Ein Löwe liegt auf einem Baum in Kenia. Werden die Raubtiere durch die invasive Art langfristig abnehmen? Symbolbild.

Ökosystem in Kenia

Invasive Ameisen zwingen Löwen zur Änderung ihrer Jagdstrategie

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Autor/in
Justin Schmidt
Onlinefassung
Lena Schmidt

Ein Winzling zeigt große Wirkung: Die invasive Dickkopf-Ameise befällt in Kenia Akazienbäume - und bringt damit indirekt die bisherige Nahrungskette durcheinander. Löwen müssen auf ihre Lieblingsbeute - Zebras - verzichten und andere Tiere jagen.

Ameise der Gattung "Pheidole". Da sie in der Savanne Kenias eigentlich nicht heimisch ist, gilt sie hier als invasive Art. Symbolfoto.
Die invasive Art der Gattung Pheidole (Dickkopf-Ameise) sorgte indirekt daür, dass die Löwen in Kenia ihr Jagdverhalten anpassen mussten.

Wer genau hinschaut, der kann erkennen, dass in der kenianischen Steppe nicht alles wie immer ist. Eifrig krabbeln Sechs-Beiner über Pflanzen und Bäume, die nicht immer da waren: Dickkopf-Ameisen (Pheidole megacephala).

Diese Ameise ist eine invasive Art. Jetzt verdrängen die Dickkopf-Ameisen die heimische Ameisenart - die Akazienameise - und verändern das Ökosystem. Das geht aus einer Studie der University of Wyoming hervor, die in der Fachzeitschrift Science erschienen ist.

Das Bild zeigt die Savanne im Serengeti Nationalpark, Kenia. Hier breitet sich eine Ameise aus, die die Löwen indirekt bedroht. Symbolbild.
Die Savannenlandschaft in Kenia verändert sich durch die Verbreitung der invasiven Dickkopf-Ameise.

Ökologischer Dominoeffekt: Invasive Ameisenart beeinflusst Löwen indirekt

Eigentlich bevölkern Crematogaster-Ameisen (Crematogaster) die Akazienbäume in Kenia. Die Bäume bieten den Ameisen Nahrung und Unterschlupf, und die Ameisen schützen die Bäume mit ihrem schmerzhaften Biss vor grasenden Elefanten. Daher haben Elefanten bislang Akazienbäume eher gemieden.

Flötenakazien leben normalerweise in Symbiose mit Crematogaster-Ameisen. Die invasive Art der Dickkopfameisen stört die Jagd der Löwen in Kenia.
Flötenakazien leben normalerweise in Symbiose mit Crematogaster-Ameisen. Mit ihren Bissen schützen die Ameisen die Bäume davor, von Elefanten gefressen zu werden. Ihren deutschen Namen ekam die Pflanze wegen der Flötentöne, die erzeugt werden, wenn der Wind durch die Löcher der Dornenhohlkörper pfeift, die Ameisen hineingebohrt haben, um sich Wohnraum zu schaffen.

Die invasiven Dickkopf-Ameisen unterbrechen nun die jahrhundertealte Partnerschaft zwischen Crematogaster-Ameisen und Akazien. Anders als die Crematogaster-Ameisen sind die Dickkopf-Ameisen wohl weniger beißfreudig. Das hat zur Folge: Die ungeschützten Akazienbäume werden nun von Elefanten abgegrast.

Das verändert die Savanne drastisch - der Baumbestand geht zurück. Das erschwert den Löwen die Nahrungsbeschaffung. Denn Zebras haben jetzt eine bessere Übersicht über weite Flächen und können schneller fliehen, wenn sich ein Fressfeind nähert.

Das Bild zeigt zwei Löwen auf dem Ast eines Baumes in Kenia. Durch die invasive Dickkopf-Ameise sind sie bedroht. Symbolbild.
Die Löwen in Kenia mussten wegen der Ansiedlung der invasiven Dickkopf-Ameise ihr Jagdverhalten ändern.

Das Forschungsteam beobachtete einen Rückgang der Bäume um fast das Dreifache im Vergleich zu Gebieten, in denen die Dickkopf-Ameise nicht verbreitet ist.

Was das für die kenianischen Löwen bedeutet und wie es sich langfristig auf deren Population auswirken wird, bleibt abzuwarten. Bisher habe die Löwenpopulation nicht gravierend abgenommen, weil sie jetzt Büffel jagen. Welche Folgen diese veränderte Jagdstrategie der Löwen haben wird, ist unklar.

Kenia: Unscheinbare Ameise hat bedeutenden Einfluss

Durch die invasive Verbreitung der Dickkopf-Ameise wird deutlich, wie entscheidend der Einfluss auch einer eher unscheinbaren Spezies ist. Dabei ist es gar nicht so leicht für Forschende, eine solche systemweite Veränderung auf ein einzelnes Glied in der Nahrungskette zurückzuführen.

Eine Möglichkeit ist, die Einführung einer neuen Spezies zu simulieren und zu beobachten, wie sich das auf die Umwelt auswirkt.

Auf diese Weise erkannten Forschende bereits gestiegene Biber- und Vogelbestände nach der Wiedereinführung von Wölfen im Yellowstone Nationalpark. Weil der Wildbestand durch die Wölfe reguliert wurde, konnten sich andere Artbestände wieder stabilisieren. Neue Arten haben also nicht zwingend einen schlechten Einfluss auf das Ökosystem.

Zebras im Nationalpark in Tansania. Sie sind eigentlich die Beutetiere von Löwen. Durch die invasive Dickkopf-Ameise schwenken die Raubtiere nun um auf andere Beutetiere. Symbolbild.
Können durch die Dickkopf-Ameise nun besser vor Löwen fliehen: Zebras. Das bringt die bisherige Nahrungskette durcheinander.

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