Wenn bei Starts oder Landungen etwas schief geht, wenn Bremsen oder Triebwerke Feuer fangen, dann sinken die Überlebenschancen der Passagiere schon nach wenigen Minuten dramatisch. Feuerwehren müssen daher regelmäßig trainieren, um auf solche Katastrophen vorbereitet zu sein.
Christian Steckroth ist Einsatzleiter der Flughafenfeuerwehr Stuttgart und achtet bei einer Übung darauf, dass alles richtig verläuft: "Die internationale Luftfahrtorganisation schreibt weltweit vor, dass wir einmal im Jahr an einer heißen Löschübung teilnehmen müssen. Deshalb müssen wir so eine Anlage haben und entwickeln, um dadurch möglichst realistische Szenarien zu machen, wie sie ja auch im Flugzeug stattfinden können (...)."
Planung und Bau der Simulationsanlage
Im Jahr 2020 stand das Projekt „Neue Flugzeug-Brandsimulationsanlage“ noch am Anfang. Mit vielen Quadratmetern Konstruktionszeichnungen und aufwändigen CAD-Entwürfen planen Ingenieure, Metallbauer und Feuerwehr-Experten das komplexe System.
CAD bzw. CADD (Computer-Aided Design and Drafting) ist eine Technologie für Konstruktion und technische Dokumentation, bei der das manuelle Zeichnen durch einen automatisierten Prozess ersetzt wird.
Nach der Planung kam der Zusammenbau für die riesige Anlage. In zwei Maschinen- und Stahlbau-Unternehmen im nordrhein-westfälischen Marsberg wurden dazu insgesamt 100 Tonnen Stahl montiert und über vier Kilometer Elektrokabel verlegt.
Die Herausforderung war, dass alles sehr stabil, dennoch leicht zu montieren und möglichst realistisch sein muss: Von den Triebwerken bis zu kompletten Stuhlreihen für die Container, aus denen die simulierte Passagierkabine zusammengesetzt wird.
Im Herbst 2021 war es dann soweit. Ein Kran setzte den ersten von insgesamt acht Containern, welche die Passagierkabinen bilden, auf ein Stahlgerüst. Denn auch die Höhe über dem Boden muss der eines realen Flugzeuges entsprechen, damit die Übungen später so realistisch wie möglich ablaufen können.
Einige Monate später ist die weltweit größte, mobile „Flugzeug-Brandübungsanlage“ fertig montiert und bereit für die Endabnahme.
So funktioniert die Anlage
Von der Bordküche bis zum Cockpit, von der Flugzeugtoilette bis zu den Gepäckablagen – per Knopfdruck auf die mobile Steuereinheit kann sich ein Gasfeuer an jedem möglichen Brandherd an Bord eines Flugzeuges entzünden.
Die Brandbekämpferinnen und Brandbekämpfer müssen schnell entscheiden, ob ein „Sprühstrahl“ oder „Vollstrahl“ das Feuer am schnellsten löscht. Zusätzlich ist höchste Konzentration gefordert, denn die Einsatzkräfte müssen lernen, sich blind zu verstehen, mit dem engen Raum, der eingeschränkten Sicht und den extremen Temperaturen klarkommen – es ist ein Training, dass alle an ihre körperlichen Grenzen bringt.
Jochen Schürgers ist der Entwickler der Brandsimulationsanlage und weiß worauf es ankommt: "Das ist natürlich immer sehr gefährlich. Wir müssen hohe Temperaturen haben, wir müssen realistisch Feuer bekämpfen können und im Notfall, sobald ich einen Notaus drücke, muss sich innerhalb einer Sekunde alles abschalten und Lüftung und Licht angehen, dass alles sofort sicher ist."
Auch außen testen die Auftraggeber, ob alles so funktioniert wie geplant. Die Feuerwehrleute schauen dort besonders auf die Fahrwerke und Triebwerke, denn mit Flammentemperaturen von bis zu 1000 Grad gibt es ein besonders hohes Katastrophenpotential, welches im Ernstfall beherrscht werden muss.
Deshalb wird die Brandsimulationsanlage benötigt
Damit der Flughafen Stuttgart seine Lizenz nicht verliert, um weiterhin Passagierflugzeuge abzufertigen zu dürfen, muss so eine Anlage vorhanden sein und zukünftige Katastrophen-Übungen möglich sein. Zwei Millionen Euro kostet der wichtige Brand-Simulator.
Die Kosten sowie die Anlage teilt sich der Flughafen Stuttgart mit den Flughäfen Bremen und Hannover. Sie steht immer drei Monate an einem der drei Standorte.
Wahrnehmung zwischen Übung und Realität verschwimmt
Bei der Übung wird dann deutlich, dass alles, was sich Ingenieure, Metallbauer und Feuerwehr-Experten erhofft haben, auch funktioniert: Wer an dieser einmaligen Trainingsanlage übt, vergisst schnell, dass es „nur“ eine Simulation ist. Christian Steckroth, Einsatzleiter der Flughafenfeuerwehr Stuttgart beschreibt die Erfahrungen deutlich:
"So wie wir die Lagen hier darstellen können, sind sie sehr realitätsnah und da verschwindet die Grenze in so einem Fall. Man sieht das Feuer, man sieht die Lage, man versucht, sich aufzuteilen, setzt die Kräfte entsprechend ein und ist dann in der Lage drin. Da gibt’s keine großen Unterschiede. Mit der Anlage brauchen wir uns nicht zu verstecken."