Wer genau hinschaut, der kann erkennen, dass in der kenianischen Steppe nicht alles wie immer ist. Eifrig krabbeln Sechs-Beiner über Pflanzen und Bäume, die nicht immer da waren: Dickkopf-Ameisen (Pheidole megacephala).
Diese Ameise ist eine invasive Art. Jetzt verdrängen die Dickkopf-Ameisen die heimische Ameisenart - die Akazienameise - und verändern das Ökosystem. Das geht aus einer Studie der University of Wyoming hervor, die in der Fachzeitschrift Science erschienen ist.
Ökologischer Dominoeffekt: Invasive Ameisenart beeinflusst Löwen indirekt
Eigentlich bevölkern Crematogaster-Ameisen (Crematogaster) die Akazienbäume in Kenia. Die Bäume bieten den Ameisen Nahrung und Unterschlupf, und die Ameisen schützen die Bäume mit ihrem schmerzhaften Biss vor grasenden Elefanten. Daher haben Elefanten bislang Akazienbäume eher gemieden.
Die invasiven Dickkopf-Ameisen unterbrechen nun die jahrhundertealte Partnerschaft zwischen Crematogaster-Ameisen und Akazien. Anders als die Crematogaster-Ameisen sind die Dickkopf-Ameisen wohl weniger beißfreudig. Das hat zur Folge: Die ungeschützten Akazienbäume werden nun von Elefanten abgegrast.
Das verändert die Savanne drastisch - der Baumbestand geht zurück. Das erschwert den Löwen die Nahrungsbeschaffung. Denn Zebras haben jetzt eine bessere Übersicht über weite Flächen und können schneller fliehen, wenn sich ein Fressfeind nähert.
Das Forschungsteam beobachtete einen Rückgang der Bäume um fast das Dreifache im Vergleich zu Gebieten, in denen die Dickkopf-Ameise nicht verbreitet ist.
Was das für die kenianischen Löwen bedeutet und wie es sich langfristig auf deren Population auswirken wird, bleibt abzuwarten. Bisher habe die Löwenpopulation nicht gravierend abgenommen, weil sie jetzt Büffel jagen. Welche Folgen diese veränderte Jagdstrategie der Löwen haben wird, ist unklar.
Kenia: Unscheinbare Ameise hat bedeutenden Einfluss
Durch die invasive Verbreitung der Dickkopf-Ameise wird deutlich, wie entscheidend der Einfluss auch einer eher unscheinbaren Spezies ist. Dabei ist es gar nicht so leicht für Forschende, eine solche systemweite Veränderung auf ein einzelnes Glied in der Nahrungskette zurückzuführen.
Eine Möglichkeit ist, die Einführung einer neuen Spezies zu simulieren und zu beobachten, wie sich das auf die Umwelt auswirkt.
Auf diese Weise erkannten Forschende bereits gestiegene Biber- und Vogelbestände nach der Wiedereinführung von Wölfen im Yellowstone Nationalpark. Weil der Wildbestand durch die Wölfe reguliert wurde, konnten sich andere Artbestände wieder stabilisieren. Neue Arten haben also nicht zwingend einen schlechten Einfluss auf das Ökosystem.