Dass auch Tiere in den Sozialen Medien auftauchen, ist nichts Neues. Manche haben sogar eigene Profile, auf denen die Halter Fotos, Videos und Neuigkeiten teilen. Sogenannte "Petfluencer" haben teils tausende Follower und verdienen damit sogar Geld, wenn sie z. B. Werbung schalten. Doch auch hinter niedlichen Aufnahmen kann Tierquälerei stecken.
"Das kann harmlos anfangen, dass Tiere vermenschlicht werden, dass ihnen die Klamotten angezogen werden", sagt Lea Schmitz, Pressesprecherin beim Deutschen Tierschutzbund. Besonders perfide: Einige bringen Tiere bewusst in gefährliche Lagen, um sich dann als Retter zu inszenieren. Solche Aktionen betreffen nicht nur Haustiere wie Hunde und Katzen, sondern auch Wildtiere. Wie stark Makaken-Affen für Klicks misshandelt werden, zeigt ein neuer Bericht der Social Media Animal Cruelty Coalition (SMACC). Dem Verbund gehören 20 Tierschutzorganisationen an.
Am häufigsten sind körperliche Misshandlungen
Für die Untersuchung wurden zwischen September 2021 und März 2023 hauptsächlich Beiträge auf Facebook, YouTube, Instagram und TikTok analysiert. Eines der SMACC-Teams schaute sich dabei gezielt Inhalte an, die Makaken-Affen als Haustiere darstellten. Auf 1.250 Fotos und Videos fanden sie dabei mehr als 2.800 Fälle von offensichtlichem Missbrauch - Im Durchschnitt wurden also jedem Inhalt mehr als zwei Missbrauchskategorien zugeordnet.
Die drei häufigsten Arten von Missbrauch, die erfasst wurden, sind:
- psychische Folter (13 %),
- körperliche Misshandlung (12 %) und
- Tiere als Unterhaltungsobjekte (12 %).
Bei 60 Prozent aller Fälle handelt es sich um körperliche Misshandlungen von Makaken.
Wiebke Plasse von der Welttierschutzgesellschaft (WTG), die dem Verbund als einzige deutsche Organisation angehört, fordert, dass sowohl die Netzwerke als auch die Gesetzgeber diesem Tierleid dringend ein Ende setzen müssten. "Ich glaube, so das Allerschlimmste war tatsächlich die langsame Herbeiführung vom Tod oder auch die sexuellen Missbräuche, die hier dokumentiert werden konnten", sagt die Tierschützerin.
Tierleid oft nicht auf den ersten Blick erkennbar
Doch der Tier-Content kommt offenbar gut an: Die untersuchten Videos wurden über zwölf Milliarden Mal angeklickt - Fotos und andere Online-Inhalte sind hier noch nicht eingerechnet. Vielen ist das Tierleid beim Schauen womöglich nicht bewusst und nicht alle Fälle sind direkt als Missbrauch erkenntlich. Das SMACC-Team hat auch einschränkende Kleidung, ungeeignetes Futter oder das Erschrecken der Tiere mit einer Maske oder Verkleidung als Tierquälerei erfasst.
In dem Bericht wird darauf hingewiesen, dass manche Menschen Verhaltensweisen, Ausdrücke und Gesten der Primaten falsch interpretieren. Sie nehmen diese als Ausdruck von Vergnügen, Glück oder Freude wahr, obwohl das vermeintliche Lächeln oft eine Grimasse sei, mit der die Tiere ihre Angst ausdrückten.
Als besonders süß gelten Makaken-Babys. Die traurige Wahrheit, die oft hinter diesen Inhalten steckt, ist, dass sie sehr früh von ihren Müttern getrennt und verkauft werden. Dadurch erleiden sie schwere psychische und emotionale Schäden.
Inhalte gefährden Erhalt der Tierart
Die Inszenierung von Makaken als Haustiere im Internet könnte wie eine Art Werbung dazu führen, dass sich noch mehr Menschen die Wildtiere anschaffen - und somit der Erhalt der Tierart gefährdet wird. Dieser Zusammenhang wird bereits in einer Studie zu der Darstellung von Kapuzineraffen auf Social Media hergestellt. Makaken sind keine Hunde. Wie andere wilde Tiere behalten sie ihre natürlichen Instinkte und Bedürfnisse und können sich in menschlichen Haushalten nicht artgerecht entfalten.
Im Report wird gefordert, dass die Plattformen mehr Verantwortung übernehmen. Sie sollen Maßnahmen ergreifen, damit tierquälerische Inhalte nicht hochgeladen oder schnellstmöglich entfernt werden. Dr. Neil D’Cruze, Globaler Leiter von Wildlife Research, World Animal Protection, schreibt im SMACC-Bericht:
Auch Bürgerinnen und Bürger können helfen, indem sie Tierquälerei bei den Plattformen melden. Außerdem sollte man solche Inhalte weder ansehen noch liken, kommentieren oder teilen - Dadurch wird mehr Aufmerksamkeit für die Videos und Fotos generiert. Oft sei die Reichweite die Motivation dahinter, solche Missbräuche überhaupt zu begehen und online zu stellen, erklärt Wiebke Plasse.