Im Universum gibt es Trilliarden von Sternen. Mit bloßem Auge sind von der Erde aus nur 3.000 Sterne zu erkennen - und es werden weniger. Der einst tiefdunkle Nachthimmel wird nämlich durch künstliches Licht aufgehellt.
Bürgerinnen und Bürger zum Sehtest am Himmel aufgerufen
Die Forschenden aus Deutschland und den USA hatten eine raffinierte Idee: Um herauszufinden, wie stark sich der Nachthimmel über die Jahre hinweg verändert hat, beschlossen sie, Bürgerinnen und Bürger dazu aufzurufen, einen einfachen Sehtest am Sternenhimmel durchzuführen.
Für das Experiment wurden acht Sterne vorgegeben. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Aktion sollten melden, welche der acht Sterne sie tatsächlich von ihrem Standort aus in der Nacht erkennen konnten. Je stärker der dunkle Nachthimmel durch Siedlungsbeleuchtung aufgehellt wurde, umso weniger Sterne konnten von den Teilnehmenden erkannt werden. In der Datenbank des "Globe at Night"-Projekts sammelten sich auf diese Weise von 2011 bis 2022 mehr als 51.000 Rückmeldungen von Sternguckern von fast 20.000 Standorten weltweit. Diese Daten zur Lichtverschmutzung wurden nun ausgewertet und in einer Studie im Magazin "Science" veröffentlicht.
Wegen Erhellung des Nachthimmels deutlich weniger Sterne erkennbar
Pro Jahr wurde der Nachthimmel in Europa um 6,5 Prozent und in Nordamerika um 10,4 Prozent heller. Das war das eindeutige Ergebnis des Experiments unter Leitung des Deutschen Geo-Forschungszentrums in Potsdam. Die jährliche Aufhellung betrug im Durchschnitt weltweit 9,6 Prozent. Das hat große Auswirkungen auf die Anzahl an Sternen, die ein Mensch erkennen kann:
"Wenn diese Entwicklung so weitergeht, wird ein Kind, das an einem Ort geboren wird, an dem 250 Sterne sichtbar sind, an seinem 18. Geburtstag nur noch 100 davon sehen können", sagt Christopher Kyba, Erstautor der Studie.
Satelliten-Daten geben andere Hinweise
Die mit Hilfe von Satelliten gewonnenen Daten, die in der Erdumlaufbahn gemessen wurden, stehen dazu in einem drastischen Kontrast. Die aus der Umlaufbahn gemeldeten Messwerte deuten sogar auf eine Verdunklung des Nachthimmels in den vergangenen Jahren hin. Demnach waren in Europa die Nächte um 0,3 Prozent dunkler, in Nordamerika um 0,8 Prozent.
Diesen Unterschied führen die Forschenden darauf zurück, dass Satelliten nur jene Lichtquellen erfassen, die vom Boden direkt nach oben Richtung Weltall strahlen. Beim Blick in den Nachthimmel nehme das menschliche Auge aber vor allem jenes Streulicht war, das von Lichtquellen stamme, die seitlich in das Blickfeld hineinstrahlten. Zudem seien die Satelliten nicht in der Lage, den Anteil an blauem Licht zu messen, der von LEDs ausgehe. Dieser Blauanteil wird vom menschliche Auge sehr wohl als Aufhellung wahrgenommen.
Weltweite Beobachtungsdaten soll mehr Klarheit bringen
Die Forschenden bemerken selbst, dass es eine Schwachstelle ihrer Studie sei, dass die Bürgerdaten nicht gleichermaßen aus allen Regionen der Welt vorliegen. An dem Experiment beteiligten sich vor alle Bürgerinnen und Bürger aus Nordamerika, Europa und Japan.
Das seien jedoch genau jene Regionen, in denen die Aufhellung bereits deutlich fortgeschritten sei. Über große Teile Asiens, Afrikas und Südamerikas, in denen dieser Prozess vermutlich ebenfalls schnell voranschreite, könne man derzeit keine Aussagen treffen.
Die Forschenden kommen aufgrund dieser Ergebnise zu dem Schluss, dass sich die Lichtverschmutzung des Nachthimmels durch den vermehrten Einsatz von LEDs leider nicht verringert habe. Es habe sich aber gezeigt, dass ein Projekt mit Beteiligung von Bürgern wie "Globe at Night" die traditionelle Forschung auf der Basis von Satellitendaten sehr gut ergänzen könne. Das Projekt wird fortgesetzt. Die Forschenden hoffen, mit noch größerer Teilnehmerzahl die am weltumspannenden Nachthimmel vorhandenen Beobachtungslücken schließen zu können.
Lichtverschmutzung hat dramatische Auswirkungen auf die Flora und Fauna
Für Tiere ist das nächtliche Licht oft sogar eine tödliche Gefahr. Milliarden Insekten sterben an Lampen, Vögel fliegen große Umwege, um die Lichtglocke einer Stadt zu meiden, Fledermäuse verlieren die Orientierung und auch in Seen leiden die Fische.
Unsere Städte leuchten inzwischen zum Teil viertausendmal heller als das natürliche Nachtlicht. Da die Lichtverschmutzung die Ökosysteme beeinflusst, fordern Wissenschaftler*innen weltweit, klüger und verantwortungsvoller mit Licht umzugehen.