Medizin

Bei der Corona-Warn-App nicht den Datenschutz aufweichen!

Stand
Autor/in
Franziska Ehrenfeld
Onlinefassung
Ralf Kölbel

100 Tage nach der Einführung der Corona-Warn-App feiert sie die Bundesregierung als „große Erfolgsgeschichte“. Deutsche Amtsärzt*innen sehen das anders. Ein Kommentar von Franziska Ehrenfeld:


Die Kritik der Amtsärzt*innen: Die App sei keine deutliche Hilfe, weil die Warnhinweise nicht direkt an die Gesundheitsämter weitergeleitet werden. In der alltäglichen Arbeit spiele die App so gut wie keine Rolle.

Datenschutz verhindert direkte Meldung an Gesundheitsämter

Die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes Ute Teichert bemängelt, dass Daten der Corona-App nicht automatisch an die Gesundheitsämter geleitet werden. Private Gesundheitsdaten, auf die nur der oder die App-Nutzerin Zugriff hat. Also zum Beispiel, wenn jemand erfährt, dass er einem Risiko-Kontakt ausgesetzt war. Die Empfehlung lautet dann: in häusliche Quarantäne begeben und das Gesundheitsamt verständigen. Verpflichtend ist das nicht.

Und genau dafür haben Datenschützer doch lange eingesetzt! Zum Schutz der Gesundheitsdaten einerseits natürlich – und andererseits, weil so die Akzeptanz der App steigen sollte. Wie man an den aktuellen Downloadzahlen von über 18 Millionen sieht, hat das ja ganz gut geklappt.

Es mangelt an Aufklärung

Wer wie die Bundesregierung möchte, dass sich noch mehr Menschen die Corona-Warn-App installieren, sollte jetzt nicht am Datenschutz herumspielen. Auch eine freiwillige, manuelle Einstellung, mit der die Daten direkt ans Amt übermittelt werden könnten, braucht es nicht. Wer einen Warnhinweis bekommen hat und den melden möchte, kann das ja freiwillig tun.

Hier müsste einfach mehr aufgeklärt werden. Warum ist es wichtig, sich mit dem Amt in Kontakt zu setzen?

Damit über das weitere Vorgehen – je nach Risiko – beraten werden kann. Damit gegebenenfalls auf Covid-19 getestet wird und weitere Infektionsketten nachvollzogen werden können.

Die Immunität nach einer Corona-Infektion lässt sich nur schwer nachweisen.
Die Corona-Warn-App kann nur dann gut funktionieren, wenn sie von möglichst vielen Menschen genutzt wird.

App läuft nicht auf älteren Geräten

Aber: Die App schon jetzt als großartigen Erfolg zu loben, ist tatsächlich ganz schön gewagt. Auf vielen älteren Geräten läuft sie nicht. Und ja: Über 18 Millionen Menschen haben die App heruntergeladen. Aber seit einem Monat sind es nur noch eine Million mehr geworden. Wie viele Menschen die App in der Zeit gelöscht haben oder nicht mehr aktiv nutzen – Das weiß man nicht.

Corona-Warn-App kann keine Wunder vollbringen

Selbst wenn 20 Prozent der Bevölkerung sie haben sollten, dann liegt die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einer Begegnung beide Personen haben, bei nur vier Prozent. Und im Moment ist das Infektionsgeschehen so gering, dass die Corona-Warn-App gar keine Wunder vollbringen kann!

Aber im Herbst und Winter könnte sich das natürlich ändern. Wenn es quasi überall niest und hustet, fliegen nicht nur Erkältungserreger sondern auch neuartige Coronaviren durch die Gegend. Schlechte Lüftung könnte ein Übriges tun und dafür sorgen, dass sich wieder mehr Menschen anstecken.

Sollte das Infektionsgeschehen zunehmen, dann kann die App natürlich besser helfen! Und zwar umso besser, je mehr Menschen sie installiert haben und verantwortungsvoll nutzen. Freiwillig.

Die Immunität nach einer Corona-Infektion lässt sich nur schwer nachweisen.
Damit die Corona-Warn-App wirklich einen Nutzen bringt, braucht sie ausreichend Nutzer*innen. Diese müssten etwaige Warnungen auch Ernst nehmen und an das zuständige Gesundheitsamt weitergeben.
Stand
Autor/in
Franziska Ehrenfeld
Onlinefassung
Ralf Kölbel