Es war eine technische Sensation: Am 19. April 2021 hob zum ersten Mal ein Luftfahrzeug auf dem Mars ab. Ein kleiner Helikopter, 1,8 Kilogramm leicht, würfelförmig, auf vier dünnen Metallbeinen und mit zwei übereinander montierten, ungewöhnlich langen Rotoren.
Prophezeit wurde dem kleinen Helikopter eine technische Lebensdauer von 30 Tagen, was für fünf Testflüge ausreichen sollte. Doch aus den 30 Tagen Testdauer wurden schließlich fast drei Jahre ernsthafter Flugbetrieb auf dem Mars und aus den vorgesehenen fünf Flügen ganze 72 Starts.
Bei der 72. Landung von Ingenuity kam es nun zu Problemen, die das Aus für den Sensationsflieger bedeuten. Auf einer Pressekonferenz der NASA erzählten die Forschenden mit Trauer, aber auch mit Stolz von den jüngsten Ereignissen. Schließlich hat die Maschine jegliche Erwartungen weit übertroffen.
Mars-Helikopter "Ingenuity" schreibt Geschichte
Ingenuity landete nicht optimal auf der Marsoberfläche
Vor seiner letzten Landung war Ingenuity über einer besonders sandigen Fläche unterwegs, ohne auffällige Steine oder Felsen. Das klingt zunächst gut, denn Steine und Felsen sind auch Gefahrenquellen für einen Marsflieger. Andererseits fehlen damit aber auch Orientierungsmarken. Und Ingenuitys Navi-Software nutzt markante Steine als Landmarken, um der Maschine Orientierung zu verschaffen.
Ohne prägnante Landmarken gelang es der Navigationssoftware des Helikopters beim Landevorgang nach dem 72. Flug wohl nicht, klar zu erkennen, ob sich die Maschine am richtigen Ort befindet. So flog der Heli möglicherweise kurz vor der Landung eine derart abrupte Seitwärtsbewegung, dass er schräg in der Luft lag, ein Rotor die Marsoberfläche berührte und abbrach.
Auch wenn der zweite Rotor noch immer intakt ist, sinken damit die Chancen für weitere Flüge von Ingenuity auf Null. Das liegt daran, dass Marsluft 1000-fach dünner ist als Erdluft. Die Helikopter-Rotoren müssen deshalb beide über 2500 mal pro Minute drehen, damit ausreichend Auftrieb entsteht.
Helikopter erkundet den Mars aus der Luft
Der kleine Ingenuity war die vergangenen Jahre als fliegender Scout für den PKW-großen Marsrover Perseverance unterwegs. Die Vorerkundung aus der Luft ermöglichte es, die Fahrroute des Rovers am Boden leichter planen zu können.
Für die Forschenden war das ein Luxus, mit dem sie nicht gerechnet hatten. Denn im Zentrum von Ingenuitys Elektronik sitzt lediglich ein handelsüblicher Smartphoneprozessor. Der hätte bei bis zu minus 90 Grad Kälte und starker kosmischer Strahlung auf der Marsoberfläche eigentlich nur 30 Tage durchhalten sollen.
Doch der Chip funktioniert bis heute. In den kommenden Tagen wird er noch letzte Betriebsdaten des Mars-Helikopters zur Erde schicken. Anschließend wird der Rover jedoch weiterfahren und Ingenuity aus dem Blick verlieren. Da der Rover als Funk-Relaisstation für den Helikopter dient, wird damit für den Helikopter die Funkverbindung zur Erde abreißen.
Die NASA arbeitet bereits an der nächsten Generation von Mars-Helikoptern. Wegen des geringen Auftriebs in der dünnen Marsluft werden sie allerdings nie so leistungsfähig sein können, wie Helikopter auf der Erde. Trotzdem werden sie die Erkundung des Mars enorm beschleunigen – und möglicherweise eines Tages auch aus vielen Metern Höhe über der Marsoberfläche filmen, wie erste Menschen den Mars betreten.