"PFAS" steht als Abkürzung für per- und polyfluorierte Akrylverbindungen. Zu dieser Gruppe gehören 10.000 unterschiedliche Chemikalien, die gemeinsame Eigenschaften haben wie ihre teils sehr hohe Langlebigkeit. Als sogenannte Ewigkeits-Chemikalien zerfallen manche PFAS erst in ein paar hundert Jahren.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie von Forschenden aus Karlsruhe und Leipzig befasst sich damit, wie PFAS-Hotspots im Boden ausfindig gemacht werden können. Bisher ist das sehr aufwendig und teuer, da dafür sehr viele Proben genommen werden müssen. Die Forschenden schlagen vor, Wildschweine, genauer deren Leber, zu nutzen, um die PFAS-Belastung der Umwelt festzustellen.
PFAS sind überall
Seit den 1970er-Jahren gibt es PFAS. Sie werden vielfältig genutzt, gelangen aber auch in die Umwelt. Mittlerweile sollen sie überall sein – im Boden, im Wasser, im Tier, auch im Menschen und sogar in der Antarktis wurden PFAS gefunden.
Genutzt werden sie vor allem in der Textilverarbeitung und der Foto- und Filmindustrie. Von da gelangen sie in die Umwelt, so Robert Pieper vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Quellen seien aber vor allem Militärflughäfen, zivile Flughäfen und Flächen, auf denen Großbrände gelöscht wurden.
Was bereits seit den 1970er-Jahren bekannt ist: Einige der PFAS-Verbindungen machen krank. Sie schwächen das Immunsystem oder können Krebs auslösen. Seit über 10 Jahren gibt es viele Projekte und Studien, die sich damit befassen, wie die Ausbreitung von PFAS besser kontrolliert werden kann.
Wildschweine nehmen Schadstoffe aus dem Boden auf
Die Forschenden aus Karlsruhe und Leipzig halten Wildschweine für ideal, um die Umwelt auf die Verbreitung von PFAS zu untersuchen. Warum das so ist, erklärt Förster Benito Messing, der in einem Leipziger Waldgebiet für die Jagd und die Schweine zuständig ist:
Kein Tier wühlt so viel mit der Nase in der Erde herum, wie die Wildschweine, sagt der Jäger. So nehmen Wildschweine alle Schadstoffe auf, die im Boden liegen, wie PFAS. Schon vorangegangene Studien wiesen auf hohe PFAS-Werte in der Leber und den Nieren von Wildschweinen hin, die auch dadurch zustande kommen, dass sie andere Tiere fressen, die ihrerseits PFAS in sich tragen.
PFAS lagern sich in der Leber von Wildschweinen ab
Diese Chemikalien im Boden zu identifizieren, ist bisher sehr aufwendig. So befasste sich Umweltchemikerin Jana Rupp vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig mit der Frage, wie PFAS-Hotspots einfacher identifiziert werden könnten.
Im Wildschwein sammeln sich PFAS vor allem in gut durchbluteten Organen wie der Leber an. Das machen sich die Forschenden zunutze. In der Studie untersuchten sie die Lebern von 50 Wildschweinen. Danach schauten sie, ob die Belastungsmuster mit bereits vorhanden Bodenproben übereinstimmen. Die Proben bekamen sie von zwei PFAS-Hotspots in Süddeutschland. Einer davon ist eine kontaminierte Ackerfläche, nahe der Kreisstadt Rastatt, nördlich von Baden-Baden.
2013 wurden die Behörden darauf aufmerksam, als das dortige Klärwerk bei Routineuntersuchungen im Trinkwasser sehr hohe PFAS Werte entdeckte. Tausend Hektar sind dort flickenteppichartig mit PFAS belastet, die sich immer weiter verbreiten und auch in das Grundwasser gelangen, sagt Jana Rupp.
Studie zeigt Übereinstimmung der PFAS-Belastung von Wildschweinen und Bodenproben
Aus dem Trinkwasser entfernt wurden die PFAS mit Kohlefiltern im Klärwerk. Im Boden hingegen bleiben sie zum Teil Jahrhunderte liegen. Eine effektive Filtermethode gibt es hierfür nicht. Mit Hilfe der Wildschweinlebern könnten nun wenigstens Hotspots erkannt werden, um dort dann weitere Maßnahmen zu ergreifen. Der Vergleich der Werte aus den Wildschweinlebern, die in diesem Gebiet leben, mit den Bodenanalysen zeigte: Sie stimmen tatsächlich überein.
Schon Analysen von zwei oder drei Lebern würden ausreichen, um einen ersten Eindruck von einem Gebiet zu bekommen. Eine spannende und wichtige Studie, sagt Robert Piper.