Der Klimawandel bringt Wälder weltweit in Gefahr. Manche Bäume leiden unter Wetterextremen mehr als andere. Welche Bäume können selbst widrigsten Bedingungen trotzen? Das wollen Forschende der Universität Freiburg herausfinden, indem sie die Bäume mithilfe modernster Technik zum "Sprechen" bringen.
Dafür haben sie in ihrem Projekt "Ecosense" Sensoren entwickelt, die die Reaktionen von Bäumen auf Stressfaktoren wie Hitze oder Trockenheit erfassen. Das Projekt soll kritische Veränderungen im Ökosystem Wald präziser und schneller erkennen und vorhersagen können – also als ein Diagnosetool fungieren, sagt Christine Werner, Professorin für Ökosystemphysiologie an der Uni Freiburg und eine der Projektleiterinnen.
Winzige Sensoren für Blätter und Wurzeln
Die Forschungsgruppe hat Mikrosensoren entwickelt, die sich direkt an den Blättern oder Wurzeln anbringen lassen - eine Neuheit. So lassen sich Prozesse untersuchen, die in den Pflanzen und im Boden ablaufen – wie zum Beispiel die Photosynthese oder Interaktionen zwischen Pflanzen. Die Sensoren messen auch, wie der Stresslevel der Bäume durch Umweltveränderungen wie Wassermangel oder extreme Hitze steigt.
Um möglichst viele Messdaten zu sammeln, werden die Bäume vom Waldboden bis zur Krone mit Sensoren bestückt. Je nach Messort unterscheiden sich Mikroklima und Lichtverhältnisse stark.
Sensoren an den Bäumen: Blatt-Küvetten sind kleine Messeinheiten
Um den Gasaustausch der Blätter zu messen, haben die Forschenden eine sogenannte Blatt-Küvette entwickelt. Das ist eine Halbkugel aus klarer Plastikfolie - hergestellt im 3D-Drucker. Diese Halbkugel wird mit einem magnetischen Metallring am Blatt befestigt. So die Lösung für Laubbäume; für Nadelbäume müssen sich die Forschenden noch etwas überlegen.
Die am Blatt befestigten Mikrosensoren messen die Temperatur des Blattes und der Umgebung sowie die Feuchtigkeit. Die Messdaten sollen zum Beispiel zeigen, wie Veränderungen in der Umwelt die Photosynthese der Pflanzen beeinflussen und ab wann ein Baum zu sterben beginnt.
Messtürme im Wald ergänzen das Sensoren-Netzwerk
In einem Wald bei Ettenheim (Ortenaukreis) testen die Forschenden derzeit verschiedene Sensoren. Neben den Sensoren hat das Forschungsteam drei Messtürme im Wald installiert; der größte von ihnen ist 45 Meter hoch. Die Türme dienen dazu, Daten in den Baumkronen und um sie herum zu sammeln.
Alle Messdaten aus dem Netzwerk der Sensoren werden in Echtzeit an eine Datenbank geschickt.
Gesundheit des Waldes im Klimawandel vorhersagen
Am Ende des Projekts soll ein mobiles System stehen, das sich schnell auf- und wieder abbauen lässt, wie Christine Werner erklärt: "Das Ziel ist nicht nur, diesen einen Waldbestand besonders zu untersuchen, sondern auch so eine Art Werkzeugkoffer zu erstellen." Das Sensoren-System wäre dann in jedem Wald einsetzbar und könnte zum Beispiel bei extremer Hitze schnell installiert werden, um dem Wald genau “zuzuhören”.
Die gesammelten Messdaten könnten irgendwann Prognosen ermöglichen, wie sich die Gesundheit eines Waldes entwickelt. Sie könnten auch als Warnsystem fungieren, wenn ein Wald zu kippen droht.