. Die Nachfrage kommt insbesondere von Kohlekraftwerken, die auf Holzpellets umstellen. Die Hälfte des EU-Brennholzes wird mittlerweile in Kraftwerken verfeuert – mit steigender Tendenz. Ursachen sind zum einen die aktuelle Energiekrise, zum anderen hohe Subventionen für das Verfeuern von Holz.
Kraftwerke profitieren von Subventionen
Einen Rekord in der industriellen Holzverbrennung hält das im britischen Yorkshire stehende Drax-Kraftwerk: Mit fast neun Millionen Tonnen Pellets pro Jahr verbrennt das Drax-Kraftwerk mehr Pellets als jedes andere Kraftwerk weltweit, so die Wissenschaftlerin und Umweltschützerin Almuth Ernsting. Sie ist Leiterin der britischen Organisation Biofuelwatch. Die Nichtregierungsorganisation macht auf die Auswirkungen der großindustriellen Bioenergie aufmerksam.
Die Effizienz des Drax-Kraftwerks liege dabei bei 38 bis 39 Prozent, so Ersting, da die Abwärme nicht genutzt wird:
Immer mehr Kraftwerke stellen auf Holz um
Auch in den Niederlanden und Dänemark haben mehrere Kraftwerke wegen der Subventionen bereits von Kohle auf Holz umgestellt. In Deutschland erwägen die Betreiber des Onyx-Steinkohlekraftwerks in Wilhelmshaven, auf Holzverbrennung umzurüsten und jährlich 2,9 Millionen Tonnen Pellets zu verbrennen. Das Vattenfall-Kraftwerk im Berliner Stadtteil Moabit soll bis 2026 umgerüstet werden.
So dürfte der Kahlschlag in Europas Wäldern weiter zunehmen – insbesondere in Osteuropa, Skandinavien und dem Baltikum. Estland zum Beispiel ist zum größten Pellet-Lieferanten Europas aufgestiegen, berichtet Liina Steinberg, Mitarbeiterin der Organisation "Rettet Estlands Wälder":
Import durch den größten Pellet-Produzenten der Welt
Doch nicht nur heimische Wälder leiden unter Europas explodierender Nachfrage nach Brennholz. Der größte Pelletproduzent der Welt sitzt in den USA, genauer in Maryland. Das Unternehmen Enviva profitiert von der europäischen Energiepolitik: Über 6,2 Millionen Tonnen Pellets kann die Firma pro Jahr herstellen, indem sie Küstenlaubwälder und Feuchtgebiete abholzt. Bis 2027 will Enviva seine Kapazität nach eigenen Angaben auf 13 Millionen Tonnen verdoppeln.
Dabei besitze Enviva gar keine eigenen Wälder, berichtet Rita Frost von der Organisation Dogwood. Stattdessen kaufe die Firma Holz von kleinen Privateigentümern, die oft nicht wissen, worauf sie sich einlassen, klagt sie.
Auswirkungen auf den Wald bereits deutlich sichtbar - wird gegengesteuert?
Eigentlich sollte die Umstellung auf Holzverbrennung ein Schritt in die Klimaneutralität Europas sein. Doch die Zahlen zeigen das Gegenteil: Wegen der höheren Abholzung ist immer weniger CO2 in den EU-Wäldern gebunden - zwischen 2002 und 2020 hat der Landsektor etwa ein Viertel seiner jährlichen Kohlenstoffaufnahme verloren. Der Zusammenhang zur energetischen Nutzung von Biomasse lässt sich vielerorts statistisch nachvollziehen.
Tatsächlich arbeitet die EU inzwischen an einer Reform ihrer Erneuerbare-Energien-Richtlinie: Subventionen für das Verbrennen von Holz sollen reduziert werden. Das Problem: Vor allem nord- und osteuropäische Länder wehren sich gegen eine Neuregelung. Der Grund: Sie können festgelegte EU-Quoten an erneuerbarer Energie nur erreichen, wenn die Verbrennung von Holz voll auf die Quoten angerechnet wird. Diese Länder produzieren nämlich um die 70 Prozent ihrer erneuerbaren Energie durch die Holzverbrennung.